Saufen gehört zum Urlaub auf Mallorca wie Sonne, Strand und Meer. Der junge Dortmunder, der diese Meinung vertritt, sitzt an diesem Dienstagnachmittag auf einem Mäuerchen am Ballermann 6 und saugt an einem meterlangen Strohhalm, dessen Ende in einem mit einem Wodka-Limo-Gemisch gefüllten Plastikeimer steckt.
Keine zehn Meter entfernt hängt an einem Laternenmast unübersehbar ein Plakat, auf dem ein offenbar mit Alkohol gefüllter Eimer abgebildet ist. Darunter steht: „No en la playa" – „Nicht am Strand".
In der rechten oberen Ecke heißt es noch: „Geldstrafe 1803 Euro". Keine 50 Meter weiter parkt ein Polizeiauto. Die beiden Beamten haben offensichtlich Langeweile.
Von der groß angekündigten Offensive zur Bekämpfung von Saufgelagen an der Playa de Palma ist in diesen Tagen nichts zu spüren. Nur die Plakate, die alle paar Meter an den Masten befestigt sind, weisen darauf hin.
Abgesehen davon herrscht an der Touristenmeile das übliche Treiben. Dutzende Läden bieten Alkohol zu Schnäppchenpreisen: ein Liter Wodka, zwei Liter Limo, Eiswürfel, Zitronenscheibchen, Strohhalme samt Eimer für weniger als zehn Euro.
Bis an den Strand sind es nur ein paar Schritte. Ein offenbar schwer betrunkener Jugendlicher liegt schlafend im Sand, während seine Kumpel Scherze mit ihm treiben. Es riecht nach Erbrochenem.
Jemand hat eine Musikanlage mitgebracht. Der Text des Liedes, das aus den Boxen schallt, beschwört in unmissverständlichen Worten die Vorteile des Vollrauschs: „Schalalaaaa – besoffen", lautet der Refrain.
Die Sorge um das Image Mallorcas angesichts solcher Zustände ist nicht neu. Mateo Isern ist nicht der erste Bürgermeister, der die Saufgelage eindämmen will. Gelungen ist ihm das bisher aber auch nicht. Dabei gäbe es durchaus eine Handhabe: Seit März 2011 ist eine städtische Verordnung in Kraft, die Besäufnisse in der Öffentlichkeit verbietet.
Zwar richtet sie sich in erster Linie gegen die unter spanischen Jugendlichen beliebten „Botellones" (bei denen sich Gruppen in Parks, Industriegebieten oder sonstwo zum gemeinsamen Besäufnis treffen).
Sie sei allerdings auch an der Playa de Palma anwendbar, sagt der zuständige Dezernent der Stadt, Guillermo Navarro, auf Anfrage. Untersagt sind der Verordnung zufolge, „Versammlungen, die das Ziel haben, den ,Botellón’ zu praktizieren".
Dieser wiederum wird in der Verordnung definiert als „Konsum alkoholischer Getränke durch eine Gruppe von Personen an einem öffentlichen Platz, wenn dies andere Personen stört". Bei Zuwiderhandlung drohen Geldstrafen von bis zu 3000 Euro.
„Wenn niemand belästigt wird, gibt es kein Problem", sagt Navarro. „Gewisse Grenzen des Anstands müssen aber gewahrt bleiben." Zu dem Zweck kommen ab sofort zwei Polizeistreifen an der Playa de Palma zum Einsatz, die von einem Dolmetscher begleitet werden.
Ihre Aufgabe laut Navarro: Touristen, die über die Stränge schlagen, zur Ordnung rufen. „Normalerweise reagieren die deutschen Urlauber verständnisvoll", sagt er.
Die Gruppe junger Männer aus Köln, die gerade damit zugange ist, in einem Eimer ein Gemisch aus Kokosrum und Ananassaft zuzubereiten, hat die Verbotsplakate zur Kenntnis genommen. „Aber da hält sich doch keiner dran", sagt einer von ihnen. „Da vorne steht doch die Polizei und tut nichts", sagt ein anderer.
Tatsächlich führt das extra für diese Sommersaison angefertigte Plakat in die Irre. Denn es gibt auf Mallorca kein Verbot, Alkohol aus Plastikeimern zu trinken. „Der Eimer ist einfach nur ein Symbol", sagt Navarro. Das Eimersaufen werde nun einmal häufig von Exzessen begleitet. „Aus welchem Behälter jemand trinkt, spielt keine Rolle."