Bisher ist es nur ein Vorschlag. Doch wenn dieser nicht erhört und umgesetzt werde, so Naturschützer, seien Fischbestände und Fischereigewerbe in den Balearengewässern in großer Gefahr.
Ein Plan zur Rettung von Artenvielfalt und Ökosystem des Meeres durch nachhaltigen Fischfang, der jüngst vom internationalen Meeresforschungsinstitut Oceana in Palma vorgestellt wurde, soll dies verhindern. Dafür müsse ein Drittel der Gewässer rund um die Balearen als Schutzzone ausgewiesen werden, fordert der Mallorquiner Xavier Pastor, Oceana-Präsident für Europa.
Keine Kleinigkeit: Bislang stehen gerade einmal 2,2 Prozent als „Áreas Marinas Protegidas" oder „Reservas Marinas" (RM), wie sie auf den Balearen genannt werden, unter Schutz. In lediglich 0,2 Prozent der Balearengewässer („Reservas integrales") sei das Fischen ganz untersagt.
Diese nicht gerade ermutigenden Zahlen seien allerdings nicht der Grund für das Pilotprojekt, so Pastor: „Wir wollen auf den Balearen starten, weil hier trotz allem die Situation noch besser ist als in anderen Küstengebieten Spaniens."
Das Schreckenswort heißt „Überfischung" – ein zunehmendes Phänomen, wie die Wissenschaftler anhand von jahrelang gesammelten Daten konstatieren. „Die Statistiken der letzten 40 Jahre zeigen uns eindeutig, dass die Bestände so weit zurückgehen, dass viele Arten mittlerweile vom Aussterben bedroht sind", sagt Xavier Pastor.
„Es ist deshalb aus unserer Sicht unbedingt erforderlich, sanftere und nachhaltigere Fangmethoden einzuführen und die Schutzzonen massiv auszuweiten."
Dies sei nicht nur im Interesse der Fischbestände und ihres Lebensraumes, sondern auch unerlässlich für den Fortbestand einer Industrie, die im Mittelmeerraum Tradition hat und bis heute zahlreiche Arbeitsplätze sichert.
Notwendig seien mehr Schutzzonen und vor allem eine bessere Umsetzung der Kontrollmechanismen in bereits bestehenden Schutzgebieten. Außerdem dringend erforderlich, um die massive Überfischung zu stoppen, seien: eine Ausweitung der Reservate auch auf Hochseegebiete, ein komplettes Verbot der Fischerei mit Schleppnetzen und Tiefseefischerei in diesen Gebieten, eigene Schutzzonen für besonders gefährdete Arten wie den Roten Thunfisch sowie die Regulierung aller Fangmethoden von der Hochseefischerei mit Schleppnetzen bis hin zu Freizeitanglern.
„Am aggressivsten für die Bestände ist natürlich die industrielle Fischerei, die immer größere und potentere Boote einsetzt, und auch vor Schutzgebieten nicht immer Halt macht", beklagt Xavier Pastor. Diese gewaltigen Boote, die zwar nur 13 Prozent der insgesamt 392 Schiffe auf den Balearen ausmachen, seien aber für mehr als 60 Prozent des jährlichen Fanges (zwischen 3000 und 4000 Tonnen) verantwortlich.
Zum Vergleich: Die traditionelle Fischerei (pesca artesanal) hat zwar mit 82 Prozent den größten Anteil an der Flotte insgesamt, bringt es aber nur auf Erträge von rund 20 Prozent des jährlichen Fanges.
„Auch die Schiffe, die vom Festland und aus anderen Mittelmeerländern anrücken, müssen unbedingt weiter von den Küstengebieten entfernt gehalten werden", so Pastor weiter. Man müsse zudem künftig mallorquinischen Booten vor Fischern vom Festland den Vorrang geben.
Ziel solle weiterhin sein, in den geschützten Gebieten das Fischen mit Schleppnetzen und die Sportfischerei mit Harpunen ganz zu verbieten, und künftig nur auf „pesca artesanal responsable", also vertretbare traditionelle Fischerei, zu setzen.
Dazu präsentierte Xavier Pastor eine Grafik, auf der die Fangflotten rund um die Balearen durch Satellitensignal geortet und sichtbar gemacht wurden. Die Schiffe sind als schwarze Punkte gekennzeichnet – und in vielen Zonen sieht man das Meer vor dunklen Feldern nicht mehr. Besonders rund um Ibiza und Mallorca konzentrieren sich die Boote, aber auch sonst herrscht reges Treiben.
Diese Aufnahmen seien bisher nicht öffentlich gewesen, sie zeigten deutlich, wie massiv das Aufkommen von Fangflotten in den Balearengewässern sei. Sieben Schutzgebiete, die sogenannten „Reservas Marinas " (RM), sind auf der aktuellen Karte eingezeichnet. Dazu gehören die Bucht von Palma, die Insel Toro, die Malgrats-Inseln, Llevant de Mallorca und Migjorn de Mallorca sowie der Norden von Menorca und Els Freus d'Eivissa i Formentera.
Hinzu kommt noch der Meeresnationalpark Cabrera, der seit zwei Jahren unter der Verwaltung der Balearen-Regierung steht. Das älteste Schutzgebiet, in der Bucht von Palma, wurde 1985 ausgerufen, zuletzt kam 2007 Llevant de Mallorca hinzu. Nur in ganz kleinen Bereichen dieser Reservate, in den „Reservas integrales", ist das Fischen ganz verboten.
In den bestehenden „Reservas Marinas" sei es besonders wichtig, dass insgesamt weniger gefischt wird. Hinzu kommen müsse eine effektivere Kontrollen der professionellen sowie der Freizeitfischer, rät Xavier Pastor: „Mit rund 70.000 Freizeitanglern auf den Balearen kommen rund 80 private auf einen professionellen Fischer. Allein diese Freizeitangler holen jedes Jahr rund 1200 Tonnen Fisch aus dem Wasser – und das nicht immer auf legalem Weg." Dass viel davon zudem noch illegal verkauft würde, schade der Industrie zusätzlich.
Schließlich deutet Pastor auf die Karte, in der die vorgeschlagenen künftigen Reservate eingezeichnet sind, die rund ein Drittel der Balearengewässer betreffen. Dabei gehe es nicht darum, den Fischfang generell zu verbieten, betont er: „Sondern durch nachhaltige Methoden den Beständen die Möglichkeit zu geben, sich wieder zu erholen." In fünf bis zehn Jahren könne man deutliche Verbesserungen erreichen.
Damit könnten die Balearen ein Pionierprojekt für den gesamten Mittelmeerraum werden, und gleichzeitig den Forderungen zum Schutz der biologischen Vielfalt der Vereinten Nationen nachkommen. Ziel dieses Dekrets ist es, bis 2020 mindestens zehn Prozent der Weltmeere als Schutzzonen verschiedener Kategorien auszuweisen.
Um nachhaltige Resultate zu erzielen, empfiehlt auch die internationale Naturschutzvereinigung UINC (Unión Internacional para la Conservación de la Naturaleza) – sie wird auch von Spanien und der Balearen-Regierung unterstützt –, mindestens 20 bis 30 Prozent der Gewässer vor Überfischung zu schützen. Oceana steht mit seinen Forderungen also nicht alleine da.