Frauen leiden anders – Männer auch. Bei Flugangst ist das nicht anders. Und da man „Mallorca nur auf zwei Wegen, per Schiff oder Flieger” erreichen kann, sagt Marc-Roman Trautmann, ist das Thema hier auf der Insel – bei beiden Geschlechtern – immer aktuell. Deshalb hat der Leiter des Deutschen Flugangstzentrums mit Hauptsitz Düsseldorf Airport, vor rund einem Jahr einen zweiten Standort auf Mallorca eingerichtet.
Neben Seminaren und Therapien bietet der Diplom-Psychologe am Flughafen Son Sant Joan auch kundenzentrierte „Fluggastberatungen” an: „Gerade nach Unglücken wie in Madrid oder New York haben Passagiere oft spezifische Fragen zu Flugsicherheit oder zu ihrer Airline, die dann individuell und vor Ort beantwortet werden.”
Das Phänomen „Flugangst” ist erstaunlich weit verbreitet. Und: Jeder Fall ist anders. Studien zeigen, so Experte Trautmann, dass sich jeder dritte Passagier unwohl fühlt, jeder Fünfte beschreibt sein Erleben an Bord sogar mit „Angst”. Nur sieben Prozent der Betroffenen, so das Ergebnis einer Analyse seines Zentrums, seien „Erstflieger”. Und lediglich 17 Prozent führen ihre Angst auf selbst erlebte oder beschriebene schlechte Erfahrungen zurück. Die meisten können sich ihre Angst nicht erklären – und das ist auch nicht verwunderlich: Flugangst ist ein irrationales Geschehen. „Bei vielen ist sie Teil einer generalisierten Angst- störung”, so der Diplom-Psychologe.
Angstsymptome, die ganz verschiedene Ursachen haben können – privater oder beruflicher Druck, Burnout – äußern sich massiv im Flugzeug und werden dann für „Flugangst” gehalten. In Wirklichkeit können ganz andere Hintergründe eine Rolle spielen. Besonders viele Manager finden sich unter den „Flugangst”-Klienten, sicher auch deshalb, weil sie Vielflieger sind: Die Chance, dass sie die Angst gerade „da oben” packt, ist eben verhältnismäßig hoch.
Auch wenn Männer und Frauen gleichermaßen unter Flugangst leiden, so Trautmanns Beobachtung: „Sie gehen unterschiedlich damit um.” Frauen, so hat er festgestellt, gestehen sich ihre Angst früher ein: „Rund 85 Prozent der Männer warten bis fünf Jahre oder länger, bis sie sich helfen lassen.” Während Frauen sich viermal so oft um „menschliches Versagen” sorgen und vor allem die Angst vor „Absturz” und „Ausgeliefertsein” nennen, haben dreimal soviel Männer Angst vor „unbekannten Geräuschen”, obwohl sie deutlich öfter als Frauen auf die Technik vertrauen. Interessantes Detail: „Führend bei Männern ist die Angst vor der Angst”, hat der Psychologe erfahren. „Männer finden zwar auch die körperlichen Signale belastend, möchten aber vor allem nicht auffallen.” Als übereinstimmende Symptome nennen beide Geschlechter „Unwohlsein und Herzrasen”. Während die Panik den Frauen eher auf den Magen schlägt, neigen Männer zu Muskelverspannungen.
Der angespannte Versuch, der Angst möglichst rasch Herr zu werden, offenbart sich auch in der Selbsteinschätzung: Auf der Skala von 1 (= kaum wahrnehmbar) bis 10 (= überaus stark) gaben rund 85 Prozent der befragten Frauen einen Angstwert von mehr als 6 an – bei den Männern waren es knapp 59 Prozent. „Männer spielen die Belastung eher herunter”, so der Experte. „Das hat nichts mit Vertuschen zu tun. Sie möchten, meist unbewusst, zeigen, dass sie leidensfähig sind.” Sein Rat an das „starke Geschlecht”, um unnötiges Leiden zu vermeiden: „Mut zur Schwäche.”