Folgen Sie uns F Y T I R

Wunder der Weihnacht

oznorTO

|

Was ist das Besondere an der Heiligen Nacht?

Solange ich denken kann, habe ich den Monat Dezember geliebt. Nicht nur, dass Jesus und ich Geburtstag feiern und es (zumindest für mich) Geschenke gab, nein, ich mochte auch immer diese besondere Stimmung, die vielen mit Lichtern geschmückten Fenster und Häuser, die kalte Winterluft und die Vorfreude auf die bevorstehenden Festtage. Ich liebte meinen Adventskalender und die Sonntage, an denen ich immer eine weitere Kerze anzünden durfte. Und vor allem liebte ich es, ab dem 1. Dezember, manchmal auch früher, Weihnachtslieder zu spielen auf Kassettenrekorder und später meinem CD-Spieler. Auch im Radio gab es kaum etwas anderes zu hören. Spätestens seit 1984, als die Popgruppe Wham! endlich "Last Christmas" herausbrachte, war meine Alltime-Favorite-Weihnachts-Playlist komplett. Von "Let it snow" bis "Have yourself a merry little christmas", von morgens bis abends und nachts mit Beleuchtung, dudelte ich einen Weihnachtshit nach dem nächsten. Schließlich gab es ja eine sehr lange Zeit im Jahr, in der ich ohne diese Musik auskommen musste. Was soll ich sagen? Heute hat sich meine Begeisterung etwas gelegt, aber wenn Frank Sinatra anfängt, über den Schnee zu singen, muss ich immer noch mitträllern, selbst hier auf Mallorca, wo der Schnee künstlich ist und nur als Deko in den Schaufenstern und auf den Weihnachtsmärkten dient.

Vieles hat sich im Laufe der Jahre verändert. Manche Traditionen sind vergangen, andere neu dazugekommen. Aber geblieben ist der Zauber dieser besonderen Zeit. Was hat es eigentlich damit auf sich? Nun, jedes Jahr feiern, rein statistisch gesehen, 2,4 Milliarden Menschen weltweit Jesu Geburt (Stand: 2023, Zahlen sind geschätzt nach Informationen verschiedener Institute). Genauer gesagt, feiern die Menschen je nach Konfession und Tradition mit unterschiedlichen Bräuchen und Terminen. 1,3 Milliarden Menschen, unter anderem Katholiken, Anglikaner und Protestanten, feiern die Heilige Nacht vom 24. auf den 25. Dezember. Viele Ostkirchen wiederum am 6. und 7. Januar.

Allein die Vorstellung, dass derart viele Menschen gleichzeitig einen Abend mit der Familie oder mit Freunden verbringen, vielleicht etwas Gutes essen und zusammen eine besondere Zeit erleben, ist schon bemerkenswert. Selbst der größte Weihnachtshasser kann dem Glanz, den Lichtern und den geschmückten Straßen nicht entgehen. In dieser besonderen Zeit sind im Laufe der Geschichte viele Wunder oder wundersame Dinge geschehen. Da wäre zum Beispiel das "Weihnachtswunder von Schwechat", bei dem der Air-France-Linienflug 703 am 24. Dezember 1958 in der Nähe des Flughafens Wien-Schwechat verunglückte. Die Maschine streifte im Landeanflug den Mast einer Überlandleitung, stürzte in einen Acker in der Nähe von Klein-Neusiedl und geriet in Brand. Obwohl das Flugzeug wenig später explodierte, konnten sich alle 28 Passagiere und sechs Besatzungsmitglieder rechtzeitig ins Freie retten. Abgesehen von Kapitän Pierre Candau und Bordingenieur George Chasseigne, die noch etwa zwei Wochen im Krankenhaus behandelt werden müsten, konnten bereits am nächsten Tag alle Verletzten in häusliche Pflege entlassen werden. Ein echtes Wunder!

Dann gibt es noch den sogenannten Weihnachtsfrieden (Christmas Truce, Weihnachts-Waffenruhe). 1914 tobt der Erste Weltkrieg in Europa. Im Sommer waren die Kämpfe losgegangen. Doch ein halbes Jahr später, am 24. Dezember 1914, passiert etwas Verrücktes und ganz Wunderbares: Aus den Gräben an der Westfront kann man die Soldaten Weihnachtslieder singen hören, auf Deutsch und auf Englisch. Die Waffen haben sie zur Seite gelegt und für die Zeit an Weihnachten den Krieg Krieg sein lassen. Zwar wurden die Ereignisse oft romantisch verklärt wiedergegeben. Die realen Begebenheiten sind heute kaum mehr zu rekonstruieren. Dennoch ist es vorstellbar, dass der Zauber der Weihnacht dazu geführt hat, dass sich plötzlich Menschen gegenüberstanden – und nicht mehr verfeindete Soldaten. So wurde ein gemeinsamer Gottesdienst gefeiert, Psalm 23 ("Der Herr ist mein Hirte") wurde gesprochen, zuerst auf Englisch vom Regimentspfarrer und dann auf Deutsch von einem englischen Studenten. Die Deutschen standen auf einer Seite, die Briten auf der anderen, alle hatten ihre Kopfbedeckungen abgelegt, erinnert sich der second lieutenant Arthur Pelham Burn in seinem Tagebuch:

Auf der einen Seite stellten sich die Deutschen auf, auf der anderen die Engländer, die Offiziere standen vorne, alle Köpfe entblößt. Ja, ich glaube, es war ein Anblick, den man nie wieder sehen wird.

(Übersetzung: Die Deutschen standen auf der einen Seite zusammen, die Engländer auf der anderen. Die Offiziere standen in der vordersten Reihe, jeder hatte seine Kopfbedeckung abgenommen. Ja, ich glaube, dies war ein Anblick, den man nie wieder sehen wird. – Tagebucheintrag 1914.)

Nennen Sie mich gefühlsdu-selig, aber bei der Vorstellung daran, wie es den Menschen dort erging in dieser Nacht, lässt sich bei mir eine ordentliche Gänsehaut nicht unterdrücken.

Natürlich kann sich heute (fast) jeder selbst aussuchen, ob er Weihnachten feiern, über sich ergehen lassen oder går verschlafen will. Einfach ein paar freie Tage zu genießen, sei ebenfalls jedem gestattet. Man kann darauf schimpfen, dass alles nur noch Geldmacherei sei, die Kinder nur an die Geschenke denken. Viele Erwachsene wissen erschreckenderweise gar nicht mehr, was da überhaupt gefeiert wird. So ergab eine Forsa-Umfrage im Auftrag des Magazins "Stern" (2006), dass jeder zehnte Bundesbürger ratlos war darüber, weshalb Weihnachten gefeiert wird. 90 Prozent der Befragten wussten, dass das Fest wegen der Geburt Jesu begangen wird. Zehn Prozent hatten den Angaben zufolge jedoch keine Ahnung oder glaubten, es werde aus anderen Gründen gefeiert. Drei Prozent gaben an, die Auferstehung Christi zu feiern.

Ich für meinen Teil werde wohl immer glasige Augen haben, wenn alles leuchtet und strahlt, werde weiter Weihnachtslieder spielen, in der Heiligen Nacht an alle meine Lieben denken, wo auch immer sie gerade sind auf Erden oder im Himmel, und an Wunder glauben. Ich wünsche Ihnen schöne Weihnachten, was immer das auch für Sie bedeutet. In diesem Sinne.

Meistgelesen