Während die Fußballwelt am Mittwochnachmittag gebannt nach München schaute, wo die Verpflichtung von Startrainer Josep Guardiola bekannt gegeben wurde, bahnte sich auf Mallorca eine weitere, wenn auch kleinere Fußballsensation an. Zeitgleich tauchten Meldungen auf, wonach Aktionär Utz Claassen für den Inselklub Real Mallorca eine spektakuläre Neuverpflichtung anstrebt.
Wie der Radiosender Cadena Cope meldete, gibt es eine mündliche Absprache zwischen Claassen und Lothar Matthäus. Der 51-Jährige soll demnach Trainer des Inselklubs werden, sobald Trainer Caparrós entlassen worden ist. Schnell griffen andere Medien landesweit diese Meldung auf. Wie MM erfuhr, sucht Matthäus bereits ein Haus in Andratx.
Gegenüber MM ließ Claassen nur ausrichten, dass er Matthäus äußerst schätze und ihn als Bereicherung für jeden Klub ansehe. Er habe ihn aktuell aber nie gegenüber dem Verwaltungsrat als Trainer vorgeschlagen.
Fakt ist: Der deutsche Anteilseigner hat in der Lokalpresse erstmals öffentlich die Entlassung von Real-Trainer Joaquín Caparrós und Sportdirektor Llorenç Serra Ferrer gefordert. Eine Aufsichtsratssitzung zu dieser Forderung soll schnellstmöglich stattfinden.
Und: Es hat einen Kontakt zwischen Claassen und Matthäus gegeben, das hat Matthäus' Management "die Sportmanufaktur" gegenüber MM bestätigt. Zum aktuellen Gerücht wollte man jedoch keine Stellungnahme abgeben. Lothar Matthäus befinde sich aktuell in London auf einer Feierlichkeit zur 150-Jahrfeier des englischen Fußballverbands, hieß es. Außerdem: Bereits 2011 soll es auf Mallorca konkrete Gespräche zwischen Claassen, Sportdirektor Serra Ferrer und Matthäus über eine Verpflichtung als Trainer gegeben haben.
Matthäus, der als Coach von zum Beispiel Red Bull Salzburg, der bulgarischen Nationalmannschaft oder Partizan Belgrad bislang noch nicht an seine großen Erfolge als Spieler anknüpfen konnte, würde in Claassens Konzept passen, den Klub international zu vermarkten. Die Aufmerksamkeit der deutschen Öffentlichkeit wäre Real Mallorca gewiss und das deutsche Publikum an der Playa de Palma würde mit Sicherheit in das Iberostar Estadio pilgern, um "Loddar" an der Seitenlinie zu sehen.
Zwischen dem Weltfußballer des Jahres 1990 und der Insel gibt es mehrere Verbindungspunkte. Seinen langjährigen Berater, den vor zwei Jahren verstorbenen Norbert Pflippen, hatte Matthäus in dessen Haus auf Mallorca besucht. Im Jahr 2000 war er auch "beruflich" auf der Insel. Vor der EM bezog der DFB-Tross unter Leitung von Bundestrainer Erich Ribbeck ein Trainingslager im Arabella-Sheraton in Son Vida. Schon gegen Ende der ersten Übungseinheit verletzte sich Matthäus leicht.
Beinahe wäre Mallorca trotzdem eine wichtige Karrierestation für den deutschen Rekordnationalspieler (150 Einsätze im A-Team) geworden: Wie erst nach der EM, bei der Deutschland die Vorrunde nicht überstand, in Medien berichtet wurde, hatten einige Spieler auf der Insel die "Palastrevolution" geplant. Sie wollten Ribbeck absetzen, Matthäus sollte an seine Stelle treten - knapp zwei Wochen vor dem Turnier. Es kam dann doch nicht so. Und Lothar Matthäus feierte sein Trainerdebüt erst ein gutes Jahr später bei Rapid Wien.
Wenn Claassen Matthäus tatsächlich noch diese Saison haben will, käme seine Offensive zum rechten Zeitpunkt. Bislang hatte sich der zweitgrößte Einzelaktionär in sportlichen Fragen zurückgehalten. Dass Claassen jetzt die Absetzung des Trainers fordert und als Grund einen "völligen Vertrauensbruch" nennt, ist eine neue Qualität der Querelen. Trainer Caparrós hatte sich zuvor ungewöhnlich heftig zu Vorschlägen Claassens geäußert, die Kompetenzen des Aufsichtsrats zu erweitern. Unter anderem bezichtigte Caparrós zwar nicht namentlich aber eindeutig, Claassen der Inkompetenz.
Ob Claassen einen Trainer Matthäus durchboxen könnte, bleibt abzuwarten. Der Weltmeister und Fifa-Spieler des Jahres 1990 brächte zumindest internationales Flair auf die Insel. Alles Weitere wird man sehen.