Man hatte das Glück, vorab doch noch genügend Eiswürfel für die Kühlbox zu ergattern, deshalb ist ihr Inhalt dementsprechend erfrischend. Die Sonne scheint zur gleichen Zeit auf ein ruhiges Mittelmeer, und so könnte die Stimmung an Bord kaum besser sein. Auf einem 15-PS-Motorboot – das ganz ohne Führerschein und Vorkenntnisse gefahren werden darf – mit Freunden oder der Familie einen Tag auf dem Wasser zu genießen, lässt sich auf Mallorca leicht realisieren.Unvermittelt stört dann aber ein metallisches Quietschen, gefolgt von einem rhythmischen Klackern die gute Laune. Wobei das darauffolgende Schweigen des Antriebs dafür sorgt, dass sich ein beklemmendes Gefühl unter den Seefahrern auf Zeit breitmacht.
Motor kaputt! Und jetzt? „Als oberste Regel für alle Notsituationen auf dem Wasser gilt: Ruhe bewahren”, erklärt Skipper Ralph Berend, der mit fünf Jahren das erste Mal ein Boot gesteuert hat und mittlerweile seit neun Jahren als Segellehrer und Mietskipper auf Mallorca arbeitet. „Panik sorgt nur dafür, dass wir entweder keine oder die falschen Entscheidungen treffen.” Ist die erste Furcht niedergerungen, müsse man versuchen, irgendwie auf sich aufmerksam zu machen. „Mit etwas Glück gibt es eine Signal-Tröte auf dem Boot. Sollte das nicht der Fall sein, könne man sich alternativ mit Gesten bemerkbar machen.” Aus diesem Grund trägt Berend auf See stets Kleidung in Signalfarben. „Meine Badehose ist nicht umsonst neongelb. Im Zweifel ist das eben meine Signalflagge, wenn ich nichts Besseres habe.” Die Aufmerksamkeit anderer Boote zieht man am besten auf sich, in dem beide Arme seitlich vom Körper weg gestreckt werden, um sie dann nach oben und unten zu bewegen. „Das versteht jede andere Crew als einen Hilferuf.”
Natürlich ist es ebenfalls möglich, dass nicht die Schiffstechnik zu einer Notsituation führt, sondern beispielsweise jemand über Bord gegangen ist. „Ein Mann-über-Bord-Manöver ist nicht umsonst ein Ausbildungsinhalt, denn man muss schon wissen, was man da macht.” Grundlegend sei es aber immer ratsam, so schnell wie möglich den Motor in den Leerlauf zu schalten, damit sich die Schraube nicht mehr bewegt und das Boot von der Person wegzudrehen. „Wenn es Rettungsmittel an Bord gibt, dann diese direkt hinterherwerfen.” Den Menschen wieder einzusammeln, ist der schwierigste Teil des Manövers, erklärt der 54-Jährige. „Man muss das Boot gegen den Wind stellen und zusätzlich den Motor im richtigen Moment in den Leerlauf schalten.” Dabei sei es außerdem wichtig, seitlich an die Person im Wasser heranzukommen, um sie nicht zu überfahren.
Als derjenige, der ins Wasser gefallen ist, gilt es wiederum, sich so gut wie möglich bemerkbar zu machen. „Wenn da ein bisschen Wellengang ist und nur der Kopf aus dem Wasser schaut, ist die Person sehr leicht zu übersehen.” Auch hier würde es helfen, sich seiner möglichst auffälligen Badehose oder des Bikini-Oberteils als Signalflagge zu bedienen. „Ich rate zudem jedem, seine Schwimmweste zu tragen, wenn sich das Boot auf dem Wasser bewegt. Auch wenn das vielleicht zu Bräunungsstreifen führt, im Zweifel entscheidet die Weste über Leben und Tod im Wasser.”
Generell sei Ralph Berend kein besonders großer Fan von den Booten, die ganz ohne Schein bewegt werden dürfen. Sie seien statistisch gesehen der Grund für die meisten Unfälle auf dem Wasser. „Ich kann die Leute schon verstehen. Aber sich auf dem Meer bewegen, ist eben nicht ganz ungefährlich, und deshalb muss man wissen, was man tut.” Es sei schon hilfreich, sich von der Charter-Firma eine ordentliche Einweisung geben zu lassen. „Nicht selten bekommst du die Schlüssel, sie zeigen dir, wo der Gashebel ist, und fertig.” Macht der Hamburger mit seinen Segelschülern eine Sicherheitseinweisung, kann diese gute zwei Stunden dauern. „Wir schreiben eine sogenannte Notrolle, das heißt, jeder bekommt seine Aufgabe, die er im Notfall zu erledigen hat.”
Die wohl gefährlichste Situation an Bord eines jeden Bootes sei ein Feuer, erklärt der Skipper. „Ohne Schutzkleidung hast du maximal 30 Sekunden, um die Flammen in den Griff zu bekommen. Danach ist es zu spät.” Bei einem Wassereinbruch gelte es erst mal einen Geschmackstest zu machen. „Ist es Süßwasser, kann auch nur ein Tank leck geschlagen sein. Das ist zwar ärgerlich, aber nicht sonderlich gefährlich.”
Mittlerweile ist es Pflicht auf hoher See, eine Ausbildung am Funkgerät zu haben. Allerdings kann auch der Laie im Zweifel problemlos einen Hilferuf absetzen. „An dem Funkgerät gibt es eine ‚Distress’- Taste. Drückt man die für fünf Sekunden, wird automatisch ein Notsignal an Seefunkstellen, also Boote und Küstenfunkstellen, also die Seenotrettung gesendet.” Um manuell einen Funkspruch abzusetzen, gilt der internationale Notrufkanal 016. Sind Menschen in Gefahr, sendet man dreimal hintereinander das Wort „Mayday”. Geht es um ein technisches Problem, geht das Wort „Pan-Pan” ebenfalls dreimal hintereinander über denselben Kanal. „Im Zweifel versucht man immer so lange wie möglich auf dem Boot zu bleiben, denn in den meisten Fällen ist es hier sicherer als auf dem offenen Wasser.”