Als der semmelblonde Jan pfeifend den Hoek-van-Holland-Supermarkt an der Arxiduc-Straße in Palma betritt, lenkt er seinen Blick ohne Zeitverzug auf den Käse-Kühlschrank. „Nirgendwo sonst bekommt man Chili- oder Senf-Käse”, schwärmt der Kunde. Und auch den berühmten Advocaat-Eierlikör oder das kultige belgische Judas-Bier gebe es etwa bei Mercadona oder Lidl nicht. Und wolle man mal etwas Lukullisches aus ehemaligen Kolonien der Niederlande wie etwa indonesisches Nasi Goreng haben, so finde man das hier ebenfalls.
Menschen wie der selbstredend aus Deutschlands Nachbarstaat stammende Resident finden in Palma in Spezial-Supermärkten Waren aus der Heimat, die dem gemeinen Spanier alles anderes als geläufig sind. Dass diese Betriebe funktionieren, ist nicht verwunderlich, denn wer will schon immer die gleiche Tortilla essen oder schon wieder Gazpacho aus dem Tetrapak trinken.
An passendem Angebot aus anderen Ländern mangelt es in der Mallorca-Kapitale nicht. Neben dem noch nicht allzu lange existierenden und wohl deshalb zuweilen durchaus trubeligen Hoek-van-Holland-Markt in Steinwurfweite vom Mini-Obelisken finden sich noch einige andere. Schräg gegenüber etwa gibt es schon seit vielen Jahren einen russischen Supermarkt mit dem nicht überraschenden Namen „Moskau”. Anders als im hellen Holland-Store beamt sich einem hier ein wenig der Odem aus schon lange vergangener sowjetischer Zeit ins Gehirn: Zahlreiche Regale sind leer, die etwas sterile Beleuchtung erinnert an die Atmosphäre im Rasthof Magdeburger Börde zu DDR-Zeiten.
Wer sich im „Moskau”-Supermarkt umguckt, findet exotische Lebensmittel wie etwa gefrorene, mit Fleisch gefüllte sibirische Teigtaschen. Die kyrillischen Schriftzeichen machen es dem unwissenden Kunden unmöglich, manch eine Delikatesse zuzuordnen. Die Tatsache aber, dass Kekse auch in Russland wie Kekse aussehen, lässt einem zur Gewissheit werden, mit was man es hier zu tun hat. Manche Produkte wie etwa der Merowin-Tortenboden sind zur Überraschung des MM-Redakteurs teilweise mit deutschen Aufschriften versehen.
Kryptisch geht es auch im „Supermercado Asia” in der Multikultistraße namens Uetam zu. Von Reiswein über Austernsoße, Glasnudeln verschiedenster Längen, Teesorten aller Art bis hin zu hierzulande unbekannten Pilzen gibt es hier alles, was man braucht, um sich mal so richtig intensiv chinesischer Kulinarik hinzugeben. Hier gehen die Mitglieder der großen Community im Viertel Pere Garau hin, um sich mit Waren aus dem Reich der Mitte einzudecken und zudem zur Kontaktpflege das dort offenbar Kultstatus genießende Schwarze Brett zu nutzen.
Wobei diese Spezial-Supermärkte größtenteils mehr als nur Lebensmittel, sondern auch Gebrauchsgegenstände wie chinesische Woks oder Stäbchen, holländische Teekannen oder Kunsthandwerk wie russische Matrjoschkas feilbieten. Nicht so weit gefächert aufgestellt ist der beliebte deutsche Sam-Supermarkt an der Marbella-Straße in Can Pastilla. Hier werden wohlsortierte Lebensmittel verkauft, die der Bundesbürger fern der Heimat vermisst. Kekse von Bahlsen, immerhin 19 Sorten Senf, Maultaschen „in bester Oma-Qualität” (Werbung) und das aus dem deutschen Wesen nicht wegzudenkende Brot in allen Variationen kann man hier seit Jahren schon erstehen, die Ware wird zweimal pro Woche auf die Insel geschafft.
Dass auch Spezial-Supermärkte eine gewisse Halbwertszeit haben, merkt man am Verschwinden des beliebten Schweden-Stores Britvid im Trendviertel Santa Catalina. Nach jahrelanger Existenz geben die Betreiber auf. Gut möglich, dass es die dort so beständig verkauften Abba-Heringe woanders auf der Insel auch noch gibt.