Spanien gilt wegen seiner schwächelnden Wirtschaft, seiner hohen Verschuldung, wegen des enormen Haushaltsdefizits und des schwindenden Vertrauens auf den Finanzmärkten als eines der Sorgenkinder der Staatengemeinschaft. Um zumindest Einnahmen und Ausgaben wieder einigermaßen ins Gleichgewicht zu bringen, hatte Regierungschef Mariano Rajoy dann auch gleich zu Beginn seiner Amtszeit ein milliardenschweres Sparpaket verabschiedet, dessen Folgen noch gar nicht absehbar sind.
Nun also hat sich die Regierung die zweite Großbaustelle vorgenommen: den Arbeitsmarkt. Angesichts einer Arbeitslosenquote von fast 23 Prozent liegen die Probleme auf der Hand. Vor allem mangelnde Flexibilität und geringe Produktivität gelten als Gründe für die Misere. Als Hauptübel hat die Regierung die für die Unternehmen ungünstigen Abfindungsregelungen ausgemacht. Mitarbeiter zu entlassen kommt spanische Arbeitgeber in der Regel teuer zu stehen.
Auch die fehlenden Möglichkeiten, Arbeitszeit und Löhne der konjunkturellen Entwicklung anzupassen, gelten als Ursachen für die enorme Arbeitslosigkeit im Land. "Die Probleme des spanischen Arbeitsmarktes sind struktureller Art", erklärt die Regierung in der Einleitung des Gesetzesdekrets, das bereits in Kraft ist. "Diese Entscheidung soll den Grundstein dafür legen, dass die spanische Wirtschaft wieder Arbeitsplätze und damit Sicherheit für Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Märkte und Investoren schaffen kann."
DIE ÄNDERUNGEN AUF EINEM BLICK
Abfindungen werden billiger
Der zentrale Punkt der Reform ist die Senkung der Abfindungen für entlassene Mitarbeiter. Diese galten in Spanien im internationalen Vergleich als besonders hoch. In Zukunft werden nur noch 33 Tagesgehälter pro Arbeitsjahr im Unternehmen gezahlt (bisher 45). Der Maximalbetrag liegt bei 24 Monatsgehältern (bisher 42). Bisher erworbene Ansprüche bleiben erhalten. Befindet sich das Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, kann die Abfindung gar auf 20 Tagesgehälter pro Arbeitsjahr sinken. Die Obergrenze liegt in diesen Fällen bei zwölf Monatsgehältern.
Die Tarifbindung wird gelockert
Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten können leichter Löhne senken oder die Arbeitszeit verkürzen. Arbeitnehmer müssen dem zustimmen, sonst kann ihnen gekündigt werden (bei 20 Tagessätzen Entschädigung pro Arbeitsjahr und einer Obergrenze von neun Monatsgehältern).
Neuer Vertrag auf Probe
Kleinere und mittlere Unternehmen mit bis zu 50 Angestellten können Arbeitsverträge mit einjähriger Probezeit anbieten. Außerdem erhalten diese Unternehmen Subventionen, wenn sie jüngere Arbeitslose einstellen.
Maximal zwei Jahre befristet
Temporäre Verträge dürfen in Zukunft maximal zwei Jahre laufen, danach müssen sie in unbefristete Arbeitsverhältnisse umgewandelt werden.
Recht auf Fortbildung
Alle Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf 20 Stunden Fortbildung pro Jahr, die der Arbeitgeber bezahlen muss.
Stärkere Kontrollen
Sowohl die Höhe als auch die Laufzeit des Arbeitslosengeldes bleiben unangetastet (maximal 22 Monate).
Allerdings hat die Regierung angekündigt, schärfer kontrollieren zu wollen. Wer Arbeitsangebote mehrfach ablehnt, muss mit einer Kürzung der Zahlungen rechnen. Auch die Heranziehung Arbeitsloser zu gemeinnützigen Arbeiten ist geplant.