Sie waren es gewohnt, Beschlüsse zu fassen, Entscheidungen zu treffen und Anweisungen zu geben. In den kommenden Monaten werden sie zu Befehlsempfängern degradiert. Mehrere prominente Ex-Politiker auf Mallorca haben sich in den vergangenen Tagen am Gefängnis von Palma quasi die Klinke in die Hand gegeben, um ihre jeweiligen Haftstrafen anzutreten.
Als bislang letzte Politikerin hat am Montag, 6. August, Antònia Ordinas ihre Haftstrafe angetreten. Die ehemalige Vorsitzende des Konsortiums zur Wirtschaftsförderung der Balearen, CDEIB, wurde wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder zu drei Jahren und acht Monaten verurteilt. Bei einer Razzia hatte man im Garten ihres Haus eine Kakaodose mit 250.000 Euro gefunden. Sie wurde zu einem Symbol der Korruption auf den Balearen. Weitere Ex-Politiker werden noch folgen.
Ordinas befindet sich in illustrer Gesellschaft. Die ehemalige Inselratspräsidentin Maria Antònia Munar hatte ihre Strafe bereits am 25. Juli angetreten. Ihre erste Nacht verbrachte sie auf der Krankenstation, erhielt tags darauf Besuch von ihrem Ehemann und dem Anwalt.
Zeitgleich mit Munar kam der ehemalige balearische Tourismusminsiter Francesc Buils in Haft, der eine Strafe von drei Jahren absitzen muss. Ihm wird noch Antoni Rebassa folgen, ehemaliger Bereichsleiter vom mittlerweile aufgelösten balearischen Tourismusamt Inestur.
Munars ehemaliger Parteikollege, Ex-Tourismusminister Miquel Nadal, erschien unter großem Medienrummel am vergangenen Wochenende vor dem Gefängnis, um seine Strafe von vier Jahren anzutreten. Eine Viertelstunde danach kam Kurt Viaene, ehemaliger Generaldirektor für Wirtschaftsförderung unter Ex-Ministerpräsident Jaume Matas. Er ist zu fünf Jahren Haft verurteilt worden.
Im "Centro Penitenciario" müssen sich die ehemaligen Spitzenpolitiker an einen strikten Ablaufplan halten. Die MM-Schwesterzeitung "Ultima Hora" hat einige Regeln aufgelistet. Der Tag beginnt mit dem Weckruf und dem morgendlichen Durchzählen um 7.30 Uhr. Diese Prozedur wiederholt sich am Abend noch einmal unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen.
Um 8 Uhr wird im Essenssaal das Frühstück eingenommen. Anderthalb Stunden später beginnt die Arbeit in den Werkstätten. Es gibt im Gefängnis unter anderem eine Tischlerei, eine Klempnerei, eine Elektrowerkstatt und eine Bäckerei. Pünktlichkeit ist absolute Pflicht, wer zu spät kommt, wird mit Sanktionen bestraft.
Nach der Arbeit gibt es etwas Zeit zum Ausruhen. Um 13.30 Uhr wird gegessen, anschließend gibt es Kaffee. Um 14 Uhr müssen alle wieder auf ihre Zellen zurückkehren.
Am Nachmittag geht es weiter in den Werkstätten, die Inhaftierten können auch Fremdsprachenkurse belegen oder an einer Fern-uni studieren. Um 19.15 Uhr wird zum Abendessen gerufen, um 19.30 wird gegessen. Danach müssen alle Häftlinge auf ihre Zellen. Um 20.45 Uhr läuft der zweite Zählappell.
Nach außen kommunizieren dürfen die Inhaftierten mittels einer Telefonkarte, die sie von ihrem Geld kaufen müssen. Maximal sind zehn Anrufe pro Woche erlaubt, keiner darf länger als fünf Minuten dauern. Die Inhaftieren müssen eine Liste mit zehn Personen anlegen, die sie anrufen dürfen. Anrufe von außen sind nur in Ausnahmefällen genehmigt.
Besuche dürfen Munar und Co. nur am Wochenende erhalten, möglich sind dann maximal zwei Besuchseinheiten von 20 Minuten oder eine von 40 Minuten. Einmal im Monat dürfen Häftlinge auf Wunsch mit einem Partner intim sein. Diese Besuche können zwischen einer und drei Stunden dauern.
Für die Freizeitgestaltung gibt es einen Fußballplatz, Squash-Plätze, einen Kraftraum, eine Bibliothek sowie ein Theater. Das Schwimmbad ist derzeit aus Kostengründen geschlossen. Auf ein erfrischendes Bad müssen die Politiker zurzeit also verzichten.