Nach dem tragischen Unfall eines Linienbusses in Pollença, bei dem ein 48-jähriger Radfahrer starb und mehrere Menschen verletzt wurden, geraten die Arbeitsbedingungen der Busfahrer auf Mallorca in den Fokus. Ein Fahrer des öffentlichen Verkehrsunternehmens TIB macht die engen und aus seiner Sicht unrealistischen Fahrpläne mitverantwortlich für das Unglück.
Der Vorfall ereignete sich am Donnerstag gegen 12.25 Uhr auf der Landstraße Ma-2200 zwischen Pollença und dem Hafen. Ein Reisebus der Linie TIB verlor an der Abzweigung nach Cala Sant Vicenç offenbar die Kontrolle, überfuhr eine Gruppe von Radfahrern und prallte gegen einen Baum. Ein ukrainischer Tourist starb noch an der Unfallstelle. Drei weitere Radfahrer – ein Kasache (42), ein Russe (43) und eine Frau (40) – wurden schwer verletzt, ebenso wie mehrere Businsassen, darunter ein sechs Monate altes Baby.
Fahrer spricht von „chronischem Stress“
Ein Fahrer der TIB, der anonym bleiben möchte, erhebt nun schwere Vorwürfe gegen das Transportunternehmen und das mallorquinische Transportkonsortium CTM. „Sie sagen, es sei ein mechanischer Defekt gewesen, aber in Wahrheit stecken absurde Fahrpläne dahinter“, sagte er. Die Zeitvorgaben auf den Linien seien oft nicht einzuhalten, was zu ständigem Zeitdruck und damit verbundenem Stress führe. „Wir sind gezwungen, schneller zu fahren – und je höher die Geschwindigkeit, desto geringer ist unsere Reaktionszeit“, so der Fahrer weiter.
Er kritisiert insbesondere, dass die Fahrpläne „von Leuten gemacht werden, die nie selbst Bus gefahren sind“. Der öffentliche Straßenverkehr auf Mallorca sei durch Staus, Touristen und unvorhersehbare Zwischenfälle geprägt. „Wer plant solche Zeiten? Sicher niemand, der den Berufsalltag eines Busfahrers kennt“, so der Fahrer.
Untersuchung läuft – Inspektionen waren aktuell
Nach Angaben der Balearen-Regierung hatte der verunglückte Bus am 31. März eine technische Inspektion ohne Beanstandungen durchlaufen. Die genauen Ursachen des Unfalls werden derzeit von der Verkehrsabteilung der Guardia Civil ermittelt. Eine Hypothese: Ein Defekt an der Lenkung oder den Bremsen könnte den Kontrollverlust ausgelöst haben. Der Fahrer des Busses sagte gegenüber der Polizei aus, er habe den Radfahrern nicht mehr ausweichen können.
Die Guardia Civil wurde bei der Unfallanalyse sowohl vom Transportkonsortium Mallorca als auch von der Balearen-Regierung unterstützt. Beide Stellen versicherten ihre „vollständige Kooperation“, um den Vorfall aufzuklären. Der Sprecher der Regionalregierung, Antoni Costa, sprach den Angehörigen sein Beileid aus.
Mehrere Verletzte und Verkehrschaos
Neben dem Todesopfer und den drei schwer verletzten Radfahrern wurden auch vier der insgesamt 16 Fahrgäste des Busses verletzt, darunter das Kleinkind. Drei weitere Personen – zwei spanische Frauen im Alter von 57 Jahren und ein 37-jähriger Marokkaner – wurden mit leichten Verletzungen ins Krankenhaus von Muro gebracht. Der Verkehr auf der Ma-2200 kam während der Rettungsarbeiten vollständig zum Erliegen. Die Straße ist bei Radfahrern besonders beliebt und entsprechend stark frequentiert.
Ein Großaufgebot an Einsatzkräften war im Einsatz: Die Guardia Civil, die Ortspolizei von Pollença, fünf Rettungswagen, ein Notarztfahrzeug sowie Techniker des Consell de Mallorca zur Straßenräumung. Mehrere Fahrgäste mussten durch die Fenster aus dem umgestürzten Bus befreit werden. Ein Abschleppkran entfernte das schwer beschädigte Fahrzeug.
Forderung nach Reformen
Nach dem Unfall mehren sich die Stimmen, die eine Überarbeitung der Fahrpläne und bessere Arbeitsbedingungen für Fahrer fordern. Der betroffene TIB-Fahrer sieht die Unternehmensleitung und das Transportkonsortium in der Pflicht: „Man kann nicht aus klimatisierten Büros heraus Zeitvorgaben machen, als ob unsere Busse auf Schienen fahren“, kritisiert er. Die aktuelle Praxis bringe nicht nur Fahrer, sondern auch Fahrgäste und andere Verkehrsteilnehmer in Gefahr.
Das Transportkonsortium erklärte in einer Mitteilung, man werde gemeinsam mit den Ermittlungsbehörden alles tun, um die Unfallursache zu klären. Auch das Unternehmen TIB selbst hat angekündigt, den Vorfall intern aufzuarbeiten. Wann mit abschließenden Ergebnissen der Unfalluntersuchung zu rechnen ist, ist derzeit offen.