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Konzertkritik: Der Pianist David Khrikuli begeisterte bei Macia Batle

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Wohl kaum jemand verließ die gestrige Matinee in der Bodega Macia Batle, zu der die Veranstalter den 23-jährigen georgischen Pianisten David Khrikuli eingeladen hatten, ohne den Vorsatz, sich diesen Namen zu merken. Wer Khrikuli im letzten Jahr beim Sinfonischen Sommer auf Schloss Bellver erleben durfte, hatte ihn allerdings längst abgespeichert. Damals spielte er das zweite Klavierkonzert von Brahms zusammen mit den Sinfonikern unter Pablo Mielgo. (Ich habe darüber berichtet. Meine Kritik können Sie hier nachlesen.) In einem Interview mit Martin Breuninger hatte er gesagt, er sei von Brahms „derzeit geradezu besessen«. Die meisten Musiker antworten auf die Frage nach ihrem Lieblingskomponisten, dass es immer der sei, an dem sie gerade arbeiten. Dem sind sie dann regelrecht verfallen und dringen obsessiv in seine Musik ein. Um diese Besessenheit im Konzert dem Publikum vermitteln zu können, müssen sie natürlich über eine makellose Technik verfügen.

Khrikuli hatte das Glück, bei der legendären Klavierpädagogin Galina Eguizarova zu lernen, aus deren Betreuung Pianisten vom Schlage eines Radu Lupu und Arcadi Volodos hervorgegangen sind. Mit dem Rüstzeug, das sie ihm vermittelt hatte, erspielte er sich jüngst den ersten Preis bei der International Piano Competition „City of Vigo«, in deren Jury die Grande Dame des Klavierspiels Martha Argerich höchstpersönlich saß. So ein Preis ist neben der großen Ehre auch mit einer gewaltigen Verantwortung verbunden: heißt es doch fortan, den Anspruch darauf in jedem Konzert erneut unter Beweis zu stellen. Dies gelang Khrikuli gestern aufs Glücklichste.

Seine obsessive Begeisterung gilt derzeit Ravel und Chopin. Letzterem war der erste Teil des Konzerts gewidmet. Nach der Polonaise op.44 spielte er die letzten acht Préludes aus op.28. Dieser Zyklus ist formal an die 24 Präludien aus Bachs „Wohltemperiertem Klavier« angelehnt. Sie sind ein Kaleidoskop wechselnder menschlicher Emotionen. Wut, euphorisches Glück, Resignation, apollinische Gelassenheit, Liebe, Einsamkeit - für den sekundenschnellen Wechsel (manche dieser Miniaturen dauern gerade mal eine halbe Minute) muss der Pianist die Anpassungsfähigkeit eines Chamäleons entwickeln. Dass Khrikuli diese Fähigkeit in hohem Maße besitzt, zeigte sich bereits beim Wechsel von der überirdischen Seligkeit der Nummer 17 zur aufwühlenden Dramatik des 18. Préludes und bei allen weiteren Stimmungswechseln, die es zu meistern galt. – Das sich anschließende Nocturne op. 37/2 verkörpert die lyrische Seite Chopins. Khrikuli spielte es geschmeidig und mit der gebotenen delikaten Leichtigkeit. Im Kontrast dazu steht das Scherzo Nr.2 in b-moll, op.31. Hier stellte der Pianist – mit erstaunlich wenig Pedal – das Kolossale in den Mittelpunkt seiner Interpretation.

Der zweite Teil des Konzerts entführte das Publikum mit den „Valses nobles et sentimentales« und dem „Gaspard de la nuit« von Maurice Ravel in die Klangwelt des Impressionismus. Die „Valses« bestehen aus einer Sammlung von acht Walzern, von denen jeder seine eigene einzigartige Charakteristik hat, die von nobler Eleganz bis zu sentimentaler Leidenschaft reicht. Khrikuli rückte ihre raffinierte Harmonik, die subtilen Klangfarben und die virtuose pianistische Ausführung in den Vordergrund und blieb Ravels Meisterschaft im Umgang mit Form und Struktur nichts schuldig, während er gleichzeitig eine poetische und emotionale Tiefe vermittelte. - Jedes Stück des Zyklus „Gaspard de la nuit« ist inspiriert von Gedichten des französischen Dichters Aloysius Bertrand. Khrikuli vermittelte das Atmosphärische des ersten Stückes "Ondine" (es handelt von einer mythologischen Wassernymphe). Das zweite Stück, "Le gibet" (Der Galgen), beschreibt die düstere Atmosphäre eines Verlieses, in dem ein Galgen steht. Die Musik evoziert eine bedrückende und beunruhigende Stimmung, die die trostlose Szenerie des Galgens widerspiegelt. Das dritte Stück, "Scarbo", ist eine tonmalerische Darstellung eines dämonischen Zwergs aus der französischen Folklore. Die Musik ist virtuos und technisch anspruchsvoll. In Khrikulis Interpretation wurde es zum finalen Höhepunkt des Konzerts, der den begeisterten Applaus zwingend suggerierte.

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