Im Handumdrehen lässt sich ein Paradies nicht kaputt machen. Die Küsten der Baleareninseln sind aus ökologischen Gesichtspunkten noch immer die am besten erhaltenen in ganz Spanien. Trotz des Massentourismus, der sich an den Stränden ballt. 66 Prozent der 1055 Kilometer Küste der Balearen sind mehr oder weniger stark unter Naturschutz gestellt. Doch längst hat die heile Welt Risse bekommen. Und wenn die touristische Entwicklung mit allen Begleiterscheinungen so weiter geht wie bisher, dann wird die Bilanz in einigen Jahren anders aussehen. Dieses Resümee zogen Mitarbeiter der Umweltstiftung World Wide Fund For Natur (WWF) am Dienstag im Rahmen der Kampagne „A fondo” (vor Anker).
Einen Monat lang segelt die Umweltschutzgruppe mit ihrem Schiff „Galeon I” durch spanische Gewässer. Von Benidorm ging die Reise, gesponsert von der Caja de Ahorros del Mediterráneo, über Valencia und Benicàssim nach Mallorca. An diesem Wochenende wird das Panda-Team in Sant Antoni de Portmany auf Ibiza, der letzten Station, anlanden. Die Menschen auf ihrem Weg über die Umweltprobleme an der Küste zu informieren, ist Ziel der Kampagne. Dazu wird an den Stränden ein Zelt mit Ausstellung und Filmvorführung aufgebaut. Außerdem können die Strandgänger, wie am Dienstag und Mittwoch in Calvià, mit den Naturschützern im Schlauchboot zum Schnorcheln fahren, auf der Suche nach einem ökologischen Schatz, der allenthalben bedroht wird: das Seegras Posidonia, das nicht nur Lebensraum für kleine Tiere und damit Brutstätte für künftige Fischgründe ist, sondern auch maßgeblich an der Erhaltung der Sandstrände beteiligt ist.
Calvià ist ein gutes Beispiel für den Reichtum der Natur auf den Balearen einerseits, für die fortschreitende Zerstörung und die irreversiblen Schäden, die die Küsten bereits erlitten haben, andererseits. Auf dem Meeresgrund vor der Küste zwischen Palmanova und Peguera befindet sich laut WWF eines der größten Posidoniavorkommen der Balearen, es ist aber auch eine der Regionen mit dem größten Siedlungsdruck – eine Folge des „turismo residente”, des Tourismus der Zweitresidenten, der auf Mallorca einen ungeheuren Boom erlebt und bereits weite Landschaftsstriche verbaut hat.
Feind der nützlichen Seegraswiesen seien vor allem das unkontrollierte Ankern in den Buchten, die Wasserverschmutzung und die Sandentnahme vom Meeresgrund zur künstlichen Strandaufschüttung. Neus Pacheco, die Stellvertretende Bürgermeisterin von Calvià, sagte in der Pressekonferenz zur Kampagne, die Gemeinde werde im kommenden Jahr das Ankern reglementieren und kontrollieren. Wie das geschehen soll, werde im Rahmen eines Gesamtkonzepts für eine bessere Umweltverträglichkeit derzeit ausgearbeitet.
Calvià sei im Vergleich zu anderen spanischen und balearischen Gemeinden Vorreiter in Sachen Umweltschutz, bekräftigte WWF-Pressesprecher Jesús Cobo Anula. Das Interesse der Balearen-Regierung an der WWF-Aktion könnte nach seinen Vorstellungen größer sein.
Neben den Booten würden die Meeresgründe, nicht nur in Calvià, sondern um die ganzen Baleareninseln und entlang der spanischen Costa Brava, auch von Tauchern „heimgesucht”. Vor allem auf Mallorca gibt es eine Vielzahl von Tauchzentren. Viele Tauchbasen gehören Deutschen, sie werden von Europäern besucht, die speziell zum Tauchen auf Mallorca Urlaub machen. In der Hochsaison herrsche an einigen Plätzen unter Wasser regelrechter Hochbetrieb. Die Forderung der Naturschützer: Um Schäden in sensiblen und ökologisch wertvollen Gebieten zu verhindern, sollte der Wassersportbetrieb dort kontrolliert werden.
Mit dem terrestrischen und maritimen Nationalpark von Cabrera, der einzigartig in ganz Spanien ist und dessen „Konservierungszustand” außergewöhnlich sei, sowie mit dem Naturpark Insel Dragonera, dem Naturschutzgebiet Cala Mondragó und dem Feuchtgebiet S'Albufera verfüge Mallorca über wichtige Schutzgebiete.
Zum Schutz der Umwelt, aber auch zur Sicherung der Fischerei und des Tourismus plädiert WWF unter anderem für die Ausweitung der Schutzgebiete an den Küsten, und auch für die Schaffung eines Netzes von Meeresschutzgebieten. Außerdem müsste stärker darauf gedrängt werden, die bestehenden Gesetze einzuhalten.
Ein WWF-Sprecher gab auch Tipps, was der einzelne Urlauber für den Umweltschutz tun kann: respektvoll mit der Fauna und Flora umgehen, den Müll trennen und Wasser sparen.