Es war ein Brief mit drei Fotos, der die MM-Redaktion erreichte, aus Essen, samt einem kurzen Anschreiben. Gaby H. erzählte darin die Geschichte ihrer Mallorca-Urlaube vor knapp 30 Jahren, als ihr Mann noch lebte, und das Paar die Sommer in Santa Ponça verbrachte. "Mein Mann war Hobbytaucher und suchte in der Bucht einen kleinen Kraken auf, der unter Wasser an den Felsen in einer Höhle lebte." Das Tier gewöhnte sich an den ungewöhnlichen Besucher und ließ mit sich spielen. Dabei entdeckte der Mann in der Höhle einen glänzenden Gegenstand und nahm ihn mit an Land.
Dort stellte sich heraus, dass es sich um einen Ring handelte. Der Mann reinigte das Metallstück von den Meeresablagerungen, zum Vorschein kamen die beiden Buchstaben "J" und "A". Ein Juwelier in Deutschland bestätigte, dass das Schmuckstück tatsächlich reichlich Gold enthielt.
Konnte das der Ring des Königs Jaume von Aragón gewesen sein, fragte sich Gaby H. Immerhin: Der Monarch war im Jahre 1229 aufgebrochen, Mallorca zu erobern. Zu diesem Zwecke landete er mit seiner Flotte in der Bucht von Santa Ponça. Unweit des dortigen Yachtclubs erinnert noch heute ein riesiges Steinkreuz an die Stelle, an der der König an Land gegangen sein soll. War ihm dabei sein Ring ins Wasser gefallen?
Unwahrscheinlich. Die Chroniken, die sonst nahezu jeden Handgriff des Erobererkönigs in Wort und Schrift festgehalten haben, schweigen sich über einen solchen Verlust aus. Und hätte Jaume I. tatsächlich einen Goldring verloren, hätten sich längst Legenden um den "Schatz" im Meer gebildet, ähnlich wie einst bei den Nibelungen.
MM zeigte die Aufnahmen Juwelieren in Palma und stieß in der Joyería Alfredo auf einen Fachmann. Dieser erkannte die Prägestempel in dem Schmuckstück, wie sie typisch waren für spanische Ringe der 1960er Jahre. Der Stempel belege, der Ring weise ein Goldgewicht von 18 Karat auf.
Also, auch wenn der Ring nicht vom König selbst stammen kann; dennoch nicht schlecht, was der Pulpo da in seiner Höhle aufbewahrt hatte ...
(aus MM 15/2015)