„Die Deutschen haben vier Violinkonzerte. Das größte, konzessionsloseste stammt von Beethoven. Das von Brahms, in seinem Ernst, eifert Beethoven nach. Das reichste, das bezauberndste schrieb Max Bruch. Das innigste aber, das Herzensjuwel, stammt von Mendelssohn.“ Also sprach Joseph Joachim. Und der musste es wissen: neben Paganini der größte Geiger des 19.Jahrhunderts, fungierte er auch als Berater von Brahms und Dvorak bei der Komposition ihrer Violinkonzerte. Und er verhalf Beethovens Violinkonzert, op.61, zum Durchbruch.
Nach dessen Uraufführung, am 23.Dezember 1806 im Theater an der Wien, hielt sich die Begeisterung von Publikum und Kritikern nämlich durchaus noch in Grenzen. Gewiss, man goutierte „die Originalität und die mannigfaltigen schönen Stellen“. Aber der Wiener Kritiker Möser war der Meinung, „daß der Zusammenhang oft ganz zerrissen scheine, und daß die unendlichen Wiederholungen einiger gemeiner Stellen leicht ermüden könnten… und daß Beethoven seine anerkannten großen Talente gehöriger verwenden, und uns Werke schenken möge, die seinen ersten großen Symphonien aus C und D gleichen.“ – Wenn Joachim das Werk als „konzessionslos“ bezeichnet, will er damit wohl sagen, dass es keinerlei Zugeständnisse an den Virtuosen macht, auf jede Art von Showeffekten verzichtet. In der Tat: trotz einiger technischen Schwierigkeiten (ersichtlich im Druckbild der Violinstimme) ist es kein eigentliches „Virtuosenfutter“. Kein Wunder, dass der „Teufelsgeiger“ Paganini es nur ein einziges Mal öffentlich gespielt hat. Er wollte glänzen, das Publikum mit seiner Virtuosität überwältigen. Und das konnte er mit dem Beethovenkonzert genauso wenig wie mit dem bei Berlioz in Auftrag gegebenen Bratschenkonzert (das schließlich als „Harold in Italien“ in die Konzertsäle gelangte). Heute gehört das Beethovenkonzert zum Repertoire aller großen Geiger.
Der erste Satz beginnt mit vier dezenten Paukenschlägen, danach stimmen die Holzbläser das Hauptthema an. Das ganze Orchester (die Besetzung können Sie der ersten Partiturseite entnehmen) setzt Akzente, Ausrufezeichen sozusagen, wie sie bei Beethoven häufig vorkommen. Das zweite Thema ist lyrischer Natur, wie es sich in einem Sonatensatz gehört. Nach etwa drei Minuten greift dann der Solist in das Geschehen ein, mit einem aufsteigenden Dreiklang über eine Oktave. Die Exposition nimmt ihren Lauf, das Soloinstrument umspielt und variiert die Themen. In der Durchführung dominiert das zweite Thema, und es leitet auch die Coda am Schluss des Satzes ein.
Der zweite Satz, ein Larghetto, beginnt kantabel, nach etwas einer Minute setzt die Geige ein.Das Finale ist eine Mischumg aus Rondo und Variationssatz. Das Hauptthema trägt fast gassenhauerische Züge und wird, damit es sich im Ohr des Publikums „einnisten“ kann, mehrmals wiederholt, zunächst von der Geige, dann vom ganzen Orchester. Dann nimmt das Rondo seinen Lauf. Zwischen dem immer wiederkehrenden Hauptthema, dem Refrain, erklingen als Zwischenteile die „Strophen“. Hier die erste. Eine wirkungsvolle Coda beschließt Satz und Werk. – Restkarten für das morgige Konzert im Teatre Principal gibt’s online hier. – Meine Einführung in das zweite große Werk des Abends, Mozarts Jupitersinfonie, können Sie hier noch einmal nachlesen.