Man redet (mal) wieder über Sex. Nach dem Riesenerfolg des millionenfach verkauften Sadomaso-Bestsellers "Fifty Shades of Grey" hat jetzt der dänische Regisseur Lars von Trier mit "Nymphomaniac" einen Spielfilm mit expliziten Sexszenen nachgelegt, dessen Trailer auf Youtube bereits zensiert wurde.
Weitgehend skandalfrei, aber in Deutschland viel beachtet, wurde dagegen die Dokuserie "Make Love" von MDR und SDR aufgenommen. Auch darin werden Genitalien und kopulierende Paare gezeigt, allerdings professionell-sachlich von der Paartherapeutin Ann-Marlene Henning betreut, die ein gleichnamiges Buch dazu geschrieben hat. Es geht darin um die Frage, was eigentlich guter Sex ist und was Paare unternehmen können, um ihr Liebesleben wieder in Schwung zu bringen. Ergebnis: Meistens ist es die fehlende Kommunikation und fehlende Kenntnis über die spezifischen Besonderheiten der Sexualität bei Mann und Frau.
In Palma hat eine Vortragsreihe über die weibliche Sexualität im Caixa Forum kürzlich für ein volles Haus gesorgt. Eine der Dozentinnen, die Mallorquinerin Susana Cañellas Engel, sprach mit MM über die Erfahrungen aus ihrer Praxis, der verstorbene mallorquinische Essayist Josep Moll Marquès hat das Thema Mallorca und Sexualität hintergründig-humoristisch aufgearbeitet.
Ihre eigenen Erfahrungen hat die Dänin Sabina Elvstam-Johns auf Mallorca gesammelt. Vor vier Jahren eröffnete sie ihr Erotik-Geschäft "Lust" in Palmas Altstadt, anfangs kritisch beäugt von den einheimischen Nachbarn. Vieles hat sich seitdem normalisiert, vieles ist noch ausbaufähig. "Die Mallorquiner brauchen ein bisschen Nachhilfe", glaubt sie.
Für Elvstam spielt die Religion auf der Insel immer noch eine große Rolle. Deutsche seien da mittlerweile lockerer. Kürzlich sei ein Vater mit seinem etwa zehnjährigen Sohn ins Geschäft gekommen, um einen Vibrator für die Mama zu kaufen. Einheimische hingegen würden ihre Kinder, die in der bunten Auslage nach Süßigkeiten suchen, schnell wegziehen. Generell stellt Elvstam bei den Mallorquinern mehr Unbedarftheit fest, Deutsche kämen wesentlich besser informiert in ihr Geschäft, kennen beispielsweise auch die Marken hochwertiger Vibratorenhersteller.
Claudia Marcos leitet ebenfalls seit vier Jahren das Erotikartikel-Geschäft "La Maleta Roja" (Der rote Koffer) in Palma. Engländer und Deutsche sind auch bei ihr die besser informierte Kundschaft. "Die Mallorquiner haben immer noch Hemmungen, unser Geschäft zu betreten", sagt Marcos, die auch Kurse gibt mit verheißungsvollen Titeln wie "Workshop der Verführung" oder "Sinnes-Unterricht".
Viele Paare, die zu ihr kommen, klagen über fehlende sexuelle Lust. Bei den Männern herrscht vor allem Angst vor Erektionsstörungen. Was Marcos stets empfiehlt: Kommunikation. Ansonsten hat sie noch einiges im Angebot, was hilft, die sexuelle Lust zu steigern: Kosmetik, Öle und Gleitmittel. "Am meisten verkaufen wir Vaginalkugeln", sagt sie. Diese steigerten die sexuelle Empfindsamkeit bei den Frauen und helfen gegen Inkontinenz.
Seit fünf Jahren betreibt Roberto Mateo den Swinger-Klub "Le Swing Mallorca". Er selbst stammt von den Kanarischen Inseln, lebt aber seit 25 Jahren auf Mallorca. "Die Leute sind hier ziemlich verschlossen. Das hängt auch damit zusammen, dass die Gesellschaft recht klein ist, man will nicht gesehen werden." Die Mallorquiner kämen vor allem im Winter, im Sommer habe er vor allem Deutsche und Skandinavier als Kunden.
Über fehlendes Interesse kann sich Mateo nicht beklagen. Gerade ist er mit "Le Swing Mallorca" von Palmas Zentrum nach San Agustin umgezogen. "Unser alter Klub ist einfach zu klein geworden, jetzt haben wir 1000 Quadratmeter." Sex ist auch auf der Insel ein Thema - und sie holt auf.