Auch nach dem schnellen Rücktritt des Chefs des balearischen Fremdenverkehrsamtes Ibatur, Juan Carlós Alía, der einen Nachtclub-Besuch anlässlich einer Promotion-Reise nach Moskau auf Spesen abgerechnet hatte (siehe MM 28/2004), kommt die Politik auf den Balearen nicht zur Ruhe. Die nach dem Namen des Etablissements mittlerweile „Fall Rasputin” genannte Affäre war vor allem ein gefundenes Fressen für Komiker und Karikaturisten. Auch der Mann auf der Straße hatte über Tage ein Thema: Was alle ohnehin wussten, wurde erstmals offiziell bestätigt: Man geht in den Puff. Wie auch die MM-Umfrage auf der folgenden Seite zeigt, konzentriert sich die Kritik auf die Dummheit, die Rasputin-Rechnungen eingereicht zu haben.
Die PSOE-Opposition im balearischen Landtag und die ihr nahestehende Tageszeitung, die den Fall gemeinsam an die Öffentlichkeit gebracht hatten, sehen das freilich ganz anders. Der Parlamentsabgeordnete Antoni Diéguez fordert nach wie vor den Rücktritt von Tourismusminister Joan Flaquer, weil er ihn verdächtigt, im Rasputin mit von der Partie gewesen zu sein. Auch Calviás Bürgermeister Carlos Delgado hat er im Visier. Alía weigert sich, die Namen seiner sechs Begleiter bekanntzugeben.
Ein Beobachter: „Nichts ärgert diese Leute mehr, als die Tatsache, dass Alía als Verantwortlicher für die Abrechnung schon nach wenigen Stunden die Konsequenzen gezogen hat und sie eigentlich nicht mehr in der Hand haben als kaum verbrämte moralische Anschuldigungen.”
Die Vorwürfe werden sich in Zukunft häufen. Auf beiden Seiten: Eine konservative Tageszeitung beschäftigt sich bereits intensiv mit den Spesenabrechnungen der Ex-Bürgermeisterin von Calvià, Margarita Nájera, die auf verschiedenen Reisen, darunter auch solche privater Natur, mit der Visa-Karte der Gemeinde Restaurantbesuche und Geschenkartikel im Wert von insgesamt mehreren Tausend Euro bezahlt hat. Es wäre keine Überraschung, wenn die jetzige Regierung die Spesen des PSOE-Tourismusministers Celestí Alomar (1999-2003) unter die Lupe nähme.
Touristiker auf den Balearen und im Ausland interessiert unterdessen am meisten, wer Nachfolger des in seiner Arbeit erfolgreichen Alía als Ibatur-Direktor wird. Aus dem Ministerium verlautet, dass die Suche noch dauern wird. Erst im August ist mit einer Nominierung zu rechnen.