Der grüne Wassertümpel im Winkel der Stadtmauer beim Almudaina-Palast ist einer der meistfotografierten Orte der Stadt. An dem beschaulichen Schattenplatz ziehen Schwäne ihre Runden auf dem Wasser. Aber nicht nur Besucher aus aller Welt sehen in der historischen Anlage vorbei. Jüngst jährte sich zum 40. Mal, dass dort fünf Schwäne aus Deutschland eintrafen. Und das kam so:
Im Frühjahr 1976 fütterten jugendliche Rüpel dort ein Schwanenweibchen mit Plastikmüll, an dem es erstickte. Der trauernde Schwanengemahl kreiste fortan alleine auf dem trüben Teich. Das rührte die Herzen. Bis eine MM-Leserin Rat wusste: Das Bezirksamt Berlin-Reinickendorf vermittle in solchen Fällen kostenlos Schwäne aus seinem reichbevölkerten Parkrevier. Das Mallorca Magazin bahnte die Kontakte an und man einigte sich auf die Übergabe zweier Schwanenpaare sowie einer zusätzlichen Schwänin für den Witwer.
Die Gratis-Beförderung des langhalsigen Geflügels per Flugzeug von Berlin nach Palma machte Reiseveranstalter Neckermann möglich. Und um die Zoll- und Veterinärformalitäten kümmerte sich höchstpersönlich Palmas Oberbürgermeister Paulino Buchens.
Am 19. Mai herrschte großer Bahnhof in den Grünanlagen am Borne. Während die Schwäne unter dem Beifall des Publikums ins Wasser gelassen wurden, hielten die Honoratioren völkerverbindende Reden, stimmte ein Kinderchor der Deutschen Schule sowie der spanischen Pfadfinder Heimatlieder an, intonierte Palmas Polizeikapelle die Nationalhymnen beider Staaten.
Der Witwerschwan selbst war nicht dabei. Er war mit seiner neuen Gefährtin auf den Teich der Stadtgärtnerei abgesondert worden, damit die beiden Vögel sich aneinander gewöhnen konnten. Doch offenbar hatten die Verantwortlichen im Biologie-Unterricht gepennt: Niemand beachtete, dass Schwäne streng monogam leben und nach dem Tod des Partners lange Zeit, wenn nicht bis ans Lebensende, in Trauer verharren. Die neue Zwangsehe endete unglücklich. Im November wurde die Zweitfrau im Tümpel der Stadtgärtnerei tot aufgefunden. Hatte etwa der genervte Gemahl sie verletzt? Die Todesursache blieb unklar.
Doch die Schwäne aus Berlin wussten sich bestens zu integrieren. Und im August 1978 bekam eines der Paare von der Spree sogar Nachwuchs. Die drei neuen "hässlichen Entlein" machten den Teich bald zum wahren Schwanensee.
(aus MM 25/2016)