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Ein Mallorquiner in Österreich

Der Mallorquiner Antonio Campos lebt seit sieben Jahren in Salzburg. | P. Czelinski

| Salzburg, Österreich |

Den Wolfgangsee kennt ihr Deutschen doch vom "Weißen Rößl", sagt Antonio Campos Ramírez lachend und lässt den Blick über die Gärten von Schloss Mirabell schweifen. Gerade ist er von einer Tour zurückgekommen, trägt noch seine blaue Gästeführer-Jacke und das Namensschild in den Farben Rot-Weiß-Rot um den Hals. Fuschlsee, Attersee, Mondsee und besagter Wolfgangsee - Antonio liebt die Berglandschaft des Salzkammerguts genauso wie seine Heimatstadt Salzburg, wo der Mallorquiner seit gut sieben Jahren lebt. "Wissen Sie, eigentlich haben Salzburg und Mallorca sehr viel gemeinsam - hier ist man von Bergen umgeben, dort von Meer. Beides ist irgendwie eine Insellage", so der 47-Jährige. "Auch die Mentalität der Menschen ist ähnlich. Sowohl die Salzburger als auch die Mallorquiner sind sehr schwer zu knacken. Wenn man es aber einmal geschafft hat, ihr Freund zu werden, dann kann man darauf bauen, dass die Freundschaft von Dauer ist."

Im Jahr 2009 - gerade hatte die Wirtschaftskrise mit voller Wucht Spanien getroffen - hat Campos Calvià verlassen, den Ort, an dem er aufgewachsen ist, wo bis heute die meisten Mitglieder seiner Familie leben. "Aber meine Entscheidung hatte nichts mit der Krise zu tun", erzählt er. "Ich habe damals als Touristenführer gearbeitet, war bei der Gemeinde Beauftragter für die Belebung der Wintersaison."

Es war die Liebe, die den Mallorquiner in die Alpenrepublik brachte. "Wir sind nicht mehr zusammen, die Liebe zur Mozart-Stadt aber ist geblieben. Was es hier alles für Baudenkmäler auf engstem Raum gibt, unglaublich." Antonios Augen leuchten, wenn er über "sein" Salzburg spricht. Und doch ist die Sehnsucht nach Mallorca nie ganz vergangen. "Vor allem das Essen fehlt mir, das frische Obst, das Gemüse, die Paella. Hier in Österreich bezahlt man Unsummen für ein Kilo Tomaten, die dann am Ende nach nichts schmecken. Auf Mallorca hat einfach alles Geschmack!"

Das Auswandern, das war für Campos wie ein Sprung ins kalte Wasser: "Als ich hierher kam - es war im April 2009 - sprach ich kaum ein Wort Deutsch. Außer meiner damaligen Freundin kannte ich niemanden - drei Wochen nach meiner Ankunft habe ich meine erste Stadtführung gegeben. Ich bin da wie ein Schwamm, in Österreich bin ich Österreicher, in Italien Italiener, in Deutschland Deutscher." Campos möchte immer so leben, essen, trinken, wie die Menschen an dem Ort, an dem er gerade ist.

Es in Österreich wirklich zu schaffen, war und ist ein hartes Stück Arbeit. "Ich arbeite sehr, sehr viel, manchmal gehe ich früh morgens um sieben aus dem Haus und komme erst spät abends wieder. Ich bin als Gästeführer selbstständig und muss zusehen, dass mich Reiseunternehmen oder private Gruppen buchen", erklärt Campos.

Mittlerweile hat er auch wieder eine Liebe gefunden, und was für eine! "Es ist ein Märchen. Wir haben uns 1989 in einer Disco in Peguera kennengelernt, uns dann 20 Jahre aus den Augen verloren. Meine jetzige Frau führte 19 Jahre lang eine unglückliche Ehe in Berlin, bis ihre Kinder sagten: 'Mama, du musst Antonio in Salzburg treffen.' So kam es dann - jetzt sind wir verheiratet."

Die Trauung wurde ganz standesgemäß im Prachtsaal des Schlosses Mirabell vollzogen. "Das ist so ein wunderbarer Raum, es war wirklich alles wie im Märchen, ein wenig wie bei Kaiserin Elisabeth", so Campos lachend.

Die politische Entwicklung rund um die österreichische Präsidentschaftswahl vor einigen Wochen hat Campos mit Sorge beobachtet. "Es ist schon erschreckend. Wenn ich mich hier in diesem Café umschaue, denke ich immer wieder, jeder Zweite hier hat die Rechtspopulisten gewählt. Zum Glück sind wir gerade nochmal an einem Wahlsieg von Norbert Hofer vorbeigeschrammt, aber es macht mir trotzdem ein bisschen Angst."

Irgendwann will Campos seine Zelte in Salzburg wieder abbrechen. "Ich liebe diesen Ort sehr, aber mit Mitte 60 sehe ich mich dann doch eher auf der Terrasse irgendeines kleinen Hauses auf Mallorca. In Calvià leben meine Eltern, meine Geschwister. Für uns Mallorquiner ist es wichtig, unsere Familie in der Nähe zu haben."

(aus MM 25/2016)

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