Mit dem Schulbeginn sind die Auslagen der Zeitungskioske und -läden wieder besonders üppig bestückt. Nein, nicht wegen Schulutensilien oder Unterrichtsbüchern. Jetzt ist für die Verlage wieder die Zeit, Sammelbände aller Art an den Mann, die Frau oder das Kind zu bekommen.
Damit die "Coleccionables" oder "Fascículos" auch auffallen, sind sie in überdimensionale Kartons verpackt und natürlich in Plastik eingeschweißt. Gesammelt wird, normalerweise im Wochenrhythmus, alles Mögliche und Unmögliche: Beatles-Platten, Miniaturen von Feuerwehrhelmen aus aller Welt, die Einzelteile des Motorrads von Valentino Rossi (natürlich im Modell), Manga-Figuren, Sprach- und Häkelkurse oder die Bestandteile eines Plastik-Skeletts.
Dabei gibt es Moden. "In" sind Vintage-Sammlungen wie die besagte Beatles-Kollektion in Vinyl, Computer-Anleitungen und -Programme oder wissenschaftliche Bände, völlig "out" dagegen Enzyklopädien oder Porzellanfiguren, die bis heute so manches Sideboard in spanischen Wohnzimmern zieren.
Das "Fascículo"-Fieber lässt übrigens schnell wieder nach. Wie Kiosk-Betreiber berichten, komplettieren maximal fünf Prozent der Käufer die begonnene Sammlung. Entweder, weil die Lust verloren geht, oder weil sie merken, dass diese Leidenschaft ins Geld geht. Denn die ersten Ausgaben haben meist Lockpreise, die danach schnell ansteigen. Wer in den kommenden Monaten etwa die komplette Ausgabe von National-Geographic-Geschichtsbüchern zusammenbekommt, hat am Ende rund 500 Euro bezahlt. Die Preise der ersten Sammelbände liegen hingegen meist im einstelligen Euro-Bereich. Das erste Teil von Rossis Rennmaschine ist gar für schlappe 50 Cent zu erhalten.
Bleibt die Frage, warum die Sammlungen gerade zum Schulbeginn auf den Markt kommen. Wahrscheinlich ist jetzt, nach dem Laissez-faire des Sommers, die Chance am größten, dass die Sammler den Verlagen bei der Stange bleiben. Und da so manches Angebot mit Bildung zu tun hat, werden viele denken: Ich sollte vielleicht auch aktiv werden. Das Horten von National-Geographic-Büchern ist da immer noch einfacher, als wirklich etwas zu tun. (jog)
(aus MM 38/2017)