Die Spannung steigt vor der Europawahl am Sonntag, 25. Mai. Dafür sorgt nicht zuletzt der Spitzenkandidat der konservativen Volkspartei PP, Miguel Arias Cañete. Bei der Fernsehdebatte mit seiner sozialistischen Kontrahentin Elena Valenciano schnitt der bisherige Landwirtschaftsminister nach Meinung von Beobachtern schlecht ab und rechtfertigte sich anschließend mit einer seltsamen Behauptung: "Eine Debatte zwischen Mann und Frau ist sehr kompliziert, denn wenn der Mann seine intellektuelle Überlegenheit ausspielt, dann sieht es so aus, als sei er ein Macho, der eine wehrlose Frau in die Enge treibt."
Der Sturm der Entrüstung, der dem 64-Jährigen entgegenschlug, macht den bisher recht langweiligen Wahlkampf wieder spannend. Erwartet wird nun ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den großen Parteien, die im Vergleich zu 2009 zwar deutlich verlieren, aber in Umfragen beide knapp über 30 Prozent notieren. Etwas zum Leidwesen einer Schar von Kleinparteien und Splittergruppen, die aus allgemeiner Enttäuschung über Krise und Politik Kapital schlagen will.
Gerechnet wird jedenfalls mit einer schwachen Wahlbeteiligung von 40 Prozent, die unter internationalen Residenten noch niedriger ausfallen dürfte. Erfahrungsgemäß nimmt nur eine Minderheit der auf Mallorca registrierten und somit auch wahlberechtigten EU-Bürger an der Abstimmung teil. Das hat auch damit zu tun, dass es sich bei den 16.675 auf den Balearen im Wählerregister eingetragenen Europäern (darunter 4897 Deutsche und 4289 Briten) nur um die kleine Minderheit einer Gruppe handelt, die potenziell bis zu 100.000 Personen umfasst. Wer einmal verzeichnet ist, erhält bei Abstimmungen auf EU- und Kommunal-Ebene automatisch eine Benachrichtigung, sofern es in der Zwischenzeit keinen Umzug gab. Die Einschreibefrist ist allerdings schon abgelaufen.
Eine Stimme im Parlament wird Mallorca trotzdem haben: Rosa Estarás von der Volkspartei PP ist seit 2009 Abgeordnete und hat mit Listenplatz 7 auch dieses Mal ihr Mandat sicher. Sie wirbt um Unterstützung für die Politik der Regierung Rajoy: "Es geht um die wirtschaftliche Erholung und die Schaffung von Arbeitsplätzen", so Estarás bei einem Meeting mit EU-Residenten.
Anders sieht das naturgemäß Eberhard Grosske von der postkommunistischen Linken Esquerra Unida. Er ist strikt gegen den auch von Deutschland geforderten europaweiten Sparkurs: "Am 25. Mai bestimmt nicht die Troika, sondern wir Bürger." Chancen auf einen Einzug ins Parlament werden dem Sohn eines deutschen Vaters und ehemaligen Arbeitsminister der Balearen-Regierung mit Listenplatz elf allerdings nicht eingeräumt. Das gilt auch für die Mallorquinerin Natalia Prieto von der liberalen Zentrumspartei UPyD (Platz 27). Der grün-nationalistische Parteienblock Més ruft unterdessen zur Wahl der Gruppe "Primavera Europea" (Europäischer Frühling) auf.
Um die Gunst der Wähler bewerben sich insgesamt 37 Listen, vor allem aus dem regionalistischen und linken Spektrum. Raúl Burrillo, der ehemalige Chef von Mallorcas Finanzamt, kandidiert für die Alternativ-Gruppierung "Partido X" aus dem Dunstkreis der Protestbewegung des 15. Mai, die das Land 2011 erschütterte.
Reale Chancen auf ein Mandat hat im Übrigen Pere Joan Pons (PSOE). Der 43-jährige Jurist hat in Genf und Paris gelebt und lange für "Ärzte ohne Grenzen" gearbeitet. Der Sozialdemokrat tritt auf Platz 20 an, während seiner Partei in Umfragen bis zu 19 Sitze zugetraut wurden. Das war allerdings vor dem Ausrutscher von Miguel Arias Cañete.
(Der Bericht ist Teil des Themas der Woche in der jüngsten MM-Ausgabe. Sie ist erhältlich am Kiosk auf Mallorca, sowie an den Bahnhöfen und Flughäfen in Deutschland; oder auf E-Paper.)