Mateu Isern will bei der Lokalwahl am 22. Mai neuer Bürgermeister von Palma werden; er ist der Kandidat der konservativen Volkspartei PP.
Mallorca Magazin: Welches ist Ihr Lieblingsort in Palma, Herr
Isern?
Mateu Isern: Die Altstadt. Man kann sich dort bis heute vorstellen,
wie die Stadt früher aussah. Das hat etwas Magisches.
MM: Es herrscht Konsens darüber, dass dieses Erbe bewahrt
werden muss?
Isern: Ja. Gesellschaft und politische Parteien sind für dieses
Thema sensibilisiert.
MM: Bei welchen anderen Themen in Palma gibt es
Konsens?
Isern: Ich glaube, dass sich alle Parteien darüber einig sind, dass
wir die Wirtschaft fördern und Arbeitsplätze schaffen müssen.
MM: In vielen wichtigen Fragen gibt es jedoch keinen Konsens.
Wäre es nicht dringend nötig, dass sich die Parteien bei den
wesentlichen Themen auf eine langfristige Strategie einigen, damit
nicht nach jeder Wahl alle Pläne wieder umgeworfen werden?
Isern: So sollte es sein. Das Problem ist, dass die Sozialisten auf
Mallorca nur mit einer ganzen Reihe von Kleinparteien regieren
können. Deren Interessen unter einen Hut zu kriegen, ist
unmöglich.
MM: Die sozialistische Bürgermeisterin Aina Calvo hat in der
laufenden Legislaturperiode eine Politik zur Förderung von
Nahverkehr, Fahrradfahrern und Fußgängern verfolgt. Welche
Verkehrspolitik werden Sie verfolgen?
Isern: Das war der große Fehler von Aina Calvo: Alle Anstrengungen
auf diesen Bereich gerichtet zu haben, wo doch das eigentliche
Problem die Arbeitslosigkeit war. Wir haben in Palma 50.000
Menschen ohne Arbeit. 17.000 Familien ohne jegliches Einkommen. Das
ist das Problem der Stadt. Nicht Fahrradwege oder
Fußgängerzonen.
MM: Werden Sie den Fahrradweg auf den Avenidas wieder
entfernen lassen?
Isern: Sofort. Das ist eine Forderung der Bewohner von Palma. Ich
werde nicht alles wieder rückgängig machen, was die Sozialisten
gemacht haben. Aber wir werden rückgängig machen, was so nicht
bleiben kann.
MM: Was ist Ihr Verkehrskonzept für Palma?
Isern: Ich selbst bin auch Fahrradfahrer. Im Gegensatz zur
Bürgermeisterin. Ich fahre in Palma Fahrrad.
MM: Als Freizeitvergnügen?
Isern: Ja. Aber ich weiß, wann etwas funktioniert und wann nicht.
Und diese Fahrradwege funktionieren nicht. Sie haben nur dazu
geführt, dass die Straßen noch enger sind und es weniger Parkplätze
gibt. Im Gegenzug haben sie nicht zu einer Zunahme der
Fahrradfahrer geführt. Man kann einem Mallorquiner nicht
vorschreiben, wie er sich fortbewegen soll.
MM: Wollen Sie die Nutzung des Fahrrads fördern?
Isern: Natürlich. Aber ich will, dass die Bürger diejenigen sind,
die die Infrastruktur fordern. Das Fahrrad soll nach und nach die
Stadt erobern und nicht von oben verordnet werden.
MM: Sind Sie für die Straßenbahn von der Plaça d'Espanya zum
Flughafen?
Isern: Nein. Wir werden diese Straßenbahn nicht bauen.
MM: All das Geld, das schon in das Projekt geflossen ist,
wird also verloren sein?
Isern: Wir haben kein Geld, die Straßenbahn zu bauen. Ich
wiederhole: Unser Problem in Mallorca ist nicht die Straßenbahn und
nicht der Fahrradweg. Es ist einfach nicht der Moment für solche
Infrastrukturmaßnahmen. Unser Problem ist die Arbeitslosigkeit. Wir
werden alle Mittel der Stadt dafür einsetzen, Arbeitsplätze zu
schaffen.
MM: Es ist also keine Infrastrukturmaßnahme für den Fall
Ihres Wahlsieges vorgesehen?
Isern: Absolut keine. Sollte die Wirtschaft später Investitionen in
diesem Bereich erlauben, werden wir sie machen. Die Zeit der großen
Investitionen aber ist vorbei. Es geht darum, die vorhandenen
Mittel besser einzusetzen. Wir werden in die Geschichte eingehen
als diejenigen, die die Nutzung der Ressourcen optimiert haben.
MM: Ist also auch das Projekt zur Aufwertung der Playa de
Palma gestorben?
Isern: Dies ist eine Ausnahme. Die Playa de Palma generiert fast 40
Prozent der Steuereinnahmen der Stadt. Obendrein ist Palma an der
Finanzierung des Projekts nicht beteiligt. Wir wollen, dass die
Reform der Playa de Palma im kommenden November beginnt,
unmittelbar nach dem Ende der Tourismus-Saison.
