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Höhenrausch im Nordosten

Hohe Berge gibt es auf Mallorca vor allem in der Tramuntana. Aber auch in anderen Gegenden Mallorcas kann es einem schwindlig werden

| Artà, Mallorca |

Nicht der Puig de Sant Salvador bei Felanitx (509 Meter), nicht der Puig de Randa bei Algaida (543 Meter) und auch nicht der Atalaia bei Alcúdia (451 Meter): Mallorcas höchster Berg außerhalb des Tramuntanagebirges ist der Talaia Freda auf der Levante-Halbinsel in Artà. Mit 564 Metern misst er zwar nur etwas mehr als ein Drittel des Puig Major (1445 Meter), dennoch bietet sich vom Gipfel aus ein beeindruckender Rundumblick über die Nordostküste der Insel.

Es gibt nicht viele Strecken auf Mallorca zurückzulegen, die weiter sind als die von Palma nach Artà. Mehr als 70 Kilometer, einmal quer über die Insel. Dort, im äußersten Nordosten, befindet sich der Parc Natural de Llevant, der mit 1671 Hektar größte der vier Naturparks, die es auf Mallorca gibt (die drei weiteren sind: Dragonera, Mondragó und Albufera). Vor fast auf den Tag genau 13 Jahren, am 9. November 2001, wurde die felsige Gegend, die zum Teil zu Artà, zum Teil zu Capdepera gehört, unter Schutz gestellt. Heute ist der Naturpark eines der beliebtesten Ausflugsziele Mallorcas außerhalb des Tramuntanagebirges. Vor allem Wanderer und Mountainbiker kommen auf ihre Kosten.

13 ausgeschilderte Routen gibt es im Levante-Naturpark, vom kurzen Spaziergang bis zur Ganztageswanderung. Startpunkt mit zahlreichen Gratisparkplätzen ist in allen Fällen der Parkeingang bei den Häusern von S'Alqueria Vella d'Avall. Hier, in den Räumen der Parkverwaltung, finden regelmäßig Veranstaltungen statt, Freizeitaktivitäten, Infotreffen und Ähnliches. Außerdem gibt es hier öffentliche Toiletten. Der Weg zum Park ist von Artà aus gut ausgeschildert (siehe Kasten).

Die Route 13 führt hinauf auf den Talaia Freda. Zunächst geht es einige Kilometer über den "Camí dels Presos" leicht bergauf. Die "Straße der Gefangenen" ist ein Überbleibsel einer der dunklen Epochen in der Inselgeschichte. Dort, wo sich heute der Levante-Naturpark befindet, wurden in den 40er Jahren, im Anschluss an den Spanischen Bürgerkrieg, Soldaten gefangen gehalten und zur Arbeit gezwungen, die zuvor auf Seiten der Republikaner gekämpft hatten. Die Kriegsgefangenen errichteten unter anderem den Fahrweg, auf dem Ausflügler bis heute die ersten Meter im Park zurücklegen.

Nach etwa 20 Minuten steht linker Hand ein Hinweisschild, das den Abzweig zur Route 13 markiert. Hier verlässt man den "Camí dels Presos", von jetzt an geht es über Terrassengärten, durch Carritx- und Geröllfelder. Es ist nicht immer einfach, die Orientierung zu bewahren. Die Ausschilderung wird rasch immer schlechter, nur vereinzelte, von anderen Wanderern aufgetürmte Steinmännchen weisen schließlich noch den Weg. Als grobe Orientierung dient der Gipfel des Talaia Freda. Man sollte sich ihm allerdings nicht auf direktem Wege nähern, sondern tendenziell eher über seine rechte Flanke.

Der Grund: Ein Stück unterhalb des Gipfels befindet sich ein Zaun, der die hier hin und wieder grasenden Kühe davon abhalten soll, sich zu verlaufen. Der Zaun hat auf dem Weg zum Gipfel nur ein Durchgangstor, das sich an der rechten Flanke des Berges befindet. Wer es verfehlt, muss entweder am Zaun entlang danach suchen oder über den Draht steigen - was wiederum die Parkwächter nicht gerne sehen.

Der Aufstieg ist nicht zu unterschätzen, geht es vom Startpunkt aus doch eine gute Stunde fast ausschließlich bergauf. Eine gute Kondition ist ebenso Voraussetzung wie Trittsicherheit. Der Blick vom Gipfel entschädigt dann jedoch für die Mühen. Es gibt nicht viele eindrucksvollere Steilwände auf Mallorca: Mehrere Hundert Meter fällt der Fels hier fast senkrecht in die Tiefe. Weit unten liegt Betlem und am Horizont verschwimmt das Tramuntana-Gebirge - das von hier aus gar nicht so viel höher wirkt.

(aus MM 48/2014)

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