Mal eben mit Condor von Palma nach München für 35 Euro, und das mit Buchung von einem Tag auf den anderen. Mit seinem Schnäppchen Ende Juli, stieß Frank Niedermayer im Bekanntenkreis auf Unglauben, als er von seiner Firma aus geschäftlichen Gründen kurzfristig aus dem Urlaub nach Bayern zurückbeordert wurde.
Auch wenn es sich in diesem Fall um ein One-Way-Ticket mit Handgepäck handelte, ist die Tendenz doch unverkennbar: So günstig wie diesen Sommer waren Mallorca-Flüge zumindest schon lange nicht mehr. Ab Stuttgart waren bei MM-Redaktionsschluss diverse Verbindungen im August hin und zurück schon zu Preisen zwischen 60 und 80 Euro zu haben, unter anderem bei Eurowings und Condor. Das ist zwar nicht flächendeckend repräsentativ, doch auch mit Gepäck kostet das Fliegen statt wie sonst in der Hochsaison durchaus üblich nicht 300 bis 400 Euro, sondern allenfalls 150 bis 180 Euro - egal ob von Berlin, Düsseldorf oder Frankfurt.
Diesen Eindruck bestätigt auch der unabhängige Experte Cord Schellenberg. "Es sind zurzeit mehr Flugkapazitäten im Markt als günstige Zimmer", so der Vize-Präsident des Luftfahrt-Presseclubs. Wie viele in der Branche führt er die Situation darauf zurück, dass viele Maschinen aus Krisengebieten wie der Türkei Richtung Spanien verlegt wurden.
"Der Trend war schon seit Monaten absehbar", sagt Schellenberg. Schon wegen der verfügbaren Slots sei längerfristig geplant und sogar zusätzliches Personal eingestellt worden. Auch kurzfristig könne man aber teilweise noch umdisponieren, etwa mit dem Einsatz von größeren Maschinen nach Mallorca und kleineren Richtung Antalya. Unproblematisch sind Flugplanänderungen laut Schellenberg immer dann, wenn die Airline in der EU angesiedelt ist und somit uneingeschränkte Verkehrsrechte besitzt. Nicht ganz zufällig habe die türkische Lufthansa-Beteiligung Sunexpress vor einiger Zeit ihrerseits eine deutsche Tochter gegründet.
Wie die Flughafenstatistik zeigt, war die Gesellschaft, die 2015 in Palma nahe null rangierte, im Juni 2016 bereits mit 46 monatlichen Flügen vertreten, insbesondere nach München. Überhaupt sind die Billigflieger im Aufwind. Sowohl Norwegian mit 466 Verbindungen als auch die Germania-Gruppe mit 518 Flügen konnten ihr Mallorca-Angebot im Juni fast verdoppeln. Rund zehn Prozent Zuwachs gab es auch bei Ryanair (auf jetzt 2610) sowie bei Vueling (auf 1261), während die bisherigen Platzhirsche wie Air Berlin (mit 3356 Verbindungen weiterhin die Nummer eins), Air Europa (1182) oder Easyjet (1192) stagnieren oder sogar Rückgänge zu verzeichnen hatten. Beim Marktführer, dessen touristisches Geschäft laut Medienberichten offenbar bald von der Lufthansatochter Eurowings übernommen werden könnte, wollte man die aktuelle Preis- und Geschäftspolitik nicht kommentieren.
Dass die Tarife derzeit nur die Abwärtsrichtung kennen, zeigt jedoch auch der Flugpreismonitor der Internet-Suchmaschine Swoodoo. In dem kürzlich erschienenen Report lag die Preiskurve für Flüge von Frankfurt nach Mallorca so niedrig wie zuletzt im Monat Januar 2015.
Branchenexperten gehen davon aus, dass das psychologisch auch mit den jüngsten Terroranschlägen zu tun hat, vor allem aber mit dem seit 2014 um mehr als die Hälfte gesunkenen Ölpreis, der bei den Airlines üblicherweise 20 bis 30 Prozent der Kosten ausmacht. Bis vor einigen Monaten wurde davon zwar kaum etwas an die Kundschaft weiter gegeben. In Zeiten von wachsender Konkurrenz und schwächelnder Nachfrage wächst nun aber offenbar der Druck auf die Anbieter.
(aus MM 31/2016)