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"Ich bleibe Beobachter": Mallorcas "Mister Air Berlin" hat seine Biografie geschrieben

Álvaro Middelmann ist ausgewiesener Airline-Experte. Jetzt hat er seine Memoiren geschrieben. | P. Pellicer

| Palma, Mallorca |

Wer Álvaro Middelmann gegenübersitzt, erlebt nicht nur einen respekteinflößenden Mann von stattlicher Größe, sondern kann guten Gewissens behaupten, sich im selben Raum zu befinden wie ein lebendes Stück Luftfahrtgeschichte der Balearen. 1948 in Madrid geboren, lebt Middelmann („Ich bin Spanier in Deutschland und Deutscher in Spanien”) seit fast 40 Jahren auf Mallorca. Jetzt hat der Sohn eines spanischen Iberia-Managers und einer Hamburgerin seine Memoiren geschrieben, die am Montag in Palma vorgestellt werden (20 Uhr, Fundación Sa Nostra, C/. de la Concepció 12. Eintritt frei). Der Titel: „He sido lo que he querido ser” –”Ich wurde, was ich werden wollte” ...

Die meisten Deutschen auf der Insel kennen den 74-Jährigen als „Statthalter von Air Berlin auf Mallorca”. Fast 20 Jahre lang leitete Middelmann die Geschicke der Airline auf der Insel. Doch seine lange Karriere in der spanischen Luftfahrtindustrie begann schon wesentlich früher. Dass eine Tätigkeit in der Fliegerei häufiges Reisen bedeutet, lernte Middelmann bereits als Kind, als der Vater im Auftrag der noch jungen Iberia von Madrid nach Brüssel versetzt wurde. „Ich sollte in Spanien bleiben und ein Internat in Alcalá de Henares besuchen”, erzählt er. „Auf dem Weg dorthin fragte ich meine Eltern, warum ich nicht mit nach Brüssel kommen kann. Mein Vater sah mich an, stoppte kurz, wendete dann und fuhr zurück in die Stadt. Damit war die Sache mit dem Internat vom Tisch und ich ging mit nach Belgien.” Die Fähigkeit des Vaters, in einem kurzen Augenblick die (oft) richtige Bauchentscheidung zu treffen, übertrug sich auf den Sohn, wie sich im Laufe seines Lebens noch mehrfach herausstellen sollte.

Die nächste Station des Vaters führte die Familie nach Wien – eine Stadt, die Middelmann nachhaltig prägen sollte, was nicht nur an seinem österreichischen Zungenschlag erkennbar ist. „Ich bewunderte den Job meines Vaters. Die Iberia im Ausland mit aufzubauen, das war fast wie ein Botschafterposten.” Nach der Matura war für Middelmann deshalb klar: „So etwas will ich auch machen.” Und so entschied er sich für eine Ausbildung als „Delegado” in der Iberia-Zentrale Madrid. „Ich absolvierte ab 1968 einen Teil meines Trainings in Frankfurt. Zu dieser Zeit wurde Iberia jedoch verstaatlicht und die neue Führung setzte mein Ausbildungsprogramm ab. Da habe ich erst mal blöd geguckt.” Middelmann entschied sich, Iberia zu verlassen und heuerte bei der Firma Paukner an – den Blick auf die Militärparaden der Franco-Diktatur vom Balkon des Büroturms an Madrids Plaza Colón gab’s gratis dazu.

Kerngeschäft von Paukner war die Vertretung deutscher Unternehmen in Spanien. Middelmann kümmerte sich fortan um die deutschen und französischen Charterfirmen, später um das Reisebüro und das Handling auf Teneriffa. „So hatte ich wieder Kontakt zur Fliegerei.” Nach Meinungsverschiedenheiten mit der Unternehmensführung wechselte er nach Wien, arbeitete dort gemeinsam mit einem alten Freund in einem Vertretungsunternehmen für italienisches Autozubehör. „Da bin ich kläglich gescheitert, aber wir haben sehr viel Bridge gespielt”, sagt Middelmann lachend. Und: In Wien lernte er auch seine spätere Frau kennen.

1973, mitten in der Ölkrise – führte Middelmann sein Weg zu Aviaco und der neu gegründeten Airline Transeuropa. „Das war eine tolle Zeit, in der wir auch viel mit dem schillernden Reiseunternehmer Harry Goodman in England zusammengearbeitet haben. Damals sind wir wirklich Tag und Nacht geflogen.” Goodman prägte seinerzeit das Konzept der Airlines of Europe”, aus dem später Unternehmen wie der Nürnberger Flugdienst und die noch heute aktive Air Europa entstanden.

Anschließend ging es für Middelmann zur LTU nach Düsseldorf, deren Spanien-Tochter LTE er als selbstständiger Berater von null auf aufbaute. „Das war wahnsinnig herausfordernd und spannend.” So kam er auch Mitte der Achtziger nach Mallorca – und blieb bis heute. Und: Auf diese Weise wurde auch Air Berlin auf ihn aufmerksam, „ein Kunde”, wie er in seinem Buch schreibt, „der bald meine gesamte Arbeitskraft und Aufmerksamkeit rauben sollte” – und schließlich zu so etwas wie seinem Lebenswerk wurde. Als Mann der ersten Stunde und „Statthalter” der Fluggesellschaft in Palma gründete er die spanische Niederlassung, baute die Airline und ihr Netz mit auf und machte sie zum „Mallorca-Shuttle” der Deutschen, das zum Höhepunkt seines Erfolgs Mitte der Nullerjahre mehr als 200 Flugzeuge hatte.

Middelmann (l.) im Gespräch mit Patrick Czelinski vom Mallorca Magazin.

2012, mit 64 Jahren, zieht sich Middelmann zurück, arbeitet weiter als Berater, unter anderem bei der mallorquinischen Air Europa, deren Ableger Air Europa Express er aufbaut. 2017 schließlich wollte es Middelmann dann mit dem Aufbau der Airline Thomas Cook Balearic noch einmal wissen. Trotz der Insolvenz des Mutterkonzerns im Sommer 2019 flog die Gesellschaft weiter, führte unter anderem Flüge für Condor durch – „dann kam die Pandemie, das war leider das Ende” – mit über 70 dann auch für Middelmanns Karriere, für die er selbst vor allem eines empfindet: Dankbarkeit. „Ich durfte vier Airlines mit aufbauen, das war ein Privileg.” Den kritischen Blick auf die Fliegerei hat Middelmann aber auch als Rentner nicht verloren. „Ich bleibe Beobachter”.

Wie es mit der Luftfahrt in Europa weitergeht? „Die großen Gruppen – Lufthansa, IAG, Air France-KLM – werden immer stärker werden, ähnlich wie in den USA, wo sich der Markt faktisch auf vier Airlines verteilt. Middelmann macht deshalb aus einer gewissen Bewunderung für Ryanair keinen Hehl. „Die durchbrechen das System und sind klar in ihren Entscheidungen.” Ein Satz, der irgendwie auch auf Álvaro Middelmann zutrifft.

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