Politiker möchten in diesen Tagen der Corona-Pandemie wohl nur diejenigen sein, die zum Masochismus neigen. Denn von ihren Entscheidungen hängt in diesen diffizilen Zeiten ab, wie stark die Wirtschaft geschädigt wird. Sie müssen nämlich hinbekommen, dass auf der einen Seite das Gesundheitssystem vor dem Kollaps bewahrt wird, aber auf der anderen Seite nicht zu viele Menschen in die Armut abrutschen und deshalb der ohnehin schon angeschlagene soziale Frieden noch weiter gefährdet wird.
Momentan ist es den Politikern mit einem in Deutschland schwer vorstellbaren autoritären Schachzug gelungen, aufkommenden Protest im Keim zu ersticken: Sie erlegten den Unzufriedenen, die bereits dreimal in Palma auf die Straßen gingen, reihenweise extrem hohe Bußgelder auf. Jetzt müssten eigentlich Lockerungen kommen, um die Gemüter zu beruhigen. Die Kurve fällt ab, der Zeitpunkt wäre gut. Doch die Restriktionen werden mindestens bis Ende Februar aufrechterhalten und Tausende weiter um ihre Einnahmen bringen. Denn Experten warnen eindringlich vor zu viel Schnelligkeit. Sie argumentieren, dass angesichts der allseits bekannten Bar-Geselligkeit der Spanier ein Wiederaufflackern der Pandemie fast eine logische Folge wäre, wenn man die Gastbetriebe von jetzt auf gleich wieder öffnen würde.
Funktioniert haben die Mitte Januar beschlossenen Restriktionen auf jeden Fall. Doch ist es gut für Mallorca, wenn man zu sehr auf die Zahlen starrt? Den Menschen geht es rasant schlechter, die Schlangen vor den Essensausgabestellen werden länger.
Doch der Tourismus ist wichtiger als das Gastrobusiness. An ihm hängen noch viel mehr Arbeitsplätze. Gelingt es nicht, die Inzidenz auf Mallorca bei einer parallel beschleunigten Impfkampagne in den kommenden Wochen noch weiter nach unten zu drücken, ist die Hochsaison akut gefährdet. In der Abwägung haben die Regionalpolitiker um Ministerpräsidentin Francina Armengol in dieser Hinsicht möglicherweise Recht.
Autor: Ingo Thor