Die Reise- und Übernachtungsindustrie auf Mallorca ist eine Dauerbaustelle. Nicht nur im engeren Sinne, wenn es um das Errichten oder Renovieren von Hotels geht, sondern auch im weiteren Sinne, etwa bei juristischen Neuerungen, wie die sogenannten Benimm-Regeln, die im vergangenen Jahr erstmals in Palma und an der Playa in Kraft traten.
Sprich: Irgendwo wird immer gewerkelt in Sachen touristischer Infrastrukturen: Hotels, Strandpromenaden, Flughafen, Gastronomie, Handel, Nachtleben, Gesetze. Viele Entwicklungen, die derzeit stattfinden, sind in den vergangenen zwei, drei, vier Jahren angestoßen worden. Und diese Trendlinien geben Aufschluss darüber, wie die nahe Zukunft aussehen wird. Ein Überblick:
- Playa de Palma
Noch nie waren an der Playa de Palma so viele Hotels geschlossen wie in diesem Winter. Letztlich hatten nur 15 Häuser geöffnet, von jenen rund 100 Übernachtungsbetrieben am 4600 Meter langen Sandstrand. Der Hauptgrund dafür war aber nicht, dass man auf der Insel den Kampf gegen den Winterblues aufgegeben hat. Im Gegenteil: Noch nie wurden in der kalten Jahreszeit so viele Hotels renoviert und modernisiert sowie ihre Sternekategorie angehoben.
Die Motive, die dahinter stehen: Zum einen, den Gästen besseren Service zu bieten (bei entsprechend höheren Zimmerpreisen, was wiederum eine höhere Rendite für den Betrieb bedeutet). Zum anderen: Es geht darum, im internationalen Kampf um die Touristenströme zu bestehen. Und das nicht nur im Sommer, wenn Mallorca sich nicht über Nachfragemangel beklagen muss, sondern auch in den kühleren Monaten und im Winter.
- Hotelrenovierungen
Apropos Baustelle: An der Playa de Palma hört man dieser Tage zwischen Palma-Aquarium und Mega-Park tatsächlich alle paar Hundert Meter Baulärm. Gearbeitet wird an vielen Hotels, manche werden sogar um bis zu zwei Etagen auf maximal acht aufgestockt. Vorreiter dieses Trends war bereits im Winter vergangenen Jahres das Hotel Riu San Francisco.
Jetzt ziehen andere Betriebe nach, wie das zur HM-Kette gehörende Hotel Tropical (zwei zusätzliche Stockwerke), Ambos Mundos (neu: 4. Stern und Umbenennung in HM Balanguera Beach ), Hotel Negresco (plus zwei Etagen und 4. Stern), Riu Bravo (jeweils eine neue Etage auf den beiden Gebäudeblöcken). Auch das seit 1958 bestehende Acapulco Playa (Grupotel) und das Royal Cristina (Iberostar) befinden sich in einer Totalrenovierung. Insgesamt machen sich in diesem Winter 60 Hotels für die neue Saison hübsch. Die Investitionen betragen 119 Millionen Euro.
- Fünf-Sterne-Hotels
Das Hotel Garonda (Mac-Hotels) war schon einmal, von 1964 bis 1976, das bislang einzige Fünf-Sterne-Hotel an der Playa de Palma. Danach gab es einen Stern ab, jetzt soll dieser nach einem ambitionierten Umbau bald wieder am Gebäude prangen. Das Haus erhält einen neuen Eingangsbereich Richtung Strand, zwei Restaurants, Spa sowie ein zusätzliches Stockwerk. Der Betrieb nach dem Umbau startet im Mai.
Als regelrechte Neubauten entstehen an der Playa de Palma zudem derzeit zwei weitere Fünf-Sterne-Hotels. Die Bauarbeiten im Umfeld von Bierkönig und Mega-Park haben längst begonnen. Es handelt sich um das Hipotels Playa de Palma Palace und um das Llaut Palace. Beide werden 2016 eröffnet werden. Dann zählt die Playa de Palma insgesamt drei Luxus-Hotels. Zusätzlich entsteht als Neubau ne-benan das Hipotels Gran Playa de Palma (mit vier Sternen).
- Boutique-Hotels
In der Altstadt von Palma hat es seit 2011 einen regelrechten Boom an Neueröffnungen von kleinen, aber feinen Boutique-Hotels gegeben. Ein Dutzend Betriebe sind zum Teil in historischen Altstadtpalästen entstanden oder stehen vor ihrer Vollendung. City-Tourismus in Palma – häufig als verlängertes Wochenende zum Schoppen, Schlemmen, und Schauen – erfreut sich einer ungeahnten Nachfrage, die von Jahr zu Jahr wächst und zu neuen Boutique-Hotels führt. Noch besser wird der Anstieg im Zehn-Jahres- Vergleich deutlich: Nach Angaben des Hotelverbandes Palma-City hat sich die Zahl der Stadthotels seit 2003 auf 54 verdoppelt. Jüngste Eröffnungen in 2014 waren die Posada de Terra Santa und das Can Alomar am Borne.
"Und es wird noch einige Eröffnungen in der Zukunft geben, wenn auch nicht mehr ganz so viele", prognostiziert Verbandspräsident Javier Vich. In der Pipeline seien derzeit Häuser am Rathausplatz und in der Einkaufsstraße Jaime III. Die Hafenbehörde plant ihrerseits ein oder zwei Hotels auf der Alten Mole.
- Magaluf
Die Modernisierungsprojekte sind nicht allein auf Palma und die Playa beschränkt. In der vom britischen Tourismus dominierten Zone Magaluf (Calvià) tut sich ebenfalls viel (einmal ganz abgesehen von den dortigen Alkohol-, Sex-, und Polizeiskandalen, die 2014 für negative Schlagzeilen sorgten). Anders als an der Playa setzen Investoren in Magaluf auf Motto-Hotels mit ausgeprägten Unterhaltungsangeboten: Die mallorquinische Gruppe Fergus und das britische Veranstaltungsunternehmen Intriga Entertainment planen ein neues Hotelprojekt mit ganzheitlichem Showkonzept. Für zehn Millionen Euro werden die Hotels Pax und Barracuda zu einem einzigen Resort kombiniert, mit 3500 Quadratmeter Unterhaltungsbereich für Tag und Nacht inklusive Beleuchtungs- und Klanginstallationen auf dem neustem Stand der Technik.
Auch das ehemalige Hotel Mallorca Rocks, in dem Rockkonzerte stattfanden, wird derzeit vom Freizeitkonzern Cursach für zehn Millionen Euro zum Hotelkomplex BH Mallorca umgebaut. Neben Konzert-, DJ-, und Showbereichen entsteht dort derzeit zwischen zwei Gebäudekomplexen ein integrierter Wasserpark für Gäste ab 18; mit rasanten Renn- und Loopingrutschen, wie es sie bislang in Europa nicht gibt.
In ganz Calvià mit seinen Küstengemeinden wie Magaluf, Palmanova und Peguera werden in diesem Winter 65 Hotels für 69 Millionen Euro modernisiert.
- Calvià Beach Resort
Impulsgeber für den Wandel in der Hotellerie in Magaluf ist der mallorquinische Meliá-Konzern. Der Global Player hat seit 2012 gemeinsam mit Geschäftspartnern mehr als 80 Millionen Euro in die Modernisierung seiner dortigen Betriebe investiert. Bis 2017 will das Unternehmen mindestens weitere 25 Millionen Euro in die Zone investieren. "Der Wandel wird mittelfristig sichtbar werden, nach fünf oder sechs Jahren, und unser Projekt, das Calvià Beach Resort, zu einer Referenz für die Sanierung von veralteten Tourismusdestinationen machen", sagt Vorstandschef Gabriel Escarrer. 2012 eröffnete Meliá die Hotels Sol Wave House (mit künstlicher Woge für Surfer) und Nikki Beach . 2014 erhielt das renovierte Familienhotel Sol Katmandu seinen eigenen dazugehörigen Freizeitpark. Was jetzt ansteht: 2015 eröffnen die generalsanierten Hotels Guadalupe und Trinidad , nun jeweils mit vier Sternen. Da geschlossene Jamaica soll Ende 2015 abgerissen und vollkommen neu errichtet werden.
- Reife Tourismuszonen
Die Grundlage für die Investitionen in Millionenhöhe, die derzeit auf Mallorca von den Hoteliers erbracht werden, bildet das "Dekretgesetz für dringende Maßnahmen", das 2013 unter der Ägide des damaligen Tourismusministers Carlos Delgado in Kraft trat. Das sogenannte Delgado-Gesetz erklärte die Playa de Palma zur "gereiften Tourismuszone" und sah weniger Bürokratie vor, etwa bei der Erteilung von Baulizenzen. Nach dem Vorbild in Palma hat nun das Rathaus von Calvià im Februar ebenfalls Abschnitte in Santa Ponça, Palmanova, Peguera und Magaluf - insbesondere die verlotterte Amüsiermeile Punta Ballena - zu reifen Zonen erklärt. Dort müssen jetzt detaillierte Masterpläne ausgearbeitet werden, um der mittelfristigen Sanierung der Küstengemeinden als Leitlinien zu dienen.
- Tourismusgesetze
Eine weitere Grundlage für die aktuellen Bauprojekte auf Mallorca stellt das 2012 verabschiedete balearische Tourismusgesetz dar. Hoteliers und Privatinvestoren wurde in Aussicht gestellt, die Gebäude unter bestimmen Umständen ausbauen beziehungsweise erhöhen zu dürfen, wenn sie sich als Gegenleistung zur Generalsanierung entschließen und auch die Sterne-Kategorie aufwerten.
Im Sonderfall der Playa de Palma wird die Modernisierung der Zone auch über den städtebaulichen Integralplan zur Sanierung der Playa beeinflusst. Um diesen Plan wird jedoch seit Jahren gerungen. Auf eine ehrgeizige Phase, die auch Enteignungen und den Abriss veralteter Häuser vorgesehen hatte, folgte nach dem Regierungswechsel 2012 eine Überarbeitung des Plans. Der neue Integralplan "light" sollte bereits 2014 in Kraft treten, verzögerte sich aber bis heute. Nach jüngsten Bekundungen soll er noch vor Ende der Legislaturperiode im Mai verabschiedet werden.
- Ferienvermietung
Ein auf Mallorca zutiefst umstrittenes Thema ist die Nicht-Freigabe von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern zur Vermietung an Urlauber. Im vergangenen Jahr erhoben Immobilien- und Eigentümerverbände die Forderung, die Balearen-Regierung solle endlich klare Verhältnisse schaffen. Denn das Tourismusgesetz verbietet das Bewerben dieser Wohnungen im Internet auf einschlägigen Reise- und Urlaubs-portalen. Immobilien dieser Art lassen sich somit nur über das spanische Mietgesetz an den Mann bringen, was sich in der Praxis für Urlaubsvermietungen als extrem umständlich erweist, so die Kritiker. Die Hoteliers lehnen ihrerseits eine Öffnung des Mietmarktes für Urlauber in Mehrfamilienhäusern kategorisch ab. Der Konflikt harrt der Lösung. Unterdessen erleben Urlaubsvermietungen in genehmigten Fincas und Einfamilienhäusern auf dem Land einen regelrechten Boom. Die Nachfrage bei Immobilienbesitzern und Urlaubern, die nicht ins Hotel möchten, scheint ungebrochen.
- Benimm-Regeln
Die städtische Verordnung für Zivilisiertes Verhalten, die das Rathaus von Palma im Sommer 2014 in Kraft setzte, ist weitestgehend auf Zustimmung gestoßen. Der Besucher- (und Einwohner-Knigge) untersagt bei hohen Geldstrafen unter anderem Alkoholgelage in großen Menschenansammlungen am Strand sowie das Flanieren in der Innenstadt mit nacktem Oberkörper oder im Bikini.
- Ästhetik-Verordnung
Ein zweites städtisches Regelwerk, das im Rathaus von Palma seit 2012 behandelt wird, ist die sogenannte Ästhetik-Verordnung. Sie sollte für die Stadt und die Playa Vorgaben machen, wie groß oder bunt die Werbeschilder der Läden ausfallen dürften, und wie hochwertig die Qualität der Tische und Stühle der Straßencafés zu sein hat. Hier hat es hinter den Kulissen massive Diskussionen gegeben. Unschön: Da ein Konsens nicht möglich schien, ist die Verabschiedung der Verordnung nun für die Zeit nach den Wahlen angesetzt worden.
- Einkaufszentren
Die Goldgräberstimmung unter den Privat-investoren zeigt sich an zwei Einkaufsprojekten, die aktuell für knapp 400 Millionen Euro in Palma realisiert werden. Palma Springs und S'Estada , diesseits und jenseits der Flughafenautobahn bei Coll d'en Rebassa, befinden sich im Bau und sollen ihre Pforten 2016 öffnen. Die Betreiber rechnen mit knapp einer Million Einwohner auf Mallorca sowie elf Millionen Touristen im Jahr.
- Kongresspalast
Ein anderes städtisches Projekt, dass sich nach Jahren der Verzögerung seiner Vollendung nähert, ist der Kongresspalast von Palma samt seinem Tagungshotel. Im Frühjahr 2016 soll das 120-Millionen-Euro-Vorhaben endlich eingeweiht werden. Derzeit läuft noch die Ausschreibung für den künftigen Betreiber.
- Cala Millor
Bewegung wird auch im Inselosten registriert. Wie im Oktober bekannt wurde, investiert die Familie des mallorquinischen Tennisprofis Rafael Nadal mehr als fünf Millionen Euro in ein Aparthotel in Cala Millor. Der Apartmentkomplex in der Calle Castells soll zu einer Vier-Sterne-Anlage veredelt werden. Als Betreiber ist die Gruppe Iberostar vorgesehen.
- Neueröffnungen
Neben all den genannten Projekten wird an vielen weiteren Punkten auf Mallorca derzeit gebaut und renoviert, um neue Hotels zu eröffnen. Zu ihnen zählen das Portals Hills in Puerto Portals, das nach einem kompletten Neubau im April den Betrieb aufnehmen wird. Wenige Kilometer entfernt wird die deutsche Hotelgruppe Maritim nach Mallorca zurückkehren und von März an das Hotel Galatzó betreiben. In Canyamel wiederum ist die Grupo Capvermell schwer am Bauen ihres Fünf-Sterne-plus-Hotels Park Hyatt Mallorca , in das rund 100 Millionen Euro investiert werden.
- Fazit
Es ist vor allem der Privatsektor, der in Milliardenhöhe in die touristische Zukunft Mallorcas investiert. Die öffentliche Hand kann da angesichts leerer Kassen und nach Jahren der Wirtschaftskrise bei Weitem nicht mithalten. Allerdings hat die Politik in der jüngeren Vergangenheit teilweise die Grundlagen und die Anreize geschaffen, um die Geldgeber zum Investieren zu bringen. Ferner bleibt abzuwarten, ob sich diese Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt niederschlägt und ob es gelingt, die saisonale Abhängigkeit zu verringern.
(aus MM 10/2015)