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Happy Birthday, Bikini!

Er ist sexy, fördert das (fast) Ganzkörperbräunen und macht nicht nur bei schlanken Frauen eine gute Figur: der Bikini.

| Ses Covetes, Mallorca |

"Oft sind die Frauen am schönsten, die am meisten an sich selbst herummeckern", sagt Maria Sickmüller. "Das ist ein interessantes Phänomen, aber ich bin noch nicht dahinter gekommen, was Ursache und was Wirkung ist." Die Freiburgerin hat sich auf das Bikini-Business spezialisiert, in Ses Covetes, nahe des Es-Trenc-Strands, verkauft sie die Badekleidung in höchster Qualität. "Alles handgefertigt in einer kleinen Werkstatt mit drei Näherinnen in Brasilien", erklärt Sickmüller nicht ohne Stolz. Der Kontakt zu den Kundinnen ist hautnah.

Seit 1997 lebt Sickmüller auf Mallorca, hatte lange Jahre eine Praxis für Homöopathie und Psychotherapie in Santanyí. Sie ist 46 Jahre alt, doch ihr Körper gleicht dem eines 20-jährigen Models. Vielleicht wurde sie deshalb 2014 von Leo angesprochen, dem uruguayischen Bikiniverkäufer, der mit seinem Rucksack über die Strände Mallorcas zog, und die brasilianischen Edelbikinis der Marke "Fishkiss" verkaufte. "Er fragte mich, ob ich ihn unterstützen will", erzählt Sickmüller. Zunächst lehnte sie ab, überlegte es sich dann aber anders. Im vergangenen Sommer kaufte sie ihm die Rechte für den Vertrieb in Europa ab, betreibt nun einen Online-Versand und vor allem einen Freiluft-Stand in Ses Covetes, direkt an der Zufahrtsstraße zum Strand. Wer vom Parkchaos in dem kleinen Küstenort gestresst ist, kann seinen Frust bei guter Beratung und ausgefallenen Designs vergessen.

70 Jahre ist es nun her, dass im Juli 1946 zum ersten Mal ein Zweiteiler mit der Bezeichnung "Bikini" der Öffentlichkeit in der Modehauptstadt Paris präsentiert wurde. Von einer Nackttänzerin - kein herkömmliches Model wollte sich damals in dem knappen Dress präsentieren. So revolutionär der Bikini damals war, so normal ist er heute geworden - und war es vor langer Zeit auch schon einmal. "Im Altertum gab es bereits Wandmalereien, die bikiniähnliche Kleidung zeigen", weiß Sickmüller.

"Der Erfinder des Bikinis, wie wir ihn heute kennen, war ein Deutscher", berichtet Sickmüller. Es war der Freiburger Valentin Lehr, der um 1900 die zweiteilige Bademode kreierte. Gern gesehen war sie nicht, in Deutschland verbot der "Zwickelerlass" in den 30er Jahren die knappe Bekleidung sogar - trotzdem gibt es Fotos von Eva Braun, die sich in dem Zweiteiler sonnt. In Frankreich gestattete die Regierung den Bikini 1949 zwar an der Mittelmeer-, nicht aber an der Atlantikküste.

Den Namen und auch die offiziellen Urheberrechte sicherte sich vor 70 Jahren ein anderer: Der Automechaniker und spätere Modeschöpfer Louis Réard ließ eine Zeichnung des Zweiteilers am 18. Juli 1946 patentieren. Sie basiert auf der Kreation seines französischen Landsmanns Jacques Heim, der seine erste Kollektion "Atom" taufte - "der kleinst Badeanzug der Welt". Réard gab ihm den Namen Bikini, angelehnt an ein Atoll der Marshallinseln, auf der im selben Jahr eine Serie von Kernwaffentests stattfand.

"In den 50er Jahren geriet der Bikini aus der Mode, damals waren Korsagen und Wespentaillen angesagt. Aber Marilyn Monroe und Brigitte Bardot zeigten sich trotzdem in den Zweiteilern", so Sickmüller. Der Boom kam dann in den 60er Jahren - nicht zuletzt, weil Ursula Andress als erstes Bond-Girl im Action-Film 'James Bond jagt Dr. No' im Bikini auftrat - und hält bis heute an. "In Spanien fing es natürlich später an" - unter Franco war es ein Vergehen, Haut zu zeigen.

"Das ist interessant, denn obwohl der Bikini in Spanien erst Ende der 70-er in Mode kam, gehen die Spanierinnen damit heute in der Regel weniger prüde um als die Deutschen", findet Sickmüller. Dabei geht es jedoch nicht mehr um das Ob, sondern das Wie - schließlich bietet die Welt der Bikinis eine gewisse Bandbreite, von wenig Stoff bis noch weniger Stoff. "Oft höre ich von deutschen Kundinnen den Satz: 'Der Bikini ist toll für den Mallorca-Urlaub, aber in Deutschland würde ich mich nicht trauen, ihn zu tragen'."

Auch die Kaufentscheidungen der Frauen seien generell je nach Herkunft unterschiedlich. "Südamerikanerinnen kaufen tendenziell eher eine Nummer zu klein, weil sie gerne Haut zeigen, Deutsche dagegen eher eine Nummer zu groß, um sich vermeintlich mehr zu bedecken. Nur die Spanierinnen kaufen die angemessene Größe", sagt Sickmüller und lacht. In ihren Augen sind Bikinis nicht nur etwas für dünne Frauen. "Das ist Quatsch, gut sitzende Bikinis lassen die Figur sogar schlanker erscheinen als Badeanzüge. Und überhaupt verstehe ich gar nicht, warum die Frauen immer dünn sein wollen, Kurven sind doch was Tolles."

Am Ende kauften die meisten Frauen dann aber doch einen Bikini - frau will ja schließlich rundum braun werden und was eignet sich da besser als wenig Stoff? Kein Stoff, ganz klar. "Ich habe auch erst gedacht, dass ich mit der FKK-Szene am Es-Trenc-Strand keine Kunden gewinne", sagt Sickmüller und schmunzelt. "Aber selbst die kaufen hin und wieder bei mir."

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