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Die Pilzsaison auf Mallorca ist gestartet

Carles Constantino kennt sich mit Mallorcas Pilzen aus wie kaum ein anderer.

| Mallorca |

Dieser Mann hat einen ganz besonderen Blick. Während Carles Constantino durch den Steineichenwald bei Sóller läuft, bückt er sich hier und da und lichtet mit der Hand ein wenig das dichte Laub auf dem Weg: Jedes Mal kommen darunter Pilze zum Vorschein. Jedes Mal. Woher er das wisse? "Ganz einfach", meint Constantino und lacht: "Ich achte auf kleine Erhebungen im Laub." Der pensionierte Arzt studiert seit über 40 Jahren die Welt der Fungi. Er ist Co-Autor der zweibändigen Pilz-Enzyklopädie "Els Bolets de les Balears", dem Referenzwerk für das Thema auf den Balearen.

Von September bis Januar dauert die Pilzsaison auf Mallorca in der Regel. Dieses Jahr sei sie gut gestartet dank der Regenfälle Anfang September. Aber die anschließende Wärme habe die Wälder wieder trocknen lassen. In Kiefernwäldern finde man zurzeit sehr wenig. "Da muss es erst wieder regnen." Mehr Chancen habe man in den Steineichenwäldern im Norden. Heute zumindest füllt sich der Weidenkorb ziemlich schnell. "Schreiben Sie aber nicht, wo wir hier sind." Passionierte Sammler geben ihr Revier nicht preis.

Über 1600 verschiedene Pilzsorten kommen auf den Balearen vor. Fast 150 davon sind essbar, allgemein bekannt aber nur sieben oder acht. Als besonders lecker gilt der Weinrote Kiefern-Reizker "Esclata-sang", botanisch Lactarius sanguifluus, ein Täublingsverwandter. Er hat einen sechs bis 15 Zentimeter breiten orangefarbenen Hut mit dickem Fleisch. Sein weinroter Milchsaft hat ihm seinen hiesigen Namen, auf Deutsch "explodierendes Blut", gegeben. Er wächst unter Kiefern. Weil die Nachfrage das Angebot bei Weitem übersteigt, wird auf den Märkten der Insel auch importierter Esclata-sang verkauft.

Unter Kiefern und Steineichen sprießt der Picornell oder Echte Pfifferling (Cantharellus cibarius var. alborufescens). Vor allem bei Deutschen sei er auch sehr beliebt, aber leider verwechselten sie ihn manchmal mit dem giftigen Ölbaum-Richterling (Omphallotus olearius), der erhebliche Magen-Darm-Störungen verursache, meint Constantino.

"Probieren Sie mal", meint er dann und hält einen Pilz mit grauem, leicht eingedelltem Hut und cremefarbenen Lamellen in die Höhe. "Keine Angst. Das ist ein Blava vera, botanisch Russula grisea, ein Tauben-Täubling. Er gehört auch zu den Lieblingspilzen der Inselbewohner." Mild schmeckt der Blava vera. Er wächst in Steineichenwäldern und zählt zu den ersten Pilzen der Saison. Constantino findet heute eine ganze Menge davon. "Ich gebe Ihnen einige mit. Braten Sie sie einfach in der Pfanne leicht an mit etwas Petersilie. Sehr lecker."

Geschätzt werden auch der schmackhafte Braune Kräuter-Seitling (Pleurotus eryngii), die Schwefelgelbe Koralle (Ramaria flava) und die Krause Lorchel (Helvella crispa). Die meisten Fungi, die Constantino heute im Wald aufstöbert, sind allerdings ungenießbar. "Der Hübsche hier, der ist sehr giftig", sagt er und zeigt auf einen kleinen Pilz mit schmalem Stil und einem Hut voller weißer Punkte. Es ist der Pantherpilz Amanita pantherina. "Leider verliert er mit der Zeit die Pünktchen und man kann ihn leicht mit dem essbaren Grauen Scheidenstreifling Amanita vaginata verwechseln." Wenn er genau wisse, um welche Art es sich handele, schneide er den Pilz ab. Ansonsten nehme er ihn ganz aus dem Boden. Um einen Pilz eindeutig definieren zu können, müsse man ihn im Ganzen sehen. Es sei auf Mallorca noch niemand an einer Pilzvergiftung gestorben, aber Durchfall oder Erbrechen kämen schon vor.

Zum Sammeln sollte man einen Korb nehmen, keine Tüte. Pilze brauchen Luft. Und wenn man ein Exemplar doch nicht wolle, sollte man es im Wald lassen, damit sich die Sporen vervielfältigen könnten. Es gebe viele schädliche Pilze, die Krankheiten verursachten. Aber viele Pilze seien auch sehr nützlich. "Sie halten den Wald sauber, denn mit ihrer Hilfe vermodern die Blätter und Äste auf dem Boden. Sonst könnten wir hier gar nicht entlanglaufen." Er versuche deshalb, beim Sammeln möglichst wenig Laub oder Erde aufzuwirbeln, um das Myzel nicht zu zerstören. Das sei das fadenförmige Geflecht der Zellen des Pilzes. "Was wir Pilze nennen, sind ja nur die sichtbaren Fruchtkörper. Der eigentliche Pilz ist das feine, meist nicht sichtbare Geflecht im Boden."

Damit es eine gute Pilzsaison wird, muss es in den nächsten Wochen noch tüchtig regnen. Seit Jahren will die Balearenregierung das Sammeln reglementieren, aber auch diesen Winter gibt es noch keine Beschränkungen. In einigen ausgewiesenen Schutzgebieten ist das Sammeln verboten. Auf privaten Fincas gehören die Pilze dem Eigentümer und dürfen nur mit dessen Erlaubnis gesammelt werden.

(aus MM 39/2017)

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