Mallorca Magazin: Sie werden Francina genannt, aber ihr richtiger Name ist Francesca. Woher der Spitzname?
Francina Armengol: Francina ist der Name, den meine Eltern ausgesucht haben. In der Geburtsurkunde durften in der Franco-Zeit aber keine mallorquinischen Namen eingetragen werden. Beim Standesamt hieß ich deswegen zuerst Francisca, was später dann nur auf die katalanische Entsprechung Francesca geändert werden konnte. Leider nicht auf Francina.
MM: Sie gehören auch in Madrid zum PSOE-Vorstand. Was konnten Sie dort für die Balearen herausholen?
Armengol: Als ich von 2007 bis 2011 Inselratspräsidentin war, sind 500 Millionen Euro in den Straßenbau geflossen. Außerdem wurden uns jährlich 400 Millionen an Haushaltsmitteln für die Finanzierung des Autonomiestatuts zugesagt. 2009 und 2010 haben wir das Geld tatsächlich bekommen, ab 2011 unter der konservativen PP dann nicht mehr. Bauzá hat dieses Geld leider auch nie mehr eingefordert. Derzeit liegen die Investitionen auf den Balearen pro Kopf noch unter dem Niveau von Ceuta und Melilla. So schlecht war die Situation noch nie. Davon abgesehen habe ich mich übrigens auch erfolgreich für immaterielle Dinge wie den Weltkulturerbe-Status für das Tramuntana-Gebirge und den Sybillen-Gesang eingesetzt.
MM: Haben Sie Vorbilder?
Armengol: Neben universellen Persönlichkeiten wie Gandhi oder Nelson Mandela vor allem auch Felipe González, weil er Spanien modernisiert und in die EU geführt hat. Mit ihm gab es große Fortschritte im Gesundheits- und Bildungsbereich.
MM: Was sind die zentralen Punkte in Ihrem Wahlprogramm?
Armengol: Es darf nicht sein, dass sich viele Menschen kaum noch über Wasser halten, obwohl sie einen Job haben. Die Beschäftigungslage ist prekär, weil es oft nur noch befristete Teilzeitverträge gibt. Sieben von zehn Arbeitslosen haben keinen Leistungsanspruch. Wir wollen daher die Sozialpartner - vor allem auch die Gewerkschaften - an einen Tisch bringen und einen "Pakt für würdige Arbeit" erreichen. Außerdem wollen wir 20.000 Bürgern den Anspruch auf Arztbehandlung und die Gesundheitskarte zurückgeben. Und wir brauchen einen Pakt für die Bildung mit mehr Ressourcen für die Schulen und weniger Beleidigungen an die Lehrkräfte.
MM: Warum sind Sie gegen eine Wahlfreiheit zwischen Spanisch und Katalanisch?
Armengol: Das sehen Sie falsch, viele Tatsachen werden ja von den Konservativen verdreht. Anders als in Katalonien haben wir hier eine zweisprachige Erziehung mit Gleichberechtigung zwischen Spanisch und Katalanisch. Die Ausgestaltung können die Schulen frei definieren. Probleme sind erst durch das Dreisprachenmodell TIL unter Bauzá entstanden. Es hat dazu geführt, dass sich die Kenntnisse in Spanisch um elf Prozent und in Katalanisch um acht Prozent verschlechtert haben, und dass die Schulabbrecherquote um zwei Prozent gestiegen ist.
MM: Wie ist Ihre Haltung zur ökologischen Fremdenverkehrsabgabe "Ecotasa" und zur Tourismuspolitik?
Armengol: Wir hatten die "Ecotasa" schon vor mehr als zehn Jahren eingeführt, und es war ein Irrtum, sie wieder abzuschaffen. Sie ist eine Möglichkeit, trotz chronischer Defizite Infrastruktur aufzubauen, mehr touristische Qualität zu erreichen und die Saison zu verlängern - sei es kulturell, gastronomisch, im Nautikbereich oder mit Wandertouren in der Tramuntana. Auch erneuerbare Energien und Elektro-Autos sind ein Thema, zu dem die "Ecotasa" beitragen kann. Speziell die deutschen Gäste sind dafür sensibilisiert und haben viel Verständnis.
MM: Können Sie sich eine Koalition mit den Linken von Més und Podemos vorstellen?
Armengol: Unser Ziel ist es, die Wahl zu gewinnen und zu regieren. Über die Stimmenverteilung entscheiden die Bürger, und dann muss man sehen. Anders als der PP geht es uns nicht ums Regieren zu jedem Preis, sondern um ein Programm.
MM: Wären Sie auch zu einer großen Koalition bereit?
Armengol: Nein, das halte ich für unmöglich. Wissen Sie, anders als vielleicht bei Ihnen, gibt es in Spanien einfach keine zivilisierte Rechte. Viele Dinge, die uns stören, tragen den Stempel der PP. In der Konsequenz kann es keine Koalition geben, auch nicht nach den spanienweiten Wahlen im Herbst.
MM: Gibt es denn gar keine Berührungspunkte? Etwa beim Kampf gegen die Erdölsuche im Mittelmeer.
Armengol: Natürlich ist punktuell eine Verständigung in Staatsangelegenheiten möglich. Präsident Bauzá habe ich vorgeschlagen, zusammen nach Madrid zu gehen und alle Hebel gegen die geplanten Prospektionen vor Mallorca in Bewegung zu setzen. Er lehnt das allerdings ab.
MM: Welche Orte sind strategisch die wichtigsten?
Armengol: Palma mit seinen 420.000 Einwohnern. Außerdem Formentera, da man dort mit wenigen Stimmen schon einen Parlamentsabgeordneten bekommt. Wir setzen auch darauf, dass Alfonso Rodríguez in Calvià der schlechten Politik der PP ein Ende setzen kann.
MM: Aus Ihrer letzten Regierungszeit sind viele Schulden geblieben. Wollen Sie wieder großzügig Geld ausgeben?
Armengol: Als wir abgetreten sind, lag der Schuldenstand bei 4,5 Milliarden Euro, wovon aber nur die Hälfte aus unserer Zeit stammt. Unter Bauzá ist die Summe auf neun Milliarden gestiegen, obwohl es fast keine Investitionen gab. Das hat damit zu tun, dass kein Geld aus Madrid kommt, und laufende Ausgaben mit Schulden finanziert werden. Wir dagegen haben in sinnvolle Projekte wie Schulen, Krankenhäuser oder Gesundheitszentren investiert und werden das auch in Zukunft tun.
MM: Beim Regierungswechsel sind aber jede Menge unbezahlte Rechnungen aufgetaucht.
Armengol: Es ist immer so, dass etwas in der Schublade liegen bleibt. Zum Beispiel ist die PP-Regierung seit drei Jahren den Familien von kranken Kindern aus Menorca und Ibiza die Beihilfe für die Krankenhausbehandlung auf Mallorca schuldig. Lassen Sie uns in zwei Monaten noch einmal über das Erbe der PP reden, wenn wir wieder an der Regierung sind.
Die Fragen stellte Michael Maier.
(aus MM 16/2016)