Es ist ein erschütterndes Bild, das sich am Sonntagvormittag an der Straße von Arenal in Richtung Cala Pí bietet: Eine tödlich verunglückte deutsche Radtouristin liegt, mit Folie abgedeckt, am Straßenrand. Direkt daneben, ausgestreckt im Gras, der verzweifelte Ehemann, der weinend den Kopf auf die Hände stützt.
Nur Minuten zuvor musste Rolf D. (69) mit ansehen, wie seine vor ihm radelnde Frau zu Tode kam: Ein offenbar betrunkener spanischer Polizist war mit dem Auto gefährlich dicht an den Radfahrern vorbeigefahren, verfehlte den Deutschen, der das Ende der Gruppe bildete, nur knapp, und rammte Renate D. mit einer solchen Gewalt, dass sie vom Rad flog und gegen einen Baum geschleudert wurde. Die 64-Jährige starb nach Angaben der Rettungskräfte unmittelbar nach dem Aufprall.
Der Ehemann erlitt einen Schock; seine Begleiter und weitere Augenzeugen konnten sich aber das Kennzeichen des Wagens merken und so dazu beitragen, dass der mutmaßliche Unfallverursacher samt Beifahrer schon kurze Zeit später festgenommen wurde.
Nach Medienberichten handelt es sich bei dem 38-jährigen Fahrer und seinen Beifahrer um Kriminalbeamte, die bei der Abteilung für Drogenfahndung und organisiertes Verbrechen arbeiten. Sie waren nach Dienstschluss mit einem zivilen Fahrzeug der Polizei unterwegs.
Beide Beamten wurden festgenommen, bei beiden verlief der Alkoholtest positiv. Rodolfo D.G., der am Steuer saß, wurde am Montag ohne Kaution ins Gefängnis eingewiesen. Ihn erwartet nun eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung, Alkohol am Steuer, Fahrerflucht und unterlassener Hilfeleistung. Gegen den Beifahrer Carlos J.G.C., der am Montagabend gegen Auflagen auf freien Fuß kam, wird ebenfalls wegen des Verdachts auf unterlassene Hilfeleistung ermittelt.
Aus Polizeikreisen verlautete, dass beide Kriminalbeamte unter Kollegen für ihre Alkoholprobleme bekannt gewesen seien. Nach Informationen von "Ultima Hora" sollen die beiden im Verhör ausgesagt haben, sie seien am Samstagabend nach Dienstschluss zusammen essen gegangen und hätten anschließend bis gegen 9 Uhr am nächsten Morgen verschiedene Bars in Palma besucht, bevor sie sich auf den Heimweg Richtung Llucmajor machten.
Der tödliche Unfall ereignete sich am Sonntag gegen 10.30 Uhr auf Höhe der Urbanisation Puig d'en Ros, kurz nachdem das Ehepaar D. aus Steinheim an der Murr bei Stuttgart in Begleitung von zwei Freunden zu einer Radtour aufgebrochen war. Bei der späteren Zeugenvernehmung gaben die Begleiter an, hintereinander auf dem Seitenstreifen der übersichtlichen und gut ausgebauten Straße gefahren zu sein.
"Der Fahrer soll wie wild im Zickzack an der Gruppe vorbeigefahren sein, als wollte er den Radfahrern Angst einjagen", berichtet Albert Zweifel, Leiter der Radstation im nahe gelegenen Hotel Delta. Andere Radfahrer hätten außerdem berichtet, dass der Wagen kurz vor dem Unfall auch an ihnen vorbeigerast sei. "Das Auto hat ihnen einen riesigen Schrecken eingejagt, der Beifahrer soll sie laut aus dem heruntergekurbelten Fenster angepöbelt haben", sagt Zweifel.
Der Schweizer, fünffacher Rad-Crossweltmeister und seit 26 Jahren Leiter der Radstation im Hotel Delta, ist tief betroffen von dem Vorfall. "Wir haben seit Bestehen dieser Station erst einmal, vor Jahren, einen tödlichen Unfall gehabt, den der Radfahrer damals allerdings selber zu verantworten hatte. Nach allem, was wir bisher gehört haben, ist die Gruppe am Sonntag vollkommen risikolos gefahren, das hätte jeden von uns treffen können. Unsere Kunden erhalten vor jedem Ausflug genaue Sicherheitsanweisungen und Tipps, wie sie riskante Situationen vermeiden können." Der Unfallfahrer sei aber scheinbar darauf aus gewesen, die Radler in Gefahr zu bringen. "Nachdem die Frau gerammt wurde, so haben uns die anderen erzählt, ist das Auto einfach weitergefahren."
Als die Beamten wenig später den Wagen in einer nahen Urbanisation aufspürten, saß der frühere Beifahrer am Steuer, sein Kollege war kurz zuvor zu Hause ausgestiegen. Von dem Unfall habe er nichts gemerkt, da er während der Fahrt auf dem Beifahrersitz eingeschlafen sei, so gab Carlos J.G.C. zu Protokoll.
Die Nachricht von dem tödlichen Unfall verbreitete sich nicht nur auf der Baleareninsel wie ein Lauffeuer. Auch deutsche Medien und Nachrichtenagenturen berichteten schon am Tag der Tragödie über die unfassbare Geschichte. Die Nationalpolizei bekundete noch am Sonntag ihr Beileid und entschuldigte sich in einer offiziellen Mitteilung bei den Hinterbliebenen des Opfers.
Der Ehemann der Verstorbenen sowie zwei Freunde flogen am Montagmittag nach Deutschland zurück. Wie Murrs Bürgermeister Thomas Rosner der Nachrichtenagentur dpa mitteilte, hatte das Unfallopfer auf Mallorca für einen Triathlon trainiert. Sie hinterlasse zwei Kinder.