So sinnvoll ist es, im Sommer andere Prioritäten zu setzen
Während es in Deutschland aktuell eher schon herbstelt, atmet Mallorca etwas durch und erholt sich von der letzten Hitzewelle. Bei Temperaturen um die 30 Grad lässt es sich gut leben und den Sommer genießen. Allerdings sind die nächsten Hundstage schon im Anmarsch. Dann wird es in manchen Orten in der Inselmitte wieder mollig warm bei bis zu 40 Grad. Weht dann noch ein Wind, fühlt man sich einem überdimensionalen Fön ausgesetzt und nicht nur das Atmen, sondern auch das Denken fallen schwer. Dabei haben wir dann noch gerne eine Luftfeuchtigkeit wie im Schmetterlingshaus eines botanischen Gartens. Bei mir führt das dazu, dass jegliches normale Leben zum Stillstand kommt. Ich würde is eher "Existieren" nennen. Ich bin (neben der Arbeit in glücklicherweise klimatisierten Räumen) nur noch mit der Zufuhr von Flüssigkeiten und gleichzeitigem Verdampfen derselben beschäftigt. Wohl dem, der auch im Auto und in den privaten Räumen eine Klimaanlage oder besser gleich mehrere sein Eigen nennen darf. Allen anderen (wie auch mir) kann man nur zurufen: Durchhalten! In voraussichtlich vier bis fünf Wochen ist das Gröbste überstanden.
Diese letzte, feuchtheiße Zeit hat mich tatsächlich zum ersten Mal zu der Frage gebracht, ob ich mir das jetzt wirklich jedes Jahr antun möchte. Ganz kurz blitzte die Erinnerung an herrlich unterkühlte und verregnete Sommerabende auf, an denen man mit Strickjacke und heißem Tee, auf dem Sofa sitzend eine Folge der Lieblingsserie nach der anderen "bingen" (neudeutsch für: In den Fernseher starren, bis die Augen eckig sind) konnte, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Schließlich macht es wenig Sinn, bei Regen Rasen zu mähen oder Unkraut zu jäten. Natürlich fiel mir einen Moment später dann ein, dass genau dieses Szenario dazu geführt hatte, dass ich meinen Lebensmittelpunkt auf diese wunderbare Insel verlegt habe. Also heißt es in diesem Falle wohl, dass es das kleinere Übel ist, ein paar Wochen im Hochsommer extrem zu schwitzen und dann den Rest des Jahres, das milde Klima, das Meer und dieses wunderbare Licht genießen zu können.
Man sollte allerdings nicht unterschätzen, was die Hitze und die hohe Luftfeuchtigkeit mit uns machen. Es gibt diese Zeiten (wenn auch nicht so häufig und lange) ja ebenfalls in Deutschland und dort kann es noch belastender sein, weil eben nicht so viele Wohnungen mit Klimaanlagen ausgestattet sind und nicht jeder die Möglichkeit hat, sich durch einen Sprung in ein geeignetes Gewässer zu erfrischen. Da wären natürlich zunächst die körperlichen Auswirkungen. Wenn wir schwitzen, müssen wir trinken, und zwar deutlich mehr als normal. Da die empfohlenen Mengen stark schwanken, möchte ich mich hier darauf beschränken, dass es eben deutlich mehr als in kühleren Zeiten sein sollte.
Es kommt ebenfalls darauf an, was wir trinken. Auch wenn es vielen Menschen nicht besonders schmeckt: Klares Leitungs- oder Mineralwasser, ohne Kohlensäure, ist am besten geeignet, um unsere Flüssigkeitsverluste wieder aufzufüllen, im Idealfall in Zimmertemperatur. Da wir beim Schwitzen allerdings auch viele Mineralien (vor allem Natrium) verlieren, müssen wir ebenso hier gut für uns sorgen. Ansonsten kann eine sogenannte Elektrolytstörung drohen. Sie führt zu Müdigkeit, Mattheit, verzögerten Reaktionszeiten oder im Extremfall sogar zu Verwirrtheit. In Spanien gibt es dafür beispielsweise die wunderbare kalte Gemüsesuppe Gazpacho, die man überall kaufen, aber auch ganz einfach selber machen kann. Rezepte finden Sie im Internet zuhauf. Alkohol und koffeinhaltige Getränke sollten Sie eher meiden oder deutlich reduzieren, damit belasten Sie den Organismus eher.
Hilfreich ist es, wenn Sie Ihre Ernährung in Hitzezeiten ein wenig umstellen und, über den Tag verteilt, mehrere kleine Mahlzeiten zu sich nehmen. Achten Sie darauf, möglichst leichte, frische und kühle Nahrungsmittel und Gerichte zu verzehren, wie Obst, Gemüse, Salat, etwas Fisch, fettarme Suppen, fettarme Milch oder Milchprodukte (sofern Sie diese vertragen). Deftige Eintöpfe und schwere Schmorgerichte warten dann wieder, wenn es sich abgekühlt hat und der Herbst langsam Einzug hält.
Dass Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit auch unser seelisches Wohlbefinden stark beeinflussen können, ist Ihnen vermutlich auch schon aufgefallen. Nicht umsonst hat man oft bei Hitzeperioden den Eindruck, dass die ganze Welt verrückt geworden ist. Das Aggressionspotential im Straßenverkehr steigt deutlich an. Niemand hat mehr Geduld, alle wollen schnell ans Ziel und auch die freundlichste Autofahrerin kann urplötzlich zur Furie werden (ja, dieser Satz ist autobiographisch). Wenn Sie meine Kolumne schon länger lesen, dann wissen Sie, dass ich ein großer Fan des Atmens bin. Sie wissen schon: Einatmen, ausatmen und so. Das, was wir im besten Fall ohne Unterlass tun und, um das wir uns üblicherweise keine Gedanken machen. Atmen kann uns in Zeiten der Anspannung (nicht nur bei großer Hitze) dabei helfen, uns zu zentrieren, ruhiger zu werden und wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Es ist nämlich erwiesenermaßen so, dass eines der größten mentalen Probleme bei großer Hitze ist, dass wir uns ungeschützt und hilflos fühlen. Wir sind dem Wetter, der Hitze, der hohen Luftfeuchtigkeit ausgeliefert. Selbst die Glücklichen unter uns, mit Klimaanlagen daheim, müssen ihr Zuhause ab und zu verlassen, um bei Gluthitze zur Arbeit zu fahren, die Kinder abzuholen oder einkaufen zu gehen. Wir müssen lernen, mit dem, was das Wetter uns liefert, umzugehen und das Beste daraus zu machen. Dazu gehört auch, ruhig und gelassen zu bleiben und alle unsere Aufgaben und Pflichten etwas langsamer zu erledigen (falls irgend möglich). Die deutschen Amtsärzte regen sogar die Einführung einer Siesta an. "Bei starker Hitze sei man nicht sehr leistungsfähig und komplexe Arbeiten sollten in den Morgen gelegt werden. Außerdem wird der Einsatz von Fußbädern unter Schreibtischen empfohlen." Das berichtet der Deutschlandfunk in einem aktuellen Beitrag. Ich für meinen Teil schaue mir jetzt eine weitere Folge der Serie "Geheimnisse der Arktis" an und träume davon, ein kleines Frösteln auf der Haut zu spüren. In diesem Sinne.