Nur wenige Meter südlich der Ringautobahn von Palma, nahe der Siedlung Ca l'Ardiaca, offenbart sich auf der Fahrt in Richtung Andratx ein bedrückendes Bild: Durch die Autoscheibe ist eine provisorische Obdachlosensiedlung zu erkennen – das traurige Zuhause der jungen Raquel. Die Spanierin hat sich dort, an einem trostlosen Ort, gemeinsam mit einem Kätzchen niedergelassen. Reporter der MM-Schwesterzeitung Ultima Hora statteten ihr einen Besuch ab und trafen auf eine beklemmende Szenerie: Müll und Unrat türmen sich rund um den notdürftigen Unterschlupf, den sich Raquel mit weiteren Obdachlosen teilt.
Wie Ultima Hora berichtet, befindet sich die Siedlung in einem alarmierenden Zustand: In der Nähe der Straße hängen Kleidungsstücke an einem Zaun, während sich rund um die notdürftigen Behausungen Matratzen, verrostete Fahrräder, Kisten und Plastikflaschen stapeln.
Raquels „Nachbar“ ist ein junger Mann, vermutlich rumänischer Herkunft, der ebenfalls in einem Zelt lebt. Er verdient sich ein wenig Geld mit dem Sammeln von Haushaltswaren und Altmetall. Sein Schicksal steht exemplarisch für das vieler Menschen auf Mallorca, die unter der akuten Wohnungsnot leiden. „Neulich durfte ich mir ein Zimmer ansehen, das ich hätte mieten können“, erzählt er. „Aber die Miete lag bei 850 Euro – und 50 Euro Kaution hätte ich zahlen müssen, ohne Aussicht, sie je zurückzubekommen.“
Das Schicksal von Raquel steht symbolisch für unzählige Mallorquiner
In einer kuschelig-warmen Wollmütze bewahrt Raquel ihren kleinen Schatz auf: ein neugeborenes Kätzchen. Den winzigen Stubentiger hat sie vor Kurzem auf einer Mülldeponie gefunden. Durch sein leises Miauen wurde sie auf das hilflose Tier aufmerksam. Seitdem kümmert sich Raquel liebevoll um das Samtpfötchen – als wäre es ihr eigenes Kind. „Ich füttere die Katze täglich mit Milch und möchte sie bald zu einem Tierarzt bringen“, erzählt Raquel. „Momentan ist sie mein einziger Begleiter und Freund.“
Die junge Frau macht vor allem den spanischen Sozialdienst für ihren Zustand verantwortlich. Sie klagt: „Die Sozialarbeiter kommen zwar her und besuchen uns. Sie geben uns ein paar Happen zu essen, doch mehr ist nicht drin. Etwas Grundlegendes verändert haben sie noch nicht.“ Diese Zeltsiedlung ist kein Einzelfall. Immer wieder werden in Palma Baracken oder Lager entdeckt, in denen Obdachlose unter unmenschlichen Bedingungen hausen – ohne Wasser und Strom.
Ob in leerstehenden Gebäuden, am Stadtrand oder – wie hier – mitten in der Natur an der Autobahn: Solche Siedlungen bestehen weiterhin, trotz aller sichtbaren Risiken. Das wirft ernste Fragen auf – über die Zustände im sozialen Netz, über illegale Migration, über Wohnungsnot und über die Fähigkeit der Stadt, Ordnung durchzusetzen.