MM: Was soll dort als Erstes angepackt werden?
Isern: Seit 20 Jahren wird über die Reform der Playa de Palma
gesprochen, ohne dass sich etwas tut. Eine Einigung zwischen
Hoteliers, Anwohnern und Geschäftsleuten kommt nicht zustande.
Vielleicht liegt das daran, dass wir zuviel auf einmal wollen. Wir
sollten dort anfangen, wo wir uns alle einig sind. Das heißt, bei
der Bekämpfung der Kriminalität. Wir brauchen mehr Sauberkeit an
der Playa de Palma und müssen das Problem der Prostitution, der
Straßenverkäufer, der Hütchenspieler angehen.
MM: Also mehr Polizeipräsenz an der Playa de Palma?
Isern: Ja. Zum Beispiel. Es ist entscheidend, dass das
Erscheinungsbild der Playa de Palma aufgewertet wird, dass sich die
Touristen dort sicher und willkommen fühlen. Wenn uns das gelingt,
werden alle merken, dass die Reform nun endlich begonnen hat - und
dann werden nach und nach alle Beteiligten bereit sein, sich zu
engagieren.
MM: Werden Sie Real Mallorca 30.000 Quadratmeter Grundstück
zum Bau des neuen Fußballstadions schenken, wie es der Klub
vorgeschlagen hat?
Isern: Ich werde nichts verschenken. Der Klub würde im Gegenzug
4000 Parkplätze, eine Stadtteilbibliothek sowie öffentliche
Sporteinrichtungen bauen. Außerdem werden die 30.000 Quadratmeter
nach dem Bau des Stadions als Grünfläche wieder an die Stadt
übergeben. Obendrein sieht das Projekt ja den Umbau des jetzigen
Stadions in Son Moix zu einer öffentlichen Sportanlage vor.
MM: Es wäre also ein gutes Geschäft für die Stadt?
Isern: Das sage ich nicht. Denn das Projekt hat auch seine
Nachteile. Wir müssen uns das genau ansehen.
MM: Der Plan, vom Stadtrand in die Stadt zu ziehen, wie Real
Mallorca es ja vorhat, ist aber grundsätzlich in Ihrem
Sinne?
Isern: Ja. Projekte wie dieses braucht Palma. Wir müssen Palma
dynamisieren. Wir müssen Palma attraktiver machen, sowohl für die
Touristen als auch für die Bürger. Palma muss eine spektakuläre
Stadt sein. Wir müssen Palma in eine ganzjährige touristische
Metropole verwandeln. Das ist der einzige Weg, wie die
Stadtverwaltung zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen kann.
Wir müssen den Wochenend-Tourismus stärken, Gastronomie, Museen,
Galerien, Theater, Musik, all das spielt eine wichtige Rolle für
Palma. Das ist das wichtigste PP-Projekt für die Stadt.
MM: Wie wollen Sie erreichen, dass die Ladenbesitzer in Palma
auch an Samstagnachmittagen und Sonntagen öffnen?
Isern: Im vergangenen Jahr sind 1'4 Millionen Kreuzfahrttouristen
in Palma an Land gegangen. Diejenigen von ihnen, die am Sonntag
nach Palma kommen, finden eine geschlossene Stadt vor. Wir sind
bereits in Gesprächen mit Vertretern des Einzelhandels. Wenn wir es
nicht schaffen, sie zu überzeugen, wird es früher oder später der
Markt tun. Die Krise hat viele schlechte Seiten. Aber sie hilft
auch, notwendige Veränderungen der Mentalität und der Gewohnheiten
voranzutreiben. Ohne Zweifel muss die mallorquinische Mentalität
verändert werden, dass am Freitagmittag alles endet und erst am
Montagmorgen wieder beginnt.
MM: Sie sind auch Vorsitzender der Ethik-Kommission der PP.
Fehlt es auf Mallorca an politischer Ethik?
Isern: Es fehlt in allen Lebensbereichen an Ethik und Moral. Auch
und ganz besonders in der Politik. Denn hier arbeitet man nun
einmal mit dem Eigentum anderer. Es ist absolut fundamental, dass
Politiker integer sind. Die PP versucht, eine echte Erneuerung zu
schaffen. Sowohl in der Form, wie wir Politik machen, als auch im
personellen Bereich. Ich bin ein Beispiel dafür: Ich habe nie ein
öffentliches Amt bekleidet. Das ist etwas ganz Neues auf
Mallorca.
MM: Reicht es, die Personen auszutauschen?
Isern: Ethik ist etwas sehr Persönliches. Natürlich kann man
Verhaltens-Richtlinien aufstellen und das sollte man auch tun.
Jeder, der ein öffentliches Amt übernimmt, muss seine
Vermögensverhältnisse offenlegen - zu Beginn und zum Ende seiner
politischen Karriere. Entscheidend ist aber etwas anderes. Die
handelnden Personen müssen Ehrgefühl haben. Dann sind jegliche
Verhaltensregeln überflüssig.
Die Fragen stellte
Jonas Martiny