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Mallorca-Auswanderer über den Reiz von Llucmajor

Die idyllische Gemeinde Llucmajor hat ihre ganz eigenen Reize. | plozano

| Llujmajor |

Es gibt Dinge, die passen beim besten Willen nicht zusammen. Das fein-aromatische Bukett von teurem Parfüm und der würzig-derbe Geruch getrockneter Johannisbrotschoten beispielsweise. Beide vermischen sich an diesem Samstagvormittag versehentlich auf der Straße, beim Öffnen der Türen vor der Müller-Filiale in Llucmajor.

Die Architektin Verena Rossenbach wohnt in einer ehemaligen restaurierten Getreidemühle im Dorf.

Die zwei olfaktorischen Gegensätze spiegeln aber gut die soziokulturelle Geruchsentwicklung im Ort wider. Mehr als 4000 Ausländer sind im Einwohnerverzeichnis der Gemeinde Llucmajor bereits registriert, ihre Mehrheit kommt aus Alemania. Doch nur die wenigsten von ihnen leben im Ort selbst, sondern außerhalb auf dem Land oder in einer der zahlreichen, zur Gemeinde gehörenden Wohnsiedlungen und den kleineren Orten an der Küste.

Die Stadt selbst hat sich in den vergangenen Jahren hinsichtlich ihres Ortsbildes vehement verändert, allem voran auf und um die Plaça Espanya und der von ihr zum Passeig de Jaume III. und der Statue des gleichnamigen mallorquinischen Königs führenden Fußgängerzone mit zahlreichen Geschäften, Restaurants, Bars und Läden.

Iris Kimpel war es, als sie nach Llucmajor zog, egal, dass es nicht so viele Sightseeing-Attraktionen gibt.

Doch selbst trotz dieses urbanistischen Pimp-Ups von Straßen, öffentlichen Plätzen, Einrichtungen sowie der Verbesserung des gastronomischen und geschäftlichen Angebots machen auswärtige Besucher immer noch einen Bogen um die Kleinstadt. Möglicher Grund: Außer der Sankt-Michaelis-Kirche sowie des zu einem schmucken Kulturzentrum umgebauten Klosters Bonaventura hat der Ort nicht viele Sehenswürdigkeiten zu bieten.

Der Deutschen Iris Kimpel und ihrem Ex-Mann war der Mangel an Sightseeing-Attraktionen egal, als beide vor 21 Jahren beschlossen, nach Llucmajor zu ziehen. "Wir lebten damals schon einige Jahre in Esporles an der Westküste. Mein Mann suchte damals nach einem Haus mit Grundstück, um dort auch reiten zu können", sagt Kimpel, die seit einigen Jahren als in Spanien zugelassene Heilpraktikerin eine eigene Praxis für Alternativmedizin und Homöopathie im Ort betreibt. "Llucmajor machte anfangs einen eher verschlafenen Eindruck. Heute könnte ich mir keinen besseren Ort zum Leben auf der Insel vorstellen", sagt sie. So richtig lieben gelernt habe sie die Stadt, als ihre beiden mittlerweile erwachsenen Kinder hier noch zur Schule gingen. "Dadurch habe ich unheimlich viele einheimische Eltern kennengelernt. Das gab mir das Gefühl, dazuzugehören. Toll fand ich auch, wie unbeschwert hier mit kleinen Kindern umgegangen wird. Jeder passt auf die Kids der anderen auf. Das machte es sehr viel einfacher, die eigenen auch mal für ein paar Momente unbeaufsichtigt auf der Straße spielen zu lassen. In einer richtigen Stadt wäre das undenkbar."

Frauke Büchner zog vor über 25 Jahren nach Llucmajor.

Kami van Bömmel kam nicht zuletzt wegen ihrer Tierliebe nach Llucmajor. Die in Togo aufgewachsene Tochter deutsch-französischer Eltern zog 2009 in die Stadt. "Ich lebte vorher in der Wohnsiedlung Solleric und suchte nach einem Standort für meine Tierarztpraxis", erzählt die heute 44-jährige Veterinärin. Die fand sie schließlich an der Umgehungsstraße von Llucmajor nach Algaida. Sie selbst lebt mit ihren eigenen Haustieren aus Platzgründen etwas außerhalb, in der sogenannten fora vila . "Es vergehen manchmal Wochen, in denen ich Llucmajor gar nicht verlasse. Die Stadt bietet alles, was ich zum Leben brauche. Es gibt eine ausreichende Zahl von Supermärkten, Obstläden, Geschäften und Restaurants. Und wenn ich etwas nicht im Ort finde, bestelle ich es bei Amazon. So einfach ist das", sagt Kami. Sowohl von ihren mallorquinischen Kunden als auch im einheimischen Freundeskreis fühlt sie sich vollauf akzeptiert. "Die Leute sind offen und liebenswürdig, das weiß ich zu schätzen."

Die Veterinärin Kami van Bömmel zog es wegen ihrer Tierliebe auf die Balearen-Insel.

Verena Rossenbach lebt ebenfalls seit 2009 in Llucmajor. Das heutige Zuhause der Architektin, die mit ihrem Mann das Baumanagement- und Projektbüro Matrol betreibt, fand sie in einer ehemaligen restaurierten Getreidemühle im Dorf. "Ich persönlich würde lieber aufs Land ziehen, aber wir fühlen uns hier auch im Ort sehr wohl", sagt Rossenbach. Llucmajor sei natürlich keine Großstadt, biete aber alle Annehmlichkeiten, die man für das Alltagsleben braucht. "Es geht hier halt ländlicher, aber auch gemütlicher zu. Man kennt und grüßt sich auf der Straße. Das ist in der Stadt kaum möglich", so Rossenbach. Ebenso wie ihr Mann fühlt sich auch Verena von den Einheimischen im Ort akzeptiert. "Es ist natürlich wichtig, dass man auch ihre Sprache spricht, zumindest Spanisch".

Frauke Büchner zog es mit ihrem damaligen Lebensgefährten vor über 25 Jahren nach Llucmajor. „Ich habe mich auf Anhieb hier wohlgefühlt", sagt sie. Aus diesem Grund sei sie auch nach dem Ende der Beziehung hier wohnen geblieben. Die 52-jährige Deutsche bietet in ihrem Spacito Studio im Ort holistische Naturkosmetikbehandlungen mit Aromamassagen und andere Anwendungen an. „Der Ort hat sich in den vergangenen Jahren nur zum Positiven gewandelt. Auf der Plaça haben sich viele tolle Restaurants angesiedelt, das Ambiente stimmt einfach”, sagt Büchner. Ebenso wie Iris Kimpel, Kami van Bömmel und Verena Rossenbach schätzt sie an ihrem Heimatort auch dessen strategisch gute Lage. "Der Flughafen liegt praktisch um die Ecke, Palma ist über die Autobahn schnell zu erreichen, und auch ein Ausflug an den Strand ist von Llucmajor aus schnell gemacht".

Ähnlich sieht es Iris Kimpel. "Die Lebensqualität in Llucmajor ist irre hoch", sagt sie. "Man ist von hier aus mit ein paar Fußschritten sofort im Grünen, kann vom Dorf aus zu Wander- oder Fahrradtouren aufbrechen, joggen gehen oder dank der relativ kurzen Anfahrtszeit an einem der schönsten Strände Mallorcas, der Playa Es Trenc, im Meer baden."

Aber auch kulturell hat Llucmajor einiges zu bieten, sagt Kami von Bömmel. "Im Kulturzentrum Bonaventura finden immer wieder Konzerte oder interessante Ausstellungen statt. Außerdem veranstaltet die Gemeinde viele Freizeitaktionen wie Fotowettbewerbe oder ähnliches", sagt die Tierärztin. Man müsse allerdings selbst auch Eigeninitiative entwickeln, um sich über solche Angebote im Rathaus zu informieren.

Frauke Büchner findet es im Ort oftmals etwas zu schmutzig. "Gerade in der Fußgängerzone sollte für mehr Sauberkeit auf der Straße gesorgt werden", so Büchner. Aber das sei wohl auch kein llucmajorspezifisches Problem.

Verena Rossenbach kritisiert, wenn denn überhaupt, die etwas chaotische Straßenordnung in der Stadt. "Obwohl ich hier schon so lange lebe, gerate ich immer noch manchmal in irgendwelche Einbahnstraßen, in die ich eigentlich nicht geraten will", sagt sie und muss dabei lachen. Aber auch das werte den Charme des Ortes auf.

Auf die Idee, irgendwann vielleicht einmal auf der Insel umzuziehen, ist bisher keine der vier Frauen gekommen. Ganz im Gegenteil. "Es gibt sicherlich schönere Orte auf Mallorca. Aber keiner ist so charismatisch wie Llucmajor", meint Frauke Büchner.

Oder wie es Verena Rossenbach, Iris Kimpel und auch Kami van Bömmel sagen: "Hier ziehen wir nicht weg". Warum auch?

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