Es war einer dieser Abende, die im mallorquinischen Fußball noch in Jahren erzählt werden. Atlético Baleares, Viertligist, Traditionsklub, Herzensprojekt des deutschen Hotelunternehmers Ingo Volckmann, gewann am Donnerstag im Estadi Balear in Palma de Mallorca sensationell mit 1:0 gegen Espanyol Barcelona – und zieht damit ins Achtelfinale der Copa del Rey ein. Jetzt wartet ein Gegner, den sonst nur die Champions League kennt: Real Madrid, FC Barcelona, Atlético oder Athletic Bilbao. Einer dieser vier Titanen wird in zwei Wochen in Palma auflaufen. Ein Fußballmärchen mit Nachspielzeit.
Der Abend, an dem alles passte
Schon Stunden vor dem Anpfiff lag elektrisierte Pokalstimmung über Son Güells, dem Industrieviertel rund um das Stadion. Parkplätze rar, Stimmen laut, Fritteusenduft schwer in der Luft. Nicht ganz ausverkauft – aber nah dran. Und vor allem: hungrig. Die Mannschaft von Luis Blanco begann abwartend, vielleicht sogar nervös. Doch Espanyol, selbst mit einer B-Elf angereist, entwickelte kaum Druck. Das sahen die Balearicos – und wuchsen von Minute zu Minute. Eine mutige Fünferkette, bissige Zweikämpfe, ein Mittelfeld, das plötzlich die Brust rausstreckte: Gerardo, Miguelito, Cherta – sie alle spielten, als stehe der ganze Verein auf dem Rasen.
Zu Beginn der zweiten Halbzeit kippte das Spiel endgültig. In der 54. Minute segelte eine scharfe Flanke von Axel Bejarano in den Strafraum, Espanyol bekam den Ball nicht weg, ein Abpraller landete plötzlich vor den Füßen von Jaume Tovar. Ein Zögern? Keines. Ein Strahl aus kurzer Distanz – 1:0. Das Estadi Balear explodierte. Tovar, der in diesem Moment zur Vereinslegende wurde, rannte zur Kurve, die Fans rissen die Arme hoch, und selbst Volckmann auf der Tribüne sprang auf wie ein Vater, dessen Sohn gerade das entscheidende Tor geschossen hat.
Ein Tor, das Espanyol lähmte
Espanyol-Trainer Manolo González reagierte panisch: frische Kräfte, volle Offensive, die sogenannte „Artillerie“. Doch Atlético Baleares spielte, als würde der Pokal nur ihnen gehören. Die Innenverteidiger Pol, Castel und Ullrich verwandelten sich in eine Mauer, die selbst La Liga-Stürmer verzweifeln ließ. Und hinten stand Juli Rivas, Keeper aus der dritten Liga, der an diesem Abend aussah wie ein Transferziel der Champions League. Espanyols größte Chance? Ein Eins-gegen-Eins von Kike García. Rivas parierte, als hätte er Handschuhe aus Titan.
Der Schlusspfiff: Ekstase. Die Spieler warfen sich in die Arme. Fans tanzten auf den Stufen. Und mittendrin: Ingo Volckmann, der Berliner Unternehmer, der Atlético Baleares seit Jahren durch Höhen, Tiefen und Abstiege führt – und nun den vielleicht strahlendsten Moment seiner Amtszeit erlebte. Eine Insel im Fußballrausch. „Das ist unser größter Abend seit langer Zeit“, soll Volckmann später gesagt haben – und selten hat ein Satz so gestimmt.
Was jetzt kommt: ein Traum in Weiß, Rot-Blau, Rot-Weiß oder Rot-Gelb
Atlético Baleares steht im Achtelfinale. Das allein wäre schon Geschichte. Doch die neue Copa-Regelung verspricht mehr: In der nächsten Runde reist einer der vier Supercup-Teilnehmer nach Palma. Barça, Madrid, Athletic oder Atlético. Ein Event, das für den Klub sportlich, finanziell und medienwirksam die größte Chance der Vereinsgeschichte bedeutet. Die Auslosung steigt am Dienstag um 13 Uhr. Ganz Mallorca wird hinhören.