So heilen Sie Ihr gebrochenes Herz
Das Leben hält für jeden von uns viele Überraschungen bereit. Eben noch ist alles wunderbar. Man strotzt nur so vor Gesundheit, der nächste Karriereschritt steht bevor, die Ehe / Partnerschaft oder sonstige Lebens- oder Liebesgemeinschaft läuft wie am Schnürchen. Besser kann es nicht gehen. Bis, und zwar gerne mal über Nacht, alles wieder anders ist. In jedem Lebensbereich kann ein plötzliches Ereignis alles auf den Kopf stellen. Ein Unfall, ein neuer Chef oder Probleme in der Partnerschaft, und schon wird aus dem farbigen Feel-Good-Movie ein Schwarzweiß-Drama. Leider können wir uns oftmals gar nicht vorbereiten auf die Veränderungen, die das Leben für uns bereithält.
Heute möchte ich Ihnen die Geschichte einer Frau, Mitte vierzig, erzählen, die mich in meiner Praxis aufsuchte, nachdem ihr Partner sie, quasi über Nacht, verließ. Sie hatte bis dahin nach vielen Enttäuschungen in Ehe und Partnerschaft endlich das Gefühl gehabt, in der neuen Beziehung angekommen zu sein. Sie fühlte sich geliebt und begehrt, was eine überaus zu empfehlende Kombination darstellt. Der neue Partner war verständnisvoll und witzig, fürsorglich und intelligent. Endlich jemand, mit dem sie reden konnte, der ihr zuhörte und selbst auch von seinen Herausforderungen im Leben erzählte. Beide hatten sich, wie heute weit verbreitet, über eine Dating-Plattform im Internet kennengelernt und nach ein paar unverfänglichen Dates ineinander verliebt.
Sie setzten die rosaroten Brillen auf und genossen die gemeinsame Zeit. Sie gingen liebevoll und mit großem Verständnis füreinander miteinander um, malten sich bald auch schöne Reisen und ein gemeinsames Zuhause aus. Nach mehreren Monaten gab es zwar die ersten kleinen Streitereien, aber sie waren beide in der Lage, respektvoll und lösungsorientiert damit umzugehen. Eines Abends, wieder mal neigte sich ein sehr entspanntes und schönes Wochenende dem Ende entgegen, kamen sie ins Gespräch über ein Thema, das schon öfter zu Meinungsverschiedenheiten geführt hatte. Ein Wort gab das andere, die Stimmung heizte sich auf und plötzlich geschah es: Beide erlebten sich in Szenen aus vergangenen Beziehungen, sie wurden "getriggert", verloren die Fähigkeit, klar zu denken und begannen damit, sich gegenseitig anzugreifen und zu verletzen. Keiner von beiden war in der Lage, dem inneren Stress zu entkommen und erwachsen zu reagieren. Getriggert sein bedeutet, durch einen aktuellen Auslöser an einen alten, häufig aus der Kindheit, aber auch vorhergegangenen Beziehungen entstandenen Konflikt, erinnert zu werden und die damit verbundenen Gefühle wie Angst, Schmerz, Traurigkeit oder Wut erneut zu fühlen. Gerade so, als wäre die vergangene Situation genau jetzt.
Im nächsten Moment sprang der geliebte Mensch auf, zog sich die Schuhe an und verließ das Haus, nicht ohne noch zu sagen, dass er das so nicht könne und die Beziehung beendet sei. Meine Klientin berichtete mir, dass sie wie vom Donner gerührt kaum reagieren konnte und hilflos zusah, wie ihr Partner sein Vorhaben in die Tat umsetzte und verschwand. Der Schmerz und die Hilflosigkeit setzten ihr in den nächsten Tagen sehr zu und es war klar, dass die Beziehung tatsächlich vorüber war. All ihre Träume von einer gemeinsamen Zukunft waren geplatzt und sie sah sich wieder mit den alten Herausforderungen eines Single-Lebens konfrontiert. Sie war sehr verletzt und traurig, auch enttäuscht über den Ausgang der Lovestory.
Da sie sich nach einigen Wochen noch immer nicht besser fühlte und sie nicht mehr weiterwusste, suchte sie mich in meiner Praxis auf und berichtete mir, was sie erlebt hatte. Sie hatte das Gefühl, dass nach den paar Monaten des gemeinsamen Glücks eine so lange anhaltende Traurigkeit nicht gerechtfertigt sei und hatte Sorgen, vielleicht eine Depression zu haben. Nun gibt es für die Dauer der Trauer nach einer Trennung keine Regeln, allenfalls Anhaltspunkte. Auch wenn die Beziehung nur mehrere Monate gehalten hat, kann es durchaus sein, dass der Verlustschmerz bis zu einem Jahr oder länger anhält. Die Intensität der gemeinsamen Zeit und vor allem die Tiefe der Gefühle sind in diesem Fall entscheidender als die Dauer.
Wichtig ist dabei zu verstehen, dass es durchaus sein kann, dass die aktuelle Trauer über den Verlust auch alten Schmerz wieder aktivieren kann. Der letzte Urlaubsflirt, der so unschön zu Ende ging. Die Freundin, die vor ein paar Monaten ausgewandert ist oder der Tod des Hundes, der so viele Jahre ein wichtiger Teil des Lebens war. Selbst bereits als "verarbeitet" erklärte Ereignisse, wie der Tod der Großmutter vor vielen Jahren, können durch den aktuellen Schmerz wieder ins Bewusstsein gelangen. Hilfreich ist, sich mit allen Verlustereignissen der letzten Jahre zu beschäftigen und zu prüfen, inwieweit man sich selbst Raum und Zeit zur heilsamen Trauer geben konnte.
Das kann mit einer guten Freundin, einem guten Freund geschehen, aber natürlich ebenso mit professioneller Hilfe. Es sollte auch bewusst werden, ob nach den Verlusten noch etwas offengeblieben ist. Enttäuschungen, offene Fragen oder die Unmöglichkeit, sich zu verabschieden, können den Schmerz und die Trauer deutlich verlängern. Eine gute Möglichkeit, Offenes noch auszudrücken, ist es, einen Brief zu schreiben. Dieser Brief kann helfen, Fragen zu stellen, Schmerz, Wut, Ärger, aber auch Dankbarkeit und Liebe auszudrücken, um mit der verlorenen Person ins Reine zu kommen, soweit möglich. Dieser Brief wird nicht abgeschickt, auch wenn der Angeschriebene noch lebt. Entweder man kann den Brief aufheben und immer mal wieder lesen oder diesen in einem kleinen Ritual verbrennen.
Bei all dem tut es auch gut, sich immer wieder der Liebe zuzuwenden, zu den Freunden, der Familie, den Wundern der Natur. Es ist die Abwesenheit von Liebe, die Schmerzen verursacht, nicht die Liebe selbst. Und nicht aufhören, darauf zu vertrauen, dass wieder andere Zeiten kommen werden. Das Leben steht nie still und wird schon dafür sorgen. Meine Klientin hat übrigens nach ungefähr zehn Monaten an der Tankstelle einen ganz reizenden Mann kennengelernt, mit dem sie sich schon ein paar Mal getroffen hat. Schauen wir mal, was noch so passiert. In diesem Sinne.