Eine vermeintliche Leiche in der Mülltonne, ein aufgeregter Facebook-Post einer Nachbarin und der Anruf eines offenbar unbeliebten Gemeinderats bei der falschen Behörde haben in Cala Millor für Aufruhr gesorgt und zutage gefördert, was manchmal unter der frühlingshaft friedlichen Oberfläche mallorquinischer Dörfer schlummert: Rechthaberei, Missgunst, Konkurrenzdenken und Eitelkeit.
Hintergrund: Anfang vergangener Woche entdeckte der Lokalpolitiker Antoni Cánovas, seines Zeichens Gemeinderat in Son Servera, bei Facebook den Beitrag einer Anwohnerin aus Cala Millor, in dem die schockierte Dame beschreibt, zwei Ortspolizisten hätten einen Leichnam in einem Müllcontainer entsorgt - sie habe dies mit ihren eigenen Augen beobachtet. Cánovas, bei den Behörden nach Medienberichten offenbar als Hilfs-Sheriff mit querulatorischen Zügen bekannt - es liegt aber die Vermutung nahe, dass er auch wegen seiner Arbeit in der Opposition im Rathaus auf wenig Gegenliebe stößt - begab sich selbst zum "Tatort" und inspizierte die Tonne. Auch er staunte nicht schlecht, als ihm zwei eine weiße Hose tragende Beine entgegenragten, die ihn schließlich verdutzt den Deckel des Behältnisses zufallen ließen und veranlassten, die Guardia Civil zu verständigen.
Nach kurzem Hin und Her stellte sich heraus: Bei dem "Toten" handelte es sich um eine Modepuppe, die die Beamten in dem Container entsorgten, nachdem ein paar Spaßvögel sie am Straßenrand drapiert hatten. Sowohl Cánovas, der nach eigenen Aussagen einen schweren Schock erlitt, als auch die Anwohnerin zeigten sich erleichtert ob der raschen Aufklärung des Missverständnisses. Doch erledigt ist der Fall damit noch nicht.
Denn in der Gemeinde scheint jetzt jeder sauer auf jeden zu sein. Die Bürgermeisterin auf die Bewohner, die, anstatt die Behörden einzuschalten, lieber vermeintliche Verbrechen in den sozialen Netzwerken melden und die Ortspolizei auf Cánovas, der ihren Mitarbeitern offenbar einen Mord zutraut und deshalb lieber die "konkurrierende" Guardia Civil verständigt. Möglicherweise sollen die Vorgänge jetzt sogar gerichtlich überprüft werden!
Dumm nur, dass der Hauptzeuge leider nicht sprechen kann. Nämlich die als älterer Herr verkleidete und nun lieblos entsorgte Schaufensterpuppe, bei der es sich keineswegs um ein beliebiges Modell handeln soll, sondern vielmehr um eine kleine Berühmtheit. Schon in den 80er-Jahren soll sie in einer von Schweizern frequentierten Bar ausgestellt gewesen sein. Jetzt wird sie ihre Geheimnisse mit ins Grab nehmen, oder in diesem Fall, in die Tonne.
(aus MM 15/2017)