Mallorcas Kommunalpolitiker sind sauer auf die Europäische Stiftung für Umwelterziehung (FEE). Deren spanischer Ableger ADEAC (Asociación de Educación Ambiental y del Consumidor) verwehrt den Stränden der Insel in den letzten Jahren reihenweise die Blauen Flaggen. Von ehemals 45 ist ihre Zahl mittlerweile auf 31 gesunken.
„Die Gründe können wir nicht nachvollziehen", sagt Gemeinderat Joan Gomila aus der am stärksten betroffenen Gemeinde Manacor, wo 2009 noch zehn Blaue Flaggen wehten, mittlerweile aber keine einzige mehr. Weil sich Manacor mit den Hütern der Blauen Flagge uneins über die Zahl der erforderlichen Rettungsschwimmer ist, wurde 2012 lieber auf eine Kandidatur verzichtet.
Das 1987 in Frankreich entstandene Gütesiegel steht international für Sauberkeit und Dienstleistungsqualität, wird auf der Insel aber zunehmend in Frage gestellt. Das liegt unter anderem daran, dass die Kriterien der Blauen Flagge an den schönsten und ursprünglichsten Stränden schlichtweg vorbei gehen. Naturgemäß gibt es dort keine Dienstleistungen wie Duschen, Rettungsschwimmer oder Rampen für den Behindertenzugang, die aber Voraussetzung wären.
Gemeinden wie Ses Salines schauen sich deswegen nach Alternativen um: Die dortigen Sandbuchten sind seit Ende 2011 nach ISO-Norm 14.001 zertifiziert. Das bedeutet, dass es ein umweltfreundliches Strandmanagement gibt, was man dem Küstenabschnitt auch ansieht.
Im Gegensatz zu den Menschenmassen von Es Trenc gelten die Abschnitte auf der anderen Seite von Colònia de Sant Jordi als Naturparadiese, in denen sich auch im August relativ wenige Badegäste tummeln. Bekannt sind sie unter den Namen Es Dolç, Can Curt, Es Dofí, Es Carbó oder Cala en Tugores.
Je weiter weg vom Ort, desto ruhiger wird es – zumal der ganze Bereich nur zu Fuß erreichbar ist, wenn man nicht als lokaler Einwohner gemeldet ist. „Die Auszeichnung ist für uns eine Verpflichtung", sagt Bürgermeister Bartomeu Lladonet. Denn falls die Gemeinde die strengen Auflagen nicht erfülle, könne das Qualitätssiegel auch wieder aberkannt werden.
Dass der Ablauf der ISO-Zertifizierung durchaus anspruchsvoll ist, zeigen die Erfahrungen auch andernorts. Der für sämtliche Calas von Manacor zuständige Strandkonzessionär Matambrito S.L. hat das System 2011 eingeführt, als es zunehmend Probleme mit der Vergabe der Blauen Flagge gab.
Laut Geschäftsführer Victor Meca besteht das Umweltmanagement aus einem externen Audit durch die Zertifizierungfirma AENOR und einem internen Audit durch das Beratungsunternehmen Gesvalua. Für den externen Teil fallen jährliche Kosten von etwa 1500 Euro an, die alle vier Jahre fällige Erneuerung der Zertifikation beläuft sich auf 4000 Euro.
Festgelegt sind zum Beispiel Maßnahmen wie ein Recycling-Plan oder ein Programm zum Einsparen von Trinkwasser und Energie bis hin zu Schallmessungen. In Capdepera führten die Ergebnisse etwa zum Verbot von Musikanlagen am Strand. Bestandteil der ISO-Zertifizierung war dort auch eine Umfrage unter 300 Badegästen, von denen sich 96 Prozent zufrieden oder sehr zufrieden mit den Bedingungen zeigten.
Nicht nachvollziehen kann Victor Meca die seit Kurzem verschärften Bedingungen für eine Blaue Flagge. Wo man sich in der Vergangenheit mit einem Rettungsschwimmer zufrieden gab, werden ab dem Bewertungszeitraum 2012 mindestens zwei pro Strandabschnitt gefordert – auch wenn es sich um eine Cala von 25 Metern Breite handelt.
„Wenn der Lebensretter auf die Toilette muss oder etwas essen geht, muss eine Ersatzperson vorhanden sein", so die Begründung einer Sprecherin in Madrid. Dass in Manacor auch das Personal für die Sonnenschirme und Liegestühle über eine Rettungsschwimmerausbildung verfügt und bei Bedarf einspringen kann, will sie nicht gelten lassen. Eine qualifizierte Überwachung sei nur durch Hauptamtliche möglich.
Ähnlich überraschend waren die Erfahrungen in Andratx, wo in diesem Jahr am beliebten Strand von Camp de Mar die Blaue Flagge verloren ging. Wie in Manacor hat sich dort weder etwas an der Zahl der Rettungsschwimmer noch an der Infrastruktur oder der Wasserqualität geändert.
Allerdings gibt es nun neue Kriterien: Statt die einwandfreien Werte aus dem Vorjahr heranzuziehen, wird auch in die weitere Vergangenheit geschaut. Wegen einer 2008 festgestellten Verunreinigung durch ein gebrochenes Abwasserrohr, hatte Camp de Mar 2012 plötzlich keine Chance mehr.
Die gute Nachricht ist, dass für 2013 wieder alles im grünen Bereich sein müsste – wenn die Gemeinde dann überhaupt noch Lust auf die Blaue Flagge hat. Derzeit werde jedenfalls über die künftige Strategie nachgedacht, heißt es bei der Umweltabteilung im Rathaus. Alternativen gibt es durchaus, denn die wichtigen Strände der Gemeinde haben bereits ein Zertifikat nach ISO 14.001.