Real Mallorca hat einen neuen Miteigentümer. Der 47 Jahre alte Unternehmer Utz Claassen ist neuer Anteilseigner und Mitglied im Verwaltungsrat. Der Kaufvertrag wurde am Dienstag in einem Notariat in Palma unterzeichnet. Berichten mallorquinischer Medien zufolge gehören ihm nun zehn Prozent der Anteile – die ihn vermutlich rund 200.000 Euro kosteten. Claassen dazu: „Kein Kommentar.” Damit ist dem Hauptanteilseigner, dem Mallorquiner und Ex-Trainer des FC Barcelona, Llorenç Serra Ferrer, ein wichtiger Schritt bei der Neuausrichtung des Klubs gelungen. Zuvor hatte er bereits den balearischen Ex-Tourismusminister Jaume Cladera, sowie die Familie des Tennis-Weltranglisten-Ersten Rafael Nadal zum Engagement beim Klub bewogen. Als Trainer holte er vor Saisonbeginn den ehemaligen dänischen Weltklassespieler Michael Laudrup.
Real Mallorca ist mit mehr als 50 Millionen Euro verschuldet und
befindet sich in einem Insolvenzverfahren. In den vergangenen
Jahren änderten sich die Besitzverhältnisse mehrfach. Wiederholt
meldeten auch ausländische Investoren Interesse an. Da sie allesamt
einen Rückzieher machten, wurde die Nachricht von Claasens
Anteilskauf auf der Insel zunächst mit Zurückhaltung
aufgenommen.
MM: Welche Beziehung haben Sie zu Mallorca,
Herr Claassen?
Utz Claassen: Wie die meisten guten Deutschen komme ich oft zum
Urlaubmachen auf die Insel. Das erste Mal war ich Ostern 1978 hier.
Damals war ich 14 und wir sind in einem Zweisternehotel an der
Playa de Palma abgestiegen. Seitdem habe ich fast alle Urlaubsorte
der Insel abgeklappert.
MM: Planen Sie, nun häufiger auf Mallorca zu
sein??
Claassen: Der Verwaltungsrat tagt einmal pro Woche. Ich will dort
meine Ideen und meinen Sachverstand einbringen. Deshalb will ich so
regelmäßig wie möglich an den Sitzungen teilnehmen. Ich überlege,
mir eine kleine Mietwohnung in Palma zu suchen.
MM: Werden Sie die Spiele des Klubs im Stadion
verfolgen?
Claassen: So oft es möglich ist. Wenn Sie Aktien eines
Autoherstellers kaufen, dann fahren Sie ja auch in aller Regel ein
Auto dieser Marke oder interessieren sich zumindest für die
Qualität der Fahrzeuge. Es liegt in der Natur der Sache, dass ich
mir die Mannschaft anschaue, so oft es mir möglich ist. Das habe
ich auch schon getan. Ich will im sportlichen Bereich des Klubs auf
dem Laufenden sein.
MM: Was sind Ihre Beweggründe für den Einstieg bei Real
Mallorca?
Claassen: Ich habe mich gefragt: Wo kann man etwas gestalten?
Früher, als die Ticketerlöse noch die Haupteinnahmequelle waren,
war die Größe des Einzugsgebietes eines Fußballklubs für den
langfristigen Erfolg entscheidend. Heute ist angesichts von
Globalisierung und einem weltweiten Netz an Flugverbindungen das
Marktumfeld viel entscheidender. Und da hat Mallorca eine
einzigartige Perspektive und gewaltiges Potenzial.
MM: Inwiefern?
Claassen: Außer London ist kein anderer Ort in Europa so gut
angebunden wie Mallorca. Die Insel hat jedes Jahr mehr Touristen
als London Einwohner. Die Entwicklung einer europäischen Marke ist
also nirgendwo so gut möglich wie hier. Dieses Potenzial, das in
dem Klub steckt, habe ich erkannt.
MM: Wie kam es zum Kontakt?
Claassen: Ich habe den Kontakt zum Klub aufgenommen. Vom ersten
Moment an bin ich positiv und nett aufgenommen worden. Es waren
keine Verhandlungen wie unter Geschäftsleuten, sondern wie unter
Freunden. Ich sehe hier eine große sportliche und wirtschaftliche
Chance.
MM: Lässt sich denn Geld verdienen mit einem
Fußballklub?
Claassen: Natürlich spielt die emotionale Komponente im Fußball
eine größere Rolle als in anderen Lebenslagen. Wer den Fußball
nicht liebt, sollte da nicht investieren. Ich investiere aber
nicht, um Geld zu verlieren.
MM: Der Klub steckt in finanziellen
Schwierigkeiten...?
Claassen: Eines muss klar sein: Man kann nicht mehr Geld ausgeben,
als man einnimmt. Diese Grundlinie verfolgen alle Mitglieder des
Verwaltungsrates. Ich will die Vorgänge der Vergangenheit nicht
bewerten, aber angesichts des Schuldenberges muss es
Fehlentwicklungen gegeben haben. Nur auf einer wirtschaftlich
robusten Basis ist auch sportlicher Erfolg dauerhaft möglich.
MM: Welches sind denn Ihre sportlichen Ziele?
Claassen: Langfristig, perspektivisch gesehen muss man sich
zutrauen wollen, die dritte Kraft in Spaniens Fußball neben dem FC
Barcelona und Real Madrid zu werden. Natürlich können wir nicht in
fünf Jahren die jahrzehntelange Erfolgsgeschichte dieser Klubs
aufholen. Real Madrid hatte schon vor 50 Jahren fünfmal den
Europapokal gewonnen. In Spanien hat Mallorca aber neben Madrid und
Barcelona grundsätzlich die besten Voraussetzungen, eine
interessante europäische Marke zu entwickeln.
MM: Wo bleibt die mallorquinische Identität des
Klubs?
Claassen: Ich sehe keinen Widerspruch. Die regionale Verankerung
und Tradition sowie der Mallorca-Bezug sollen ja nicht eliminiert
werden. Im Gegenteil: Wir wollen beides pflegen.
MM: Wie sehen Sie Ihre Rolle beim Klub?
Claassen: Der Klub hat ein tolles Aktionärsteam. Das sind allesamt
eindrucksvolle Menschen, die in ihrem Leben viel geleistet haben.
Ich sehe mich als Teil dieses Teams und beanspruche keine
Sonderrolle. Da ich jedoch der einzige Ausländer im Verwaltungsrat
bin, möchte ich mich besonders um die europäische Markt- und
Markenentwicklung kümmern. Ich denke, das wird auch von mir
erwartet.
MM: In den sportlichen Bereich werden Sie nicht
eingreifen?
Claassen: Das habe ich nicht vor. Michael Laudrup, Llorenç Serra
Ferrer und Miquel Àngel Nadal haben genügend Fußballsachverstand.
Die brauchen keinen Rat von mir, um Spieler zu verpflichten oder
die Mannschaft aufzustellen.