Seit eineinhalb Jahren hat die junge Frau ihr Gehalt nicht mehr pünktlich überwiesen bekommen. Bis zum 21. des Folgemonats habe sie schon warten müssen, bis das Geld auf dem Konto war. "Das ist einfach unfair", sagt die Frau, die für gerade einmal 800 Euro im Monat sechs Tage die Woche putzen geht - als Angestellte von Klüh Linaer SL, einer Tochter des Unternehmens Klüh Service Management mit Sitz in Düsseldorf.
Weil sie Repressalien fürchtet, will sie unbedingt anonym bleiben und auch nicht in der Zeitung lesen, wo genau sie arbeitet. Sie sei alleinstehend und habe etwas Geld gespart, so dass sie trotz wochenlanger Verzögerung der Gehaltszahlung bisher noch immer über die Runden kam. Sie weiß aber von Kolleginnen, die ihre Miete nicht bezahlen konnten, denen der Strom abgestellt wurde und die sich Geld leihen mussten.
Was die Frau berichtet, ist kein Einzelfall. Klüh Linaer SL scheint seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Angestellten regelmäßig erst mit Verspätung nachzukommen. Zuletzt warteten die Putzfrauen in der Balearen-Universität auf ihre Löhne, im Krankenhaus in Alicante streikten die Reinigungskräfte zwei Wochen lang, weil sie ihr Gehalt nicht bekommen hatten.
Seit Monaten kommt es vor allem auf Mallorca immer wieder zu Protesten von Angestellten des Unternehmens. So etwa im Krankenhaus Son Llàtzer und am Flughafen. "Allein im Jahr 2012 gab es sieben Protestveranstaltungen gegen diese Firma. Ein Spitzenwert", sagt Miguel Pardo von der Gewerkschaft CCOO. Arbeitnehmer in Spanien hätten per Gesetz das Recht, ihr Gehalt spätestens am fünften Tag des Folgemonats zu bekommen.
Das Unternehmen Klüh Service Management beschäftigt nach eigenen Angaben 42.654 Mitarbeiter und hat Niederlassungen in zehn Ländern, unter anderem in Spanien - und zwar auf Mallorca. Im Bereich "Facility-Management" gehöre Klüh "zu den führenden Anbietern weltweit", heißt es auf der Internetseite des Unternehmens. Der Umsatz habe im Jahr 2011 bei 623,9 Millionen Euro gelegen.
"Wir reden hier nicht über ein kleines Familienunternehmen, sondern über einen multinationalen Konzern", sagt Gewerkschafter Miguel Pardo. Ein Verhalten, wie es die Firma nun schon seit Monaten ihren Angestellten gegenüber zeige, sei schlicht unverantwortlich. "Klüh ist außerdem das einzige Unternehmen im Sektor, bei dem es ständig zu Verzögerungen beim Bezahlen der Gehälter kommt."
Auf Nachfrage bei dem Unternehmen in Düsseldorf äußert sich der zuständige Pressesprecher schriftlich mit folgender Erklärung: "Wie viele Unternehmen, die Auftragnehmer der öffentlichen Hand sind, leidet auch Klüh Linaer SL unter dem oftmals extrem verzögerten Ausgleich von Rechnungen." Beim Tätigkeitsfeld des Unternehmens handele es sich um ein "sehr personalintensives Geschäft", weshalb Klüh Linaer SL von den Zahlungsverzögerungen "besonders hart" getroffen werde.
Es ist tatsächlich so, dass die Balearen-Regierung seit Jahren massive Probleme hat, ihren Zahlungsverpflichtungen mit Zulieferern und Dienstleistern nachzukommen. Als die konservative PP im Frühjahr 2011 die Amtsgeschäfte übernahm, habe man unbezahlte Rechnungen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro vorgefunden, so ein Regierungssprecher. Die Summe sei mittlerweile zwar drastisch reduziert worden, dennoch gibt es angesichts der angespannten Finanzlage auf den Balearen weiterhin massive Zahlungsverzögerungen. So bestätigt etwa eine Sprecherin des balearischen Verkehrsministeriums, dass Klüh Linaer SL für die Reinigung der Bahnhöfe derzeit mit "zwei- bis dreimonatiger Verspätung" bezahlt werde.
Der alleinige Grund für die Verzögerungen bei der Gehaltszahlung an die Angestellten aber scheint das nicht zu sein. In der Balearen-Uni bekamen die Putzfrauen ihr Dezember-Gehalt laut Gewerkschaftsangaben erst nach dem 8. Januar. Ein Sprecher der Hochschule beteuert auf Anfrage, man sei mit den Zahlungen an Klüh Linaer SL auf dem aktuellen Stand. Die Firma sei erst seit Mitte Dezember unter Vertrag und die ersten Rechnungen seien noch gar nicht ausgestellt worden.
"Wir wollen, dass die öffentliche Hand keine Aufträge mehr an diese Firma vergibt", sagt Gewerkschafter Miguel Pardo.
Den betroffenen Putzfrauen bleibt derweil nichts anderes übrig, als Monat für Monat auf ihr Geld zu warten. "Ich gehe trotzdem jeden Tag zur Arbeit, auch wenn sie mich nicht bezahlen", sagt eine von ihnen. "Denn wenn ich das nicht tun würde, schmeißen sie mich raus."