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Die Renaissance der Fliese

In vielen alten Häusern auf Mallorca sind die "baldosas hidráulicas" noch erhalten

Zementfliesen sind aufwendiger und teurer in der Herstellung und wurden deshalb in den 60er und 70er Jahren von günstigeren Keramikfliesen verdrängt.

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Durch einen Spritzbeutel gießt der Handwerker zähflüssige Pampe in eine Metallschablone. Die Masse besteht aus Marmormehl, Zement, Felsgranulat, Farbpigmenten und Wasser. In breiten Pötten warten verschiedene Farbpasten auf ihren Einsatz: ein zartes Grün, Ockergelb und Terracotta-Rot.

Sobald alle Fächer der Schablone gefüllt sind, nimmt der Handwerker die Form heraus und füllt den Rahmen mit Zement auf. Schon ist der Rohling fertig. Nun wird die Fliese nicht wie ihre Keramikschwester gebrannt, sondern unter hohem Druck gepresst und dann etwa zwei Wochen an der Luft gehärtet.

Das Ergebnis ist eine Fliese mit seidenweicher Oberfläche, lebendigen Farben mit kleinen Nuancen und weichen Übergängen zwischen den einzelnen Farbteilen. "Jede Zementfliese wird in Handarbeit hergestellt und keine ist exakt wie die andere", betont Pau Julià von der Fliesenfabrik Huguet in Campos. Diese Fliesenart sei im 19. Jahrhundert in Frankreich aufgekommen, erzählt Julià, und habe sich bald im ganzen Mittelmeer als bevorzugter Bodenbelag ausgebreitet.

In alten Häusern auf Mallorca findet man noch sehr oft Zementfliesen, auf Spanisch "baldosa hidráulica". Ihre typischen Rankenmuster verdanken sie dem Jugendstil, der mit seinen abgerundeten und natürlichen Formen die Architektur Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts geprägt hat.

"Früher hat fast jeder Ort auf der Insel seine eigene Fabrik für Zementfliesen gehabt, doch in den 1960er und 1970er Jahren sind sie von den ,baldosas gres', den Steinzeugfliesen, abgelöst worden." Diese bestehen aus Keramik und werden bei sehr hohen Temperaturen gebrannt. Die Herstellung ist preiswerter.

Eine Zementfliesen-Fabrik auf der Insel nach der anderen schloss oder stellte die Produktion um, doch in den vergangenen Jahren feiern die marmorgebundenen Kacheln eine kleine Renaissance, sowohl bei Alt- wie bei Neubauten. Zu den klassischen Jugendstilmustern gesellen sich neue geometrische Formen und florale Designs. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

Die Innendekorateurin Aggi Bruch zum Beispiel setzt sowohl in Häusern wie in Hotels auf Mallorca Zementfliesen als Stilmittel ein. Sie passen zur Kultur der Insel, findet Bruch: "Es reizt mich, einem einheimischen Produkt mit langer Tradition eine neue Note zu verleihen."

Die Gestaltungsmöglichkeiten seien unendlich und das Produkt langlebig. Unabdingbar sei nur die Versiegelung, um zu verhindern, dass Wasser und Fett in die Oberfläche eindringen. Nicht imprägnierte Zementfliesen sind relativ weich und dadurch fleckempfindlich.

Die Fliesen dürfen auch nur mit einer milden Seife und Wasser gesäubert werden, niemals aber mit säurehaltigen Mitteln oder Essigreinigern. Hartnäckige Flecken können durch leichtes Reiben mit einem Küchenschwamm entfernt werden. Versiegelte Zementfliesen eignen sich für alle Bodenbeläge und Wände, auch in Küche, Bad und Räumen mit Fußbodenheizung. Ihre leicht samtige Oberfläche macht sie besonders angenehm zum Barfußlaufen.

Auf Mallorca bieten derzeit die Firma Huguet in Campos und Pavimientos Lloseta Zementfliesen aus eigener Produktion an. Wer die bestehenden Muster nicht mag, kann sich seine Fliesen nach eigenem Entwurf herstellen lassen. Handarbeit und individuelle Note haben natürlich ihren Preis.

"Bei einem mehrfarbigen Mosaik auf je 20 auf 20 Zentimeter können wir maximal drei Quadratmeter Fliesen pro Tag herstellen", sagt Pau Julià von Huguet. Je nach Mosaik und Anzahl der Farben kostet ein Quadratmeter zwischen 40 und 100 Euro.

Doch während Zementfliesen die einen faszinieren, bleiben andere eher zurückhaltend. "Sie eignen sich gut, um den alten mallorquinischen Stil zu unterstreichen, und ein paar kleine Elemente kann man schon einbauen", findet etwa der Bauunternehmer Wolfgang Dressler. Doch insgesamt sieht er die Entwicklung weg von Fliesen und hin zu polierten Betonböden.

Auch da gebe es eine große Vielfalt und die fugenlosen Betonböden hätten ein gutes Feng-Shui. Die kreuzenden Linien der Fliesen seien nach der chinesischen Lehre zur harmonischen Gestaltung der Wohnräume dagegen negativ, meint der Bauunternehmer mit einem Lächeln.

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