Auch eine knappe Woche nach dem Anschlag von Palmanova sind gesicherte Erkenntnisse rar. Die Ermittlungen der Polizei verlaufen unter strenger Geheimhaltung. Jedoch kristallisiert sich laut Medienberichten ein Tathergang als wahrscheinlich heraus.
Wie es aussieht, kamen die Terroristen schon vor Wochen auf die Insel, möglicherweise getarnt als ganz normale Touristen. Vermutlich spionierten sie dann verschiedene Polizeiwachen aus und entschieden sich wegen der geringen Sicherheitsvorkehrungen dort für Palmanova. Offenbar besorgten sie sich dann auf der Insel das Material, das sie für den Bau der Bomben brauchten.
Vermutlich brachten die Attentäter die Sprengsätze in der Nacht zum Donnerstag an den beiden Fahrzeugen an – der riskanteste Moment für sie, mussten sie sich doch unbemerkt an den direkt vor den Polizeieinrichtungen parkenden Fahrzeugen zu schaffen machen.
Mittlerweile gilt es als sicher, dass sie die Bombe nicht per Fernsteuerung zur Explosion brachten, sondern dass sie einen Zeitzünder eingebaut hatten. Dieser sorgte dafür, dass der Sprengsatz zu einer bestimmten Zeit aktiviert wurde. Von dem Moment an konnte ihn jede Erschütterung zur Explosion bringen. Das geschah dann wohl, als die beiden Polizisten um kurz vor 14 Uhr in der Calle Na Boira von Palmanova in den Wagen stiegen.
Die zweite Bombe explodierte nicht, weil der Streifenwagen, an dem sie angebracht war, seit Wochen nicht mehr benutzt wurde. Diese zweite Bombe wurde am Tag des Attentas vor der alten Guardia-Civil-Wache in Palmanova kontrolliert gesprengt, nachdem sie nicht entschärft werden konnte.
Die Vermutung, dass ein Zeitmechanismus zum Einsatz kam, spricht dafür, dass sich die Attentäter noch vor der Explosion absetzen konnten und nun schon nicht mehr auf der Insel sind.
Dennoch setzten die Sicherheitskräfte unmittelbar nach dem Anschlag die größte Fahndungsaktion in der Geschichte Mallorcas in Gang. Zeitweise waren 1600 Polizisten im Einsatz. Unmittelbar nach der Explosion wurden auf den Straßen Kontrollpunkte eingerichtet. Mit Gewehr im Anschlag begutachteten die Sicherheitskräfte jedes Fahrzeug. Der Verkehr kam vorübergehend zum Erliegen. Der Flughafen und die Häfen waren stundenlang gesperrt, Mallorca faktisch abgeriegelt. Die „Operación Jaula” („Operation Käfig”) kam in Gang. Die Pläne für einen solchen Notfall-Großeinsatz lagen offenbar schon lange fertig in den Schubladen.
Unmittelbar nach Bekanntwerden des Bom-benattentats machten sich obendrein Terrorexperten aus Madrid auf den Weg nach Mallorca. „Nach dem Anschlag haben die Attentäter die Insel ganz bestimmt nicht mehr verlassen”, sagte Spaniens Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba am Montag in einem Radiointerview. Bereits am Freitag hatte das Innenministerium die Fotos von sechs vermeintlichen ETA-Terroristen veröffentlicht, die im Zusammenhang mit den jüngsten Anschlägen in Burgos und Palmanova stehen könnten. Tatsächlich meldeten sich Zeugen, die eine der abgebildeten Frauen in der Nähe des Tatorts gesehen haben wollen. Es gibt auch Berichte über einen dunkelfarbigen Volkswagen, der nach der Explosion mit hoher Geschwindigkeit durch Palmanova gerast sein soll.
Völlig ausgeschlossen ist es mithin nicht, dass sich die Attentäter noch auf der Insel aufhalten und hier über eine gewisse Infrastruktur verfügen. Darum ist die Polizei vor allem bemüht, den Aufenthaltsort ausfindig zu machen, an dem die Attentäter die Tage vor dem Anschlag verbrachten. Laut Medienberichten ist es möglich, dass die ETA auf Mallorca über zumindest eine Tarnwohnung verfügt und auf die Hilfe von zumindest einer Kontaktperson zählen kann.