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Gute Frage: Wie viel Quadratmeter Strand stehen mir im Mallorca-Urlaub eigentlich zu?

An der Platja d’es Carbó wollten Yacht-Touristen eine Luxusoase im Sand errichten – mit Zelt, Liegen, Personal und Musik. Doch das Belegen von Playas folgt klaren Regeln

Ob hier die vorgegeben Mindestabstände zwischen Badegästen und Ufer eingehalten werd, ist fraglich | Foto: Archiv UH

| Campos, Mallorca |

Ein Sandstrand, türkisblaues Wasser, frühe Morgensonne – und ein Zelt mit Personal. Was wie ein Werbefoto aus einem arabischen Reiseprospekt aussieht, war in Wahrheit der Anfang eines Polizeieinsatzes auf Mallorca. An der abgelegenen Platja d’es Carbó im Süden der Insel wollten Yacht-Gäste am Samstagmorgen eine exklusive Chill-out-Zone im öffentlichen Sand errichten – mit Lounge-Liegen, Sportgeräten, Getränken, Musik und Butler. Doch statt Partylaune gab’s eine Ansage vom Ordnungsamt.

Partyverbot mit Meerblick

Denn was vielen Sommerfrischlern nicht bewusst ist: Mallorcas Strände sind nicht der Wilde Westen. Auch hier gilt ein streng bemessener Spielraum: vier Quadratmeter pro Person – für Handtuch, Schirm, Kühlbox und das Gefühl, Urlaub zu haben. Alles darüber hinaus gilt schnell als illegal – insbesondere dann, wenn der mobile Glamping-Salon mit Surroundsound und Edelwein daherkommt.

Die Regeln stammen noch aus der Pandemie und sind geblieben, weil sie funktionieren. Zwei Meter Abstand zum nächsten Badegast sind Pflicht, sofern man nicht zur selben Gruppe gehört. Damit will man einerseits Seuchen eindämmen, andererseits den ständigen Platzkampf im Sand formalisieren. Wer dennoch großflächig expandiert, landet nicht auf der Liege, sondern im Gesetzestext.

Das spanische Küstengesetz denkt dabei über den Handtuchrand hinaus. Maximal 45 Prozent eines Strandes dürfen überhaupt mit genehmigten Installationen belegt werden – also mit Mietliegen, Chiringuitos oder Toilettenhäuschen. Auf besonders schmalen Stränden – wie dem Es Carbó – sind private Strukturen komplett untersagt, sofern es keine ausdrückliche Genehmigung gibt. Luxuscamp im Naturschutzgebiet? Negativ.

Kontrolle? Nur bei Sonnenuntergang oder Todesfall

Hinzu kommt der sieben Meter breite Rettungsstreifen zwischen Wasserlinie und erstem Sonnenschirm. Was wie eine ästhetische Entscheidung aussieht, ist ein Lebensraum für Notfälle: Wenn ein Rettungswagen durch muss, soll er nicht erst um einen Instagram-Spot herumrangieren müssen. Trotzdem sieht man oft Badetouristen, die ihre Campingausrüstung direkt ans Meer schieben – meistens, ohne Konsequenzen.

Denn auch das gehört zur Wahrheit: Obwohl die Regeln streng sind, wird kaum kontrolliert. Wer Glück oder Diskretion hat, darf seine mobile Komfortzone oft ungestört ausbreiten – es sei denn, ein Anwohner ruft die Polizei oder es stirbt jemand. Der Vorfall an der Platja d’es Carbó ist die Ausnahme, nicht die Regel. Meistens verläuft der Strandurlaub in einem rechtsfreien Niemandsland zwischen Handtuchgrenze und Meerblick.

Doch genau darin liegt der Reiz für viele: ein Ort, der vorgibt, strukturiert zu sein – und dabei auf Chaos gebaut ist. Der Versuch, Ordnung in den Sand zu bringen, endet regelmäßig in Symbolpolitik. Wer in der Lage ist, eine 80-Meter-Yacht vor der Küste zu parken, hat selten Skrupel, ein paar Liegen und Eiswannen im Schutz der Düne aufzustellen. Und wenn doch jemand kommt, dann eben runter vom Strand, rauf aufs Boot, Musik an – und weiterfeiern.

Der Fall hat also weniger mit Eskalation zu tun als mit Symbolik. Ein Gesetz trifft auf Luxus. Eine kleine Polizeiaktion auf dem Sand wird zur Bühne für eine größere Frage: Wem gehört der öffentliche Raum – und was darf man sich leisten? In der Theorie ist die Antwort einfach: Jeder bekommt seine vier Quadratmeter. In der Praxis ist Mallorca längst zu einem Ort geworden, an dem sich gesellschaftliche Spannungen in Sonnencreme und Strandtüchern spiegeln.

Und so bleibt am Ende nur eine paradoxe Gewissheit: Wer seinen Sommer auf Mallorca verbringt, darf sich über vieles wundern – aber nie über die Tatsache, dass selbst das Chaos hier einer Regel folgt. Auch wenn sie kaum einer durchsetzt.

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