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Vorbild Käßmann: "Gradlinig, konsequent, direkt und offen"

Margot Käßmann gilt als eine der bekanntesten Persönlichkeiten Deutschlands. Die 59-Jährige wurde im vergangenen Jahr auch als Nachfolgerin von Joachim Gauck im Bundespräsidial-amt gehandelt, hatte jedoch kein Interesse an dem Amt. .

| Mallorca |

In diesem Jahr wird in aller Welt das Reformationsjubiläum gefeiert. Vor genau 500 Jahren soll Martin Luther der Überlieferung nach seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg geschlagen haben.

Das Jubiläum begeht man natürlich auch in Palma. Mit einem ganz speziellen Gast. Die evangelische Theologin und Pfarrerin Margot Käßmann wird am Sonntag, 15. Oktober, um 16 Uhr zu einem ökumenischen Festgottesdienst in die Kathedrale von Palma kommen. Käßmann ist sozusagen die Idealbesetzung für die Veranstaltung. Denn seit 2012 agiert sie für den Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), dessen Vorsitzende sie früher war, als "Botschafterin für das Reformationsjubiläum 2017" und spricht auf Events in aller Herren Länder.

Für Heike Stijohann, Pfarrerin der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde auf den Balearen, ist der Besuch etwas Besonderes. Denn Käßmann hat für sie eine gewisse Vorbildfunktion. "Sie ist eine mutige Frau. Sehr gradlinig und konsequent, sehr direkt und offen. Sie hat sich immer eindeutig positioniert. Auch damals, als sie zurückgetreten ist, war das so." Käßmann hatte 2010 durch eine Alkoholfahrt für Schlagzeilen gesorgt und sich ohne lange zu zögern vom Bischofsamt und dem EKD-Ratsvorsitz zurückgezogen.

Für Stijohann ist Käßmann nicht nur wegen ihrer Botschafterfunktion eine Idealbesetzung, sondern auch, weil sie sich mit dem Thema bestens auskennt. Anders als in früheren Jahrhunderten steht das Reformationsjubiläum ganz im Zeichen der Ökumene, was für die evangelische Kirche auf Mallorca von besonderer Bedeutung ist. "Wir haben keine eigene Kirche, sind immer nur zu Gast", so Stijohann.

Wenn sie das Wirken Luthers reflektiert, dann denkt sie vor allem an die Gemeinsamkeiten von evangelischen und katholischen Christen. "Luther wollte ja nicht raus aus der Kirche. Er hat bestimmte Dinge angeprangert, um Reformen zu erreichen. Er strebte an, einen Dialog in Gang zu bringen. Aber seine Kritik hatte eine solche Sprengkraft, dass sich eine Eigendynamik entwickelte."

Für die Pfarrerin sind einige Punkte, die sich aus der Reformation ergeben haben, besonders wichtig. "Das, was wir predigen, sagen und glauben, müssen wir verstehen. Damals wurden Predigten noch auf Latein gehalten. Luther hat dem Volk aufs Maul geschaut. Glaube hat mit Leben zu tun. Wir leben, was wir glauben." Dann sei da der pädagogische Teil: "Ein Ziel von Luther war, das die Menschen Lesen und Schreiben lernen." Zudem sei der Gedanke zur Freiheit sehr wichtig. "Ein Satz sagt sinngemäß, dass ein Christenmensch Herr über alles ist und Knecht gleichzeitig. Man kann alles nachfragen, auch in Frage stellen. Aber es muss dem Leben dienen. Das ist der Spagat zwischen Freiheit und Verantwortung."

Der Gottesdienst mit Margot Käßmann ist nur eine von mehreren Veranstaltungen zum Reformationsjubiläum. Am Dienstag, 3. Oktober, beschäftigen sich die Kinder der deutschsprachigen Schule Eurocampus im Rahmen eines Projekttags mit dem Thema "Luther und sein Werk". Am Montag, 9. Oktober, wird um 19 Uhr im Cineciutat der Film "Luther" mit Joseph Fiennes in der Hauptrolle gezeigt (auf Deutsch mit spanischen Untertiteln, Eintritt fünf Euro). Am Dienstag, 10. Oktober beginnt um 19.30 Uhr ein Konzert mit Lesungen in der Pfarrkirche von Peguera.

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