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Das Geheimnis des All-Inclusive

All-inclusive: Neben den Hauptmahlzeiten gibt es Kaffee, Kuchen, Snacks und Getränke, so viel das Urlauberherz begehrt. | Foto: Patricia Lozano

| Alcúdia, Mallorca |

Vor 20 Jahren, Ende Mai 1996, berichtete das Mallorca Magazin über ein Novum auf der Insel: Unter dem Titel "Alles drin. Essen, Drinks, Kaffee und Kuchen - ITS offeriert als erster deutscher Veranstalter Hotelgästen ,alles inklusive'".

Es handelte sich um eine neue Verpflegungsart in der Tourismusindustrie, die von mallorquinischen Hoteliers erfunden und erprobt worden war - wenn auch nicht auf der Insel selbst, sondern vorerst in der Karibik. Die dortigen Inselresorts lagen zum Teil weit entfernt von Dörfern und Städten, so dass außerhalb der Resorts keinerlei gastronomische Betriebe wie Bars und Restaurants vorhanden waren. Da kamen die Hoteliers auf die Idee, die Ausgaben der Gäste für ihre Drinks und Snacks am Pool und in der Bar - außerhalb der Regelmahlzeiten - ebenfalls in den Hotelpreis zu integrieren. Die Gäste mussten dann nicht mehr jede Piña Colada am Abend extra begleichen, konnten so auch die Geldbörse auf dem Zimmer liegen lassen. Jeder Cocktail, jedes Speise-eis war dadurch bereits im Voraus bezahlt. Convenience pur für die Urlauber.

Das ist zumindest die offizielle Version über die Entstehungsgeschichte von All-inclusive. Die inoffzielle klingt ein wenig anders, was der Gewieftheit der Erfinder aber keinen Abbruch tut. Sollen doch die mallorquinischen Hoteliers mit dieser Methode den Geldfluss innerhalb ihrer Resorts unterbunden haben, da der Gast bei Reiseantritt seinen Aufenthalt ja bereits bezahlt hatte. Und wo kein Geld mehr floss, etwa beim Bezahlen einer Cola, konnten einzelne Münzen auch nicht in fremde Taschen, etwa der Angestellten abwandern ... Wie viel von dieser Version wahr ist, und wie viel Legende, dass lässt sich nicht absehen.

Das erste All-Inclusive-Angebot auf Mallorca nahm seinen Anfang in einem Urlaubsresort in Alcúdia, das aus den drei Hotels Saturno, Marte und Jupiter bestand und rund 3000 Betten zählte. Bereits im Vorjahr, 1995, war in den drei Häusern des Hotelunternehmens Mac ein Test gestartet worden. Damals wurden die Gäste beim Einchecken befragt, ob sie bereit wären, gegen einen Aufpreis von 300 Pesetas am Tag so viel zu verzehren, wie sie nur wünschten. Viele stimmten zu, und im Jahr darauf wurde diese "alles im Preis enthalten"-Offerte auf die gesamte Anlage ausgedehnt.

Für die vor allem von britischen Gästen gebuchten Anlage scheint sich der Wechsel gelohnt zu haben. Sucht man heute im Internet nach dem Hoteltrio, das nach wie von Mac Hoteles geleitet wird, dann stößt man auf den "Club Mac". Dieser wird ganz modern per Video und auf Englisch beworben als "an all inclusive paradise for families" samt Unterkunft und Verpflegung, einer Landschaft aus zehn Pools auf 100.000 Quadratmeter Fläche sowie Gratiszugang zum Hirdo-Rutschenpark. "All-inclusive bedeutet heute vor allem viel Platz und Service", sagt Vertriebschef Miguel Amengual.

Junge Familien waren von Anfang an die treuesten Anhänger der All-inclusive-Reisen. Sie verfügten dadurch, gerade in Zeiten knapper Kasse, über "Budget-Sicherheit", wie die gerne Reiseveranstalter betonten, und wussten, dass die süßen Kaltspeisen, Pommes und Softgetränke für die Kleinen den Urlaubsetat nicht zusätzlich belasten würden. Abgesehen von den Familien hat sich diese Verpflegungsart auch attraktiv für junge Erwachsene erwiesen, die gerne zum Party-Machen anreisen und so kaum Mehrausgaben für den abendlichen Alkohol aufwenden müssen.

Die All-inclusive-Variante stieß allerdings auch von Anfang an auf Kritik, insbesondere von Gastronomen und Händlern im Umfeld der All-inclusive-Anlagen. Sie beklagten das Ausbleiben von Gästen und Einnahmen. Es drohe die Verödung der gastronomischen Infrastrukturen rund um die Hotels. Von daher hat es in den vergangenen Jahren auch wiederholt Rufe nach einer Beschränkung von All-inclusive auf Mallorca geben.

Touristiker wollen hingegen nicht auf diese Verpflegungsart verzichten. Sie verweisen gerne auf die Nachfrage, insbesondere von Familien. "Ohne All-inclusive würden viele Gäste gar nicht nach Mallorca kommen, sondern ihre Urlaube in der Türkei oder Ägypten verbringen", sagte ein Hotelier vergangene Saison an der Playa de Palma. Eine Ansicht, die ein großer deutscher Reiseveranstalter teilte. "Das Alles-inklusive-Geschäft auf Mallorca ist für uns sehr wichtig. Rund ein Drittel unserer Mallorca-Urlauber bucht All-inclusive." Die Nachhaltigkeitsbeauftragte der Hotelkette Riu brach jüngst in einem Interview ebenfalls eine Lanze für All-inclusive: "Die Gäste verlassen sehr wohl die Hotels, erkunden die Umgebung und speisen auswärts, insbesondere wenn sie länger als eine halbe Woche Urlaub gebucht haben."

Die Nachfrage nach All-inclusive hat in der Vergangenheit Höhen und Tiefen registriert. Es gab Zeiten, da lag der Anteil bei den Mallorca-Buchungen aus Deutschland bei über 30 Prozent, insbesondere während der Ferienzeit der Schulen. In diesem Jahr liege der Anteil je nach Zone deutlich niedriger. Konkret: An der Playa de Palma betrug der All-inclusive-Anteil 2007 mehr als 25 Prozent, sagte der Präsident des Hotelverbandes, Francisco Marín. Für diesen Sommer liege der Anteil bei zehn Prozent.

Seit dem Vorjahr ist die Balearen-Regierung dabei, verstärkt auf die Einhaltung der Qualitätsstandards bei All-inclusive zu achten. Dabei geht es nicht alleine um die Güte der Getränke und Speisen, sondern auch um die Umsetzung bestimmter Auflagen. So dürfen beispielsweise Gäste sich nicht selbst an den alkoholischen Getränkeausgaben bedienen. Hier hat ein Barmann oder Kellner zu fungieren. Auch ist es nicht zulässig, Speisen und Getränke aus dem Speisesaal mit an den Strand zu nehmen.

Die Regierung hat zudem alle touristischen Dienstleister aufgefordert, sich bis Ende April in ein entsprechendes Register einzutragen. Dort finden sich heute tatsächlich 54 Häuser. Das balearische Tourismusministerium weiß aber über eigene Internet-Recherchen, dass die Zahl der Anbieter viel höher ist. Jene Betriebe, die sich noch nicht gemeldet haben, müssen nun verstärkt mit Besuch von Inspektoren rechnen.

(aus MM 20/2016)

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