Nachdem das Coronavirus eine kleine mediale Sommerpause eingelegt hatte, bestimmt es seit einigen Wochen mit deutlich steigenden Infektionszahlen erneut die Schlagzeilen in Spanien und auf den Balearen. Die Inselregierung hat mit neuen und verschärften Maßnahmen reagiert. Neben einer erweiterten allgemeinen Maskenpflicht gilt nun auch ein komplettes Rauchverbot im Freien, in Palma wurden zudem mehrere Stadtviertel mit besonders besorgniserregenden Fallzahlen abgeriegelt. Dieser gezielte Schritt scheint zu funktionieren, seit einigen Tagen ist im Problemviertel Son Gotleu keine neue Infektion bekannt geworden. Das Rauchverbot steht dagegen symptomatisch für das manchmal wenig fokussierte Vorgehen der Balearen-Regierung, bei dem eine vernünftige Mehrheit wegen einer rücksichtslosen Minderheit „abgestraft” wird. „Nicht jeder Barbesucher achtete vor dem Rauchverbot darauf, seinen Qualm – inklusive Viruspartikeln – anderen Gästen nichts ins Gesicht zu blasen”, erklärt Jordi Reina, Chefvirologe am Krankenhaus Son Espases in Palma, die Maßnahme. Auch dass nun selbst beim Flanieren an der Strandpromenade eine Maske getragen werden muss, lässt sich wohl weniger mit dem Infektionsrisiko begründen, sondern vielmehr als vorbeugende Disziplinarmaßnahme deuten.
Auf der anderen Seite wird auf wirklich risikoreiches Verhalten nicht ausreichend reagiert. Das gilt beispielsweise für die „Botellones”, bei denen Hunderte ohne Maske oder Abstand feiern, die Polizei taucht dennoch nur selten auf. Dass auch große Familientreffen ein recht hohes Ansteckungsrisiko bergen, scheint vielen Spaniern laut einer aktuellen WHO-Umfrage nicht bekannt. Hier täte weitere Aufklärung not, oder eine weitere Reduzierung der erlaubten Personenzahl von derzeit zehn. München hat es vorgemacht: Als dort vor wenigen Tagen die 7-Tage-Inzidenz (gemeldete Fälle pro 100.000 Einwohner) auf über 50 stieg, reagierte die Stadt schnell und untersagte Treffen von mehr als fünf Personen. Zum Vergleich: Auf den Balearen liegt die 14-Tage-Inzidenz aktuell bei 164,1.
Autorin: Maike Schulte