Hat die Pandemie tatsächlich geschafft, was die Balearen-Regierung schon Jahre davor immer wollte, nämlich den Tourismus vor allem an der Playa de Palma zu zivilisieren? Schlendert man auf der Promenade entlang, hat man mitunter diesen Eindruck. Es ist trotz voller Balkons und Restaurants in der Regel ruhig, Grölgeräusche dringen nur vereinzelt in die Ohren. Es ist festzustellen, dass ein ungewöhnliches Grundrauschen Einzug gehalten hat (siehe auch Seite 19) .
Ein Rauschen, das natürlich nur deshalb so ist, wie es ist, weil die Nachtlokale auf der Insel weiter geschlossen und größere Trinkgelage unter freiem Himmel verboten sind. Die seltsame Kombination aus entspannter Corona-Lage (siehe auch Seite 7) und weiter geltenden Restriktionen machte diesen Zustand der gehobeneren Art erst möglich. Ob er von Dauer sein wird, wenn sämtliche Restriktionen irgendwann wegfallen sollten, ist die Frage aller Fragen.
Nach wie vor gibt es genügend Menschen, die nur nach Mallorca kommen wollen, um aus der Rolle zu fallen. Das bedeutet: Sobald entfesselte Zustände in einschlägig bekannten Etablissements wieder gestattet sind, dürfte wohl wieder die Post abgehen.
Oder doch nicht? Kann es überhaupt wieder einen Rückfall in alte Zeiten geben? Klar ist: Das Virus wird nicht weichen. Es wird wieder Ausbrüche geben, vielleicht auch neue Wellen. Und das immer und immer wieder. Ob dies der Tod des Nachtlebens ist, wie es früher Usus war? Nicht auszuschließen.
Ohnehin hat die traumatisierende Pandemie Gefühlswelten verändert, womöglich sogar bei trink- und feierfreudigen Zeitgenossen. Wer wird sich, selbst geimpft, wohl trauen, irgendwann – wenn sie denn jemals wieder eröffnet sind – in die brechend vollen Partytempel zu gehen, wo sich Viren in Sekundenschnelle verbreiten könnten? Selbst abgebrühteren Naturen dürfte diese Vorstellung das Fürchten lehren. Das Virus könnte also schaffen, was vor Corona nur ein Traum war: den Exzesstourismus zu zähmen. Wünschenswert wäre es.
Autor: Ingo Thor