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„Die Mamis und die Babys“

Ellen und Alice Kessler sind auf Mallorca Ehrengäste des „Lido“ aus Paris

Sie posieren zusammen, als seien sie ein jahrelang eingespieltes Team. Alice und Ellen Kessler und die "Bluebell-Girls", die berühmte Ballettgruppe des "Lido". Weibliche Eleganz pur. "Die Mamis und die Babys" scherzt Ellen Kessler keck und wirft fürs Gruppenfoto im Garten des Hotel Blau Porto Petro graziös den Arm nach oben, "das Lido verbindet einfach, man bleibt eine einzige, große Familie".

33 Jahre ist es her, dass sie und ihre Schwester auch "Bluebell-Girls" waren - und die Stars des Pariser Cabarets. Für wenige Tage sind die aktuelle erste Garde des Bühnenspektakels und die mittlerweile 73-jährigen berühmtesten "Bluebell-Girls" wieder vereint, wohnen gemeinsam in dem Hotel an der Ostküste: Die Kessler-Zwillinge, die seit Jahren im Münchner Stadtteil Grünwald zu Hause sind, sind zu den ersten Galavorstellungen des "Lido" auf spanischem Boden angereist, die am 18. und 19. Juni im "Son Amar" in Palma gegeben werden.

"Das 'Lido' war ganz klar das Sprungbrett für unsere internationale Karriere", erinnern sich die beiden. 1954 entdeckte sie Pierre Luis Guerin, der damalige Direktor der Show, bei einem Auftritt im Düsseldorfer Revuetheater "Palladium", holte sie nach Paris. Bis 1958 tanzten sie im "Lido", setzten dann ein Jahr aus, um Filme zu drehen, kamen wieder, "sie wollten uns unbedingt zurück haben", erinnert sich Alice lachend. 1960 kam das Lido-Publikum dann das erste Mal nicht nur in den Genuss, die langen Beine der Schwestern wirbeln zu sehen, sondern sie auch singen zu hören - 1959 hatten sie ihre erste Schallplatte herausgebracht. Als sie davon erzählt, fängt Ellen beschwingt an, die Melodie ihres ersten "Lido"-Songs vor sich hin zu summen.

Die "Lido"-Zeit hat sich tief im Herzen der Zwillinge eingebrannt: Erst 18 Monate im Westen, sei die glitzernde Revuewelt in Paris für die gebürtigen Sächsinnen "wie für Armstrong die Mondlandung" gewesen.

Und die kosteten sie bis ins Letzte aus: "Nach den Vorstellungen gingen wir oft noch ins 'Pigalle' oder ins 'Carrousel', wo Transvestiten auftraten. Aber egal, wo wir gewesen waren - am nächsten Morgen wusste es schon 'Miss Bluebell'. Sie hatte überall ihre Spitzel."

Die beiden lachen, als sie sich an Margaret Kelly erinnern, die "Mutter aller 'Bluebells'", die das berühmte Tänzerinnenensemble einst ins Leben gerufen hatte. In diesem Jahr wäre sie 100 Jahre alt geworden - ihr ist der erste Galaabend auf Mallorca gewidmet. "Sie war sehr streng - das fanden wir damals natürlich nicht gut", sagt Ellen und Alice ergänzt, "heute sehen wir das natürlich anders. Bei der Verantwortung für 24 junge Dinger musste sie einfach durchgreifen."

Besonders hart seien die ersten Monate gewesen. "Die Franzosen haben uns Deutsche total abgelehnt. Die Garderobieren und das Bühnenpersonal zogen uns nicht an, weigerten sich, unsere Netzstrümpfe zu stopfen und unter den Tänzerinnen war Zickenkrieg, weil Margaret Kelly zwei Französinnen das Solo weggenommen und uns gegeben hatte." Erst nach einem Machtwort von Pierre Luis Guerin hätte sich die Lage beruhigt, die Liebe zum "Lido" fing an, zu wachsen.

Auch als sie schon längst in Italien lebten, Filme drehten oder ihre eigenen Fernsehshows machten, seien sie gerne wieder als Gäste in das Cabaret zurückgekehrt. Das letzte Mal vor fünf Jahren. Jetzt freuen sie sich auf die Mallorca-Vorstellung. Sie gesellen sich zu den jungen Tänzerinnen, tauschen sich aus, scherzen. Es ist nicht das erste Mal, dass sie auf Mallorca sind, eine Freundin lebt im Inselinneren. Leider, betonen die beiden - denn sie lieben "Gambas a la Plancha" im romantischen Fischerhafen und das Meer. Mit Pools dagegen können sie nur wenig anfangen: "Die sind auch schlecht für die Haut."

Die "Bluebell-Girls" werden zu den schönsten Frauen der Welt gezählt - und nicht zuletzt Alice und Ellen Kessler machen diesem Mythos alle Ehre. Aber sie scheinen auch auf sich zu achten, als müssten sie heute immer noch im "Lido" auf die Bühne steigen: Sie nippen am frisch gepressten Orangensaft, während sie von ihren 40-minütigen Aerobic-Workouts erzählen, die sie alle zwei Tage zu Instruktionen von einer Jane-Fonda-Kassette absolvieren. Das gestreckte Bein gehe heutzutage zwar nicht mehr ganz bis zum Ohr, sagt Ellen lachend und schwingt die ellenlangen Beine von einer Seite zur anderen, "aber fast!".

Es sind jene Beine, die 1960 - damals noch dickbestrumpft - als erste Frauenbeine überhaupt im italienischen Fernsehen das Blut der Männer in Wallung brachten. Beine, die auch heute noch das Kapital der Zwillinge sind: Erst im vergangenen Jahr tourten die beiden mit den "Swing-Legenden", demnächst werden sie wieder in einer italienischen TV-Show vor der Kamera stehen. "Wir müssen leider immer tanzen", sagt Alice Kessler scherzend, aber es schwingt auch viel Ernst mit in ihrer Stimme, "die Leute verbinden die Kessler-Zwillinge nunmal einfach mit Tanzen."

Doch bei der Galavorstellung des "Lido" im "Son Amar" werden sie die Show als Ehrengäste und Zuschauer genießen können. "Die Mädchen haben es heutzutage besser, nun gibt es Gewerkschaften, die dafür sorgen, dass man auch mal einen Tag frei hat. Bei uns war es noch ein Knochenjob: Zwei Vorführungen täglich - 365 Tage im Jahr."

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