Beim öffnen der offiziellen Geocaching-App auf dem Smartphone, poppen mit einem Mal unzählige Piktogramme auf dem Display auf. Die digitale Karte zeigt so viele Symbole von kleinen grünen Kisten an, dass man plötzlich den sprichwörtlichen Wald vor lauter „Caches” nicht mehr sieht. Der Wald ist in diesem Fall der Park Bellver, Palmas grüne Lunge unterhalb des Castells Bellver. Das Wort „Cache” bedeutet übersetzt aus dem Englischen so viel wie Versteck oder auch geheimes Lager. Über 1000 dieser „Geocaches” also dieser kleinen und großen Schätze gilt es auf Mallorca zu finden.
Eckbert Waldleben ist Geocaching-Profi, könnte man wohl sagen, denn er hat weltweit bereits rund 2000 dieser Verstecke gefunden und „gelocked” also auf seinem APP-Profil gespeichert. Da ist es auch nicht verwunderlich, dass er nicht mit Handy, sondern mit Profigerät auf Schatzsuche geht. Er hält seine Hand über das Display seines GPS-Gerätes, damit die Sonne nicht ganz so stark auf der Anzeige spiegelt. „Wir müssen hier lang”, sagt er und zeigt in Richtung der Treppen die vom Schloss Bellver durch den Park hinunter in Richtung El-Terreno-Viertel führen. „Ich habe uns etwas Einfaches herausgesucht. Es ist auch nicht sehr weit.”
Das Geocaching gibt es ungefähr seit dem Jahr 2000. Es entstand, als das amerikanische Militär die künstliche Verschlechterung der Genauigkeit bei GPS-Signalen abschaffte. Die Öffentlichkeit konnte jetzt auf zehn Meter und nicht wie vorher nur auf 100 Meter Genauigkeit mit den GPS-Geräten navigieren. Ein Amerikaner vergrub dann im Mai 2000 in einem Waldstück nahe seines Heimatortes einen Plastikeimer. In dem Eimer hinterlegte er CDs, eine Videokassette, eine Dollarnote, ein Buch, eine Steinschleuder und eine Konservendose mit Bohnen. Anschließend veröffentlichte er die Koordinaten im Internet. Das gilt bis heute als der erste Geocache der Welt und der Rest ist Geschichte.
Seitdem hat sich eine gigantische Geocaching-Szene entwickelt. Vor allem in den besiedelten Gegenden gibt es kaum einen Ort auf der Welt, wo nicht irgendwo ein Schatz versteckt ist. Nach Angaben der Datenbank des inzwischen größten Geocache-Verzeichnisses (www. geocaching.com) gibt es heute weltweit über drei Millionen aktive Geocaches.
„Es macht einen Heidenspaß, die Verstecke zu suchen”, erklärt Waldleben. Einige „Caches” seien dabei wirklich gut oder an echt unzugänglichen Orten versteckt, so dass man da nicht immer einfach hinwandern könne. „Wenn man es genau nimmt, bin ich dadurch zum Canyoning (siehe MM 49) gekommen. Denn, wenn du den Schatz für dein Logbuch willst, dann musst du manchmal auch in eine Schlucht oder eine Höhle klettern.”
Am Fuße der Treppe angekommen bleibt er stehen, blickt auf das GPS-Gerät, orientiert sich kurz und zeigt dann mit dem Finger mitten ins Grüne. „Jetzt müssen wir in diese Richtung. Wir müssen nach kleinen Pfaden Ausschau halten. Es gibt fast immer einen Weg zum Schatz, man muss ihn nur finden.” So variantenreich die Wege zu den Schätzen und deren Verstecke sind, so viele verschiedene Formen von „Caches”, also Schätzen, gibt es auch.
Der traditionelle Cache besteht idealerweise aus einem wasserdichten Behälter. „Die Größe variiert dabei von ‚Nanocaches’, also winzig kleinen Behältern bis hin zu großen Kisten, die vergraben sind.”, erklärt der Leipziger. In der Schatzkiste befänden sich dann je nach Größe ein Logbuch, Tauschgegenstände, Aufkleber, Visitenkarten oder Ähnliches. Es gibt auch sogenannte „Trackables”. „Das sind Gegenstände, die von Schatzsucher zu Schatzsucher und somit von Schatzkiste zu Schatzkiste wandern.” Diese Gegenstände sind durch eine Nummer oder einen Code eindeutig identifizierbar und man muss manchmal eine bestimmte Aufgabe erfüllen. Einmal um Mallorca wandern beispielsweise. Mit Hilfe der Nummer könne die Reise des „Travelbugs” wie man sie auch nennt, dann nachvollzogen werden.
„Es gibt auch sogenannte ,Multi-Caches’, die sich am ehesten mit einer Schnitzeljagd vergleichen lassen. Die führen über mehrere Stationen zum Schatz. Diese Stationen nennt man wiederum ‚Stages’.” Die „Mystery-Caches” sind beispielsweise Schätze, die nur durch das Lösen eines Rätsels gefunden werden können. Das sind nur ein paar der vielen verschiedenen Arten der Schatzsuche beim Geocaching.
Eckbert von Waldleben hebt den Blick vom Display und sagt: „Hier muss es sein. Wir suchen etwas Auffälliges. Eine Wurzel oder einen toten Baum oder einen anderen Hinweis.” Und tatsächlich fällt eine große Wurzel in der Umgebung direkt ins Auge. Der 56-Jährige untersucht sie, greift dann mit der Hand in ein Loch und befördert ein kleines Plastikrohr für Vitamin-Tabletten hervor. „Das ist kein besonders schöner, aber ein typischer Geocaching-Behälter.” Vorsichtig öffnet er das Röhrchen und zieht einen gelben Zettel aus dem Inneren. „Das ist das Logbuch. Hier tragen wir uns ein und das war’s.” Es sei ein ungeschriebenes Gesetz, dass man den Fund immer wieder an seinen Ursprungsort zurücklege und niemals seine Position öffentlich machen dürfe.
Nachdem der Behälter wieder unter seiner Wurzel verschwunden ist, schaut Waldleben auf sein GPS-Gerät, vergrößert den Ausschnitt mit seinen Fingern und sagt: „Oh, der Cache sieht auch spannend aus. Also los geht es. Auf zum nächsten Abenteuer und zum nächsten Schatz.”