Es sind die unschönen und oft unerwarteten Schicksalsschläge, die an den Existenzgrundlagen eines Menschen rütteln. Gleichzeitig sind es genau diese Situationen, die in der Regel die meisten Veränderungen auslösen. Ob zum Positiven oder Negativen liegt nicht zuletzt an der Fähigkeit des Einzelnen, sich an neue Situation anzupassen und das sprichwörtlich Beste daraus zu machen. Die beiden Auswanderer Christian und Alexandra Wennmacher haben genau das geschafft und sind deshalb heute dankbar für die unerwarteten Veränderungen von damals.
Anfang 2020 arbeitet Alexandra Wennmacher in Deutschland selbstständig als Life-Coach für Persönlichkeitsentwicklung mit dem Schwerpunkt Selbstliebe, Tantra und Sexualität. Dabei konzentrierte sie sich schon damals auf Frauen. Ihr Ehemann Christian ist Projektmanager für Software-Lösungen in langjähriger Festanstellung. „Wir hatten gerade geheiratet, und mein Arbeitgeber offenbart mir quasi noch in den Flitterwochen, ich müsse die Firma verlassen.”, erinnert sich der 37-Jährige, und seine 34-jährige Frau ergänzt, „Das war für uns beide der Moment, wo wir dachten: Und jetzt?” Da die Aschaffenburgerin „remote” also von überall aus arbeiten kann und der Remscheider zumindest eine gute Abfindung für seine jahrelange Arbeit im Unternehmen bekommt, entschließt sich das Paar, im Herbst desselben Jahres, einen Monat Auszeit auf Mallorca zu nehmen.
„Wir hatten ein Airbnb in Costix und haben alle paar Wochen unseren Rückflug nach Deutschland nach hinten verschoben.”, erzählt Alexandra Wennmacher. Das Leben im winterlichen Deutschland sei für die Beiden besonders in dieser Zeit nur schwer mit ihrer Vorstellung von einem selbstbestimmten Leben in Einklang zu bringen gewesen. Deshalb überwintern sie kurzerhand auf der Insel. „Ich glaube, es war dann schon Ende März, als wir die Entscheidung getroffen hatten, zurückzufliegen, um unsere Zelte in Deutschland ganz abzubrechen.” Alles, was wenige Wochen später mit nach Mallorca kommt, muss in den Skoda Rapid passen, mit dem sie auf die Insel fahren wollen. Christian Wennmacher hebt den Zeigefinger und erklärt lachend: „Man muss dazu sagen, dass die halbe Rücksitzbank unserem Hund Igor und seinen beiden Säcken Hundefutter gehört hat. Da war nicht mehr viel Stauraum für uns übrig. Wir sind also mit nur sehr wenig ausgewandert.”
Im Augenblick lebt das Paar auf einer Finca bei Pollença. Alexandra Wennmacher schwärmt von ihrem neuen Zuhause. „Wir haben einen gigantischen Blick auf das Tramuntana-Gebirge und eine Fußbodenheizung.”, sie lacht und ergänzt, „Jeder, der hier lebt, weiß, dass eine gute Heizung im Winter auf Mallorca der wahre Luxus ist.” Neben der Sonne und der Schönheit der mallorquinischen Natur seien es vor allem die hier lebenden Menschen, die es dem Ehepaar angetan hätten, erklärt der Ostwestfale. „Wir haben in der kurzen Zeit so viele tolle Leute kennengelernt. Die meisten, die hier leben, haben eine ganz andere Dynamik.” Vielleicht liege das ein wenig an der spanischen Mentalität, die irgendwie auch abfärben würde. „Ich hatte früher fünf bis sechs Meetings am Tag. Ich habe also mein Leben um meinen Terminkalender herum gebaut. Jetzt machen wir es andersherum. Wir bauen die Arbeit um unser Leben.”
Mit ihrem gemeinsamen Geschäftsmodell versuchen die beiden, ihrer Hauptzielgruppe, den Frauen, in die eigene persönliche, aber auch geschäftliche Kraft zu helfen, erklärt die ausgebildete Hypnotherapeutin. „Durch eine Kombination aus Gedankenfokussierung, Hypnose und Coaching können wir wirklich tief in die Ursache für Glaubenssätze, Blockaden, Traumata und Ängste eintauchen, sie auflösen und so Glück, Freude und Leichtigkeit empfangen. Hast du mehr Fülle in dir, dann hast du auch mehr Fülle in deinem Business. Christian übernimmt dabei meistens den geschäftlichen Teil.” Das bedeutet, er nutzte seine langjährige Erfahrung im Projekt-Management, um der Kundin dabei behilflich zu sein, ihr Herzensprojekt zu verwirklichen. Im gleichen Atemzug nimmt sich Alexandra Wennmacher den persönlichen Herausforderungen des Menschen an. „Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele Probleme sich zum Beispiel auf eine unausgelebte Weiblichkeit und Sexualität zurückführen lassen. Daran arbeiten wir und stärken so die Liebesbeziehung zu uns selbst. Das wirkt sich dann auf alle Bereiche unseres Lebens aus.”
Neben dem Einzelcoaching veranstalten die beiden auch immer wieder Events rund um das Thema Sexualität und Selbstliebe. Manchmal gehe es aber auch nur um das Genießen und Zulassen von Nähe. „Wir machen seit Neuestem sogenannte ‚Kuschelpartys’, die sind für alle offen und haben gar nichts mit Sex zu tun. Viele von uns haben in den vergangenen beiden Jahren sehr unter der sozialen Distanzierung gelitten. Mit diesem Event versuchen wir quasi die Speicher für Nähe in den Leuten wieder aufzufüllen.”
Durch die Kurse hier auf Mallorca, einem Kundenstamm aus Deutschland und immer häufiger werdenden Anfragen aus ganz Europa sehen sich die beiden mit ihrem Geschäftsmodell auf Erfolgskurs, allerdings noch lange nicht über den Berg, erklärt Alexandra Wennmacher. „Wir kommen jetzt bei ungefähr null raus, was schon super ist. Wir wissen, dass wir uns die nötige Zeit geben müssen, um auf der Insel und bei den Menschen hier anzukommen.”
Während Christian Wennmacher Mallorca schon früher einmal als Auswanderungsziel im Kopf hatte, ist Alexandra ungebundener. „Mein Herz ist frei weiterzuziehen, aber so lange das Leben lebenswert ist, bleiben wir hier. Mallorca ist schon ein ganz besonderer Flecken Erde.”