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Auf der Suche nach dem Zaubermeister

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Ich hoffe, Sie erinnern sich noch an Goethes Kult-Ballade vom Zauberlehrling, der aus Eigennutz einen Hausbesen zum Leben erweckt, damit er für ihn Wasser holen geht. Das funktioniert anfangs auch perfekt. Allerdings hört der Besen nicht mehr damit auf, den Wassereimer zu füllen, obwohl das Bad längst schon voll ist. Fazit: Totaler Wasserschaden im Haus.

Auf Mallorca sind die „Geister, die ich rief” derzeit wieder einmal die Urlauber. Es seien einfach zu viele, die Insel gehe an ihnen unter, stöhnen Regionalpolitiker, Umweltschützer, Bürgerverbände und Anwohnervereine nach einem langen, heißen und inflationären Sommer. In Goethes Meisterwerk beendet der zurückkehrende Zaubermeister schließlich den Spuk und das Chaos im Haus. Auf Mallorca ist von einem solchen Magier weit und breit nichts zu entdecken. An Zauberformeln zur Reduzierung der Urlauberzahlen und den damit verbundenen Kollateralschäden für Umwelt, Einheimische und Ressourcen mangelt es zumindest nicht (S. 16). Sie reichen von der Deckelung der Passagierzahlen an Palmas Airport über die Reduzierung von Unterkünften bis zur Erhöhung der Übernachtungssteuer für Urlauber. Doch sowohl die Effizienz dieser Maßnahmen als auch ihre Umsetzung in die Praxis seien utopisch oder führten zu nichts, behaupten Wirtschaftsexperten wie Carles Manera. Kurz- oder mittelfristig ließe sich die bisherige Entwicklung, also die Massifizierung von Urlaubern in der Hochsaison, kaum aufhalten.

Nun steht Mallorca mit diesem Problem nicht allein in der Welt da. Andere europäische Tourismusregionen wie Sizilien, Andalusien oder die Côte d’Azur, um nur einige zu nennen, suchen seit Jahren ebenfalls nach Lösungen, um die steigende Flut von Urlaubern in halbwegs geordnete Bahnen zu lenken. Das wird letztendlich nur über eine Verteuerung der Reise- und Übernachtungspreise gehen. Also: Umso teurer und exklusiver das Ziel, desto weniger Menschen können es sich leisten.

Im Zauberlehrling von Goethe war die Erweckung des Besens zum Leben der große Fehler. Auf Mallorca lässt sich sein Pendant so schnell nicht wieder rückgängig machen.

